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Hagel von Kritik

Stromleitungs-Masten auf dem Nufenen im Wallis. Keystone Archive

Die Verordnung zum Elektrizitätsmarkt-Gesetz (EMG) ist in der Vernehmlassung unter starken Beschuss geraten. Befürworter wie Gegner des Gesetzes fordern eine Überarbeitung.

Mit Ausnahme der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), die sich im Grundsatz mit der Verordnung einverstanden erklärt, fordern Parteien und Interessen-Organisationen, die vorgeschlagene Verordnung zum EMG zu überarbeiten.

Knacknuss Versorgungs-Sicherheit

Bei der Verordnung zum EMG, gegen das seinerseits ein Referendum hängig ist, ist vor allem die vorgesehene Regelung zur Versorgungs-Sicherheit umstritten. Während die Sozialdemokraten (SP) strengere Massnahmen verlangen, fordern die Freisinnigen (FDP) und die Schweizerische Volkspartei (SVP), die Regelung ganz aus der Verordnung zu streichen.

Die SP, die im Gegensatz zur FDP und SVP dem EMG kritisch gegenübersteht, argumentiert, die in der Verordnung vorgesehenen Massnahmen seien ungeeignet, Versorgungs-Probleme zu lösen. FDP und SVP glauben, die Massnahmen entsprächen nicht den schweizerischen Verhältnissen.

Die FDP kritisiert die grundsätzliche Stossrichtung der Verordnung: Sie biete zu wenig Spielraum. Die SVP fokussiert ihre Kritik auf die Höhe der Durchleitungs-Gebühren: Die in der Vorlage vorgesehene Berechnungs-Methode der Netzgebühr werde sich gravierend auf die Versorgungs-Sicherheit auswirken.

Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) führt an, dass die vorgesehenen Berechnungs-Methode wesentliche Kostenelemente nicht berücksichtige, so dass Instandhaltung und Ausbau der Stromnetze nicht gewährleistet seien.

Die Grünen sehen die dezentrale Energieversorgung benachteiligt, wodurch die Förderung erneuerbarer Energien neutralisiert werde. In dieselbe Richtung zielt auch die Kritik der Schweizerische Energiestiftung (SES): Die Verordnung diene vor allem den Interessen der grossen Strom-Monopolisten.

Der Dachverband der Schweizer Wirtschaft, economiesuisse, stösst sich in erster Linie an der Bevorzugung erneuerbarer Energien. Laut Florent Roduit, Mitglied der Geschäftsleitung, stellt sich der Verband aus prinzipiellen Gründen gegen die vorgesehenen Regelungen zur Ausbildung und Umschulung.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) bezeichnet die Verordnung als kompliziert und schwer vollziehbar. Das Abrechnungs- und Gebührensystem berge Zündstoff für unzählige Konflikte.

Transparente Deklaration gefordert

Konsumenten-Organisationen fordern gemeinsam mit der Schweizerischen Arbeits-Gemeinschaft für die Berggebiete (SAB) eine transparente Deklaration von Herkunft und Produktion des Stroms.

Die Konferenz der Gebirgskantone lehnt den Entwurf klar ab. Bemängelt wird die zu hohe Regelungsdichte, die keinen Raum für Branchenlösungen zulasse.

Referendum gegen EMG hängig

Gegen das EMG ist ein Referendum hängig. Das Parlament hatte das EMG nach rund eineinhalbjährigem Ringen im Dezember vergangenen Jahres verabschiedet. Der Nationalrat sagte mit 159 gegen 25 Stimmen Ja, der Ständerat mit 36 gegen 2 Stimmen.

Gegen diesen Entscheid ergriffen der Schweizerische Gewerkschaftsbund, die Einzelgewerkschaften SMUV und VPOD, die Grünen sowie vor allem Westschweizer Sektionen der SP das Referendum. Sie reichten im April 66’330 Unterschriften ein.

Abstimmungstermin unklar

Die Vernehmlassung über die Ausführungs-Bestimmungen zum EMG wirft nun neue Fragen zum Abstimmungstermin für das mit dem Referendum bekämpften Gesetz auf. Einzelne Parteien und Interessenverbände drohen ihr ursprüngliches Ja zum EMG zu überdenken, falls die Verordnung nicht nachgebessert wird.

Nach Auskunft von Pascal Previdoli vom Bundesamt für Energie soll die Auswertung der Vernehmlassung-Antworten bis im Januar abgeschlossen sein. Danach werde der Bundesrat entscheiden, ob die Abstimmung wie vorgesehen im Juni stattfinde.

Bislang deute aber nichts darauf hin, dass der Bundesrat vom Fahrplan abweiche und die Abstimmung um ein weiteres Mal verschoben werde. Der Bundesrat hatte beschlossen, erst dann über das EMG abstimmen zu lassen, wenn die Ausführungs-Verordnung bekannt ist.

swissinfo und Agenturen

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