Hans-Peter Portmann: «Die Schweiz braucht in den USA eine diplomatische Offensive»
FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann setzt sich im Parlament auch für die Interessen der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland ein. In unserem Fragebogen "Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus" sagt er, was ihn antreibt.
Hans-Peter Portmann, Jahrgang 1963, ist ein gestandener Aussenpolitiker. Der Zürcher sitzt seit 2014 für die FDP im Nationalrat und in desser Aussenpolitischer Kommission.
Portmann ist auch Teil der EFTA-EU-Delegation, die enge Beziehungen mit dem EU-Parlament pflegt. Der einstige Luftverteidigungs-Oberst der Schweizer Armee ist beruflich im Private Banking tätig und lebt in eingetragener Partnerschaft.
Swissinfo: Wie sehen Sie die Schweiz in der Welt?
Hans-Peter Portmann: Die Schweiz muss sich im Ausland besser erklären. Wir müssen klarmachen, wer wir sind, was wir tun und wohin wir gehören. Denn durch den Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine und den internationalen Wirtschaftshandelskrieg ist die Schweiz unter Druck geraten. Als starke Volkswirtschaft, aber als sehr kleines Land, ist sie ausgesetzt. Alle versuchen, sie dorthin zu treiben, wo es ihnen am meisten nützt.
Unsere Neutralität hat uns in einen Erklärungsnotstand gebracht. Jetzt ist es Aufgabe der Politik, uns neu und glaubwürdig aufzustellen. In unserer Verfassung haben wir zum Beispiel keinen Neutralitätsartikel, der auch nach aussen einige Dinge klären würde.
Auch unser Aussenwirtschaftsgesetz ist sehr veraltet. Es enthält keine Massnahmen, die wir ergreifen könnten, wenn wir wirtschaftlich angegriffen werden.
Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus: Im Gegensatz zu Frankreich oder Italien, die ihren im Ausland lebenden Bürgerinnen und Bürgern Wahlkreise einräumen, haben die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer keine direkte Vertretung unter der Bundeskuppel.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass ihre Interessen nicht berücksichtigt werden. Mehr als 60 Mitglieder von National- und Ständerat (von 246) sind in der parlamentarischen Freundschaftsgruppe «Auslandschweizer» versammelt.
In jeder Sessionswoche lassen wir einen von ihnen in unserem neuen Format «Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus» zu Wort kommen.
Es braucht aber auch eine diplomatische Offensive, gerade in den USA. Ich denke dabei an eine gross angelegte Kampagne mit Inseraten und TV-Spots. Damit könnten wir zeigen, dass die US-Zölle gegen die Schweiz auch einen Angriff auf die Demokratie darstellen.
Was ist ihr Highlight dieser ersten Sessionswoche?
Diese Woche kommt die aussenpolitische Kommission des EU-Parlaments bei uns zu Besuch. Das wird mich zwei Tage beschäftigen. Ich werde mich auch mit Schweizer Botschaftern über die Konflikte im Nahen Osten unterhalten, und im Rat werde vorstössig werden zugunsten der Armeefinanzierung.
Was ist Ihnen in der Herbstsession besonders wichtig?
Mich beschäftigt die Frage, wie wir wieder Waffen liefern können. Das harte Waffenexport-Regime der Schweiz schadet speziell unserer Rüstungsindustrie. Von dieser hängt jedoch unsere Verteidigungsfähigkeit ab.
Gerade sehen wir, dass wir uns bei der Waffenbeschaffung nicht mehr auf andere Länder verlassen können. Wenn wir nicht einmal unseren Munitionsnachschub sicherstellen können, sind wir nicht mehr verfassungskonform verteidigungsfähig.
Wollen Sie also die Beschränkungen für den Export von Kriegsmaterial aufweichen und die Weitergabe von Schweizer Waffen ermöglichen?
Exakt. Man könnte die Weitergabe nach einer gewissen Haltefrist generell erlauben. Wir müssen bei der Verteidigung ja ohnehin enger mit den europäischen Partnerstaaten zusammenarbeiten und die Systeme untereinander abstimmen. Das kratzt überhaupt nicht an der Neutralität. Es geht nicht um ein Bündnis, sondern um Kooperationen.
Warum engagieren sie sich für die Schweizerinnen und Schweizer im Ausland?
Sie haben ein Mitbestimmungsrecht. Darum muss man ihre Anliegen einbeziehen.
Gab es dabei besondere Erfolge oder Niederlagen?
Ich sitze nicht in den Kommissionen, die Gesetze für Auslandschweizer erarbeiten. Deshalb fokussiere ich mich stark auf den Kontakt mit ihnen. Bisher war ich schon in fast 50 Ländern in Schweizer Botschaften, wo ich mit Auslandschweizern in Dialog getreten bin.
Ich muss aber auch sagen: Bei Abstimmungen gibt es immer wieder Themen, die wirklich nur die Bevölkerung in der Schweiz betreffen. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wenn Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer darüber abstimmen, ob das Autobahnnetz ausgebaut werden soll, kann das störend sein.
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Sie benutzen die Strassen nicht und bezahlen weder Strassenverkehrsabgaben noch Steuern. Bei einigen Ansprüchen oder Wünschen sollten sie sich deshalb zurückhalten, gerade wenn sie dafür nicht bezahlen.
Zudem begibt sich, wer auswandert, bei Fragen der Sozialversicherung oft auf einen freien Markt. Wer geht, weiss, was er aufgibt. Ich finde, was eine ausländische Krankenkasse nicht bezahlt, soll auch die Schweiz nicht bezahlen müssen.
Darauf versuche ich bei meinen Treffen mit der Community immer wieder aufmerksam zu machen. Ebenso auf den grossen Wert der konsularischen Dienste.
Wenn sie selbst auswandern müssten, welches Land wäre es?
Fast überall wo ich hinkomme, stelle ich mir diese Frage: Würde ich da hinziehen? Einmal stand Asien im Vordergrund, lange war es Lateinamerika.
Inzwischen könnte ich mir Osteuropa vorstellen, etwa Ungarn, die Tschechei oder auch die baltischen Staaten. Oder gar der arabische Raum, etwa Dubai, Saudi-Arabien oder Katar.
Diese Länder habe ich beim Austausch mit parlamentarischen Gruppen dieser Staaten kennengelernt und sie faszinieren mich immer mehr.
Editiert von Samuel Jaberg
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