UNO – Ja oder Nein?

Zwei Staaten sind nicht Mitglied bei der UNO: Der Vatikan und die Schweiz. Alle 189 anderen Länder machen aktiv in der Weltorganisation mit. Nun fordert eine Initiative den Beitritt der Schweiz.
Der Beobachter-Status
Als Nicht-Mitglied der UNO hat die Schweiz in der Organisation einen Beobachterstatus. In den Hauptorganen hat sie kein Stimmrecht: in der Generalversammlung, dem Wirtschafts- und Sozialrat. Will sie beispielsweise an der Generalversammlung das Wort ergreifen, muss sie erst sicherstellen, dass kein Mitglied der UNO dagegen ist.
Hingegen ist die Schweiz bereits Vollmitglied des Internationalen Gerichtshofes und seit 10 Jahren unterstützt sie autonom die Wirtschafts-Sanktionen, welche die UNO beschliesst. Sie gehört allen Spezial-Organisationen der UNO an und beteiligt sich an Fonds, Programmen und Hilfswerken. Die Schweiz ist seit 1992 auch Mitglied der Bretton Woods Institutionen, der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds.
Insgesamt zahlt die Schweiz jährlich fast eine halbe Milliarde Franken an das UNO-System. Der Beitritt zur UNO als Vollmitglied würde zusätzlich – je nach Wechselkurs – zwischen 50 und 60 Mio. Franken kosten.
Rechte und Pflichten
Ein Beitritt zur Weltorganisation würde Rechte und Pflichten mit sich bringen: Das Recht mitzubestimmen – auf allen Ebenen. Hinzu kommen das aktive und passive Wahlrecht. Zur Pflicht wird die automatische Umsetzung der UNO-Sanktionen. Die Schweiz wäre hingegen nicht verpflichtet, sich an kriegerischen Aktionen zu beteiligen und wäre auch nicht gezwungen, Blauhelme zu stellen.
Der Beitritt der Schweiz zu den Vereinten Nationen gehört zu den Legislaturzielen der Schweizer Regierung. Deshalb empfiehlt der Bundesrat, die Initiative anzunehmen.
Einige der Gründe: Die Ziele der UNO-Charta entsprächen den Zielen der Schweizerischen Aussenpolitik. Die Schweiz könnte künftig das Völkerrecht mitbeeinflussen. Auch könnten die Interessen des internationalen Genf besser vertreten werden. Und: Der UNO-Beitritt verleihe der neutralen Schweiz einen grösseren internationalen Handlungsspielraum.
Nicht im Offside sein
Für den Mitinitianten und SP-Politiker Remo Gysin hingegen ist «die gemeinsame Verantwortung aller Länder für die Welt», zentral. Die Schweiz dürfe sich nicht um diese Verantwortung drücken, sondern solle Einfluss auf Probleme wie Krieg und Hunger nehmen.
Auch Gysin will nicht behaupten die UNO sei perfekt. Aber sie lerne aus ihren Fehlern. Trete die Schweiz nicht der UNO bei, «werden wir immer mehr marginal, werden als Aussenseiter betrachtet und werden nicht mehr wahrgenommen».
Die Neutralität
Apropos neutrale Schweiz: Im Beitrittgesuch an die UNO schreibt der Bundesrat: «Die Schweiz bleibt auch als Mitglied der Organisation der Vereinten Nationen neutral.» Die Neutralität werde durch einen Beitritt zur Weltorganisation nicht gefährdet, stellt die Regierung fest.
Anderer Meinung ist Ueli Maurer, Präsident der Schweizerischen Volkspartei. «Ein UNO-Beitritt gefährdet unsere Neutralität, unsere Unabhängigkeit und damit auch ein Stück unserer Freiheit.»
Zweitens sei die UNO, so der überzeugte UNO-Gegner, undemokratisch, wegen des Veto-Rechts der Grossmächte im Sicherheitsrat. «Drittens ist die UNO zu einer Marionette der Amerikaner geworden.» Die Schweiz solle sich auf ihre Stärken besinnen, die Unabhängigkeit, die Freiheit, als «sozusagen echt neutraler Staat dieser Welt».
Die UNO-Gegner setzen sich vor allem aus Mitgliedern der Schweizerischen Volkspartei und vor allem aus Mitgliedern der AUNS, der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz zusammen.
Ein Rückblick
Heute ist schon fast vergessen, dass die Schweiz 1920 dem Völkerbund, dem Vorläufer der UNO, beitrat.
1986 – 66 Jahre später – lehnte das Schweizer Stimmvolk einen Beitritt zur UNO mit 75% Nein-Stimmen ab.
In der Zwischenzeit hat sich die Welt verändert. Die Berliner Mauer ist gefallen, die Welt hat sich von der bipolaren zu einer globalen Welt verändert. 33 Länder sind seit dem Mauerfall der UNO beigetreten – weltweit alle ausser dem Vatikan und der Schweiz.
Rebecca Vermot

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch