
Geiz, Faulheit, Zorn… Was sind die grössten Sünden der Schweizer:innen?

Hochmut, Habgier, Wollust, Neid, Völlerei, Zorn und Trägheit... Welche der sieben Todsünden sind charakteristisch für die Einwohner:innen der Schweiz? Eine nationale Umfrage liefert Antworten.
Wussten Sie, dass von den zehn Personen, die Ihnen am nächsten stehen, wahrscheinlich drei ein Geheimnis vor Ihnen haben? Das geht zumindest aus einer Analyse der Umfrage «Wie geht’s, Schweiz?» hervor, die seit 2023 jährlich vom Forschungsinstitut GFS Bern im Auftrag der SRG durchgeführt wird.
Wir haben diese Ergebnisse entlang der sieben Todsünden analysiert, als da wären: Hochmut, Habgier, Wollust, Neid, Völlerei, Zorn und Trägheit.
Der Hochmut
Es wird gemunkelt, dass Hochmut die am meisten begangene Sünde unserer Zeit sei, verkörpert durch die permanente Selbstdarstellung in den sozialen Medien. Neigen die Bewohner:innen der Schweiz zu dieser Form der Eitelkeit?
Gute Neuigkeiten: Es scheint, als seien sie davon verschont geblieben. 2023 beantworteten 63,8% der Befragten die Aussage «In den sozialen Medien bin ich sehr offen bezüglich meines Privatlebens» entschieden mit Nein.
Das Ergebnis fällt jedoch je nach Geschlecht unterschiedlich aus: Mehr als jeder zehnte Mann unter 64 Jahren sieht kein Problem darin, sich in den sozialen Medien zu exponieren. Frauen sind dagegen lieber diskreter.
Ein weiterer Hinweis für die geringe Neigung der Schweizer Bevölkerung zu Hochmut: Nur 28% der Befragten geben an, dass sie sich wegen der Meinung anderer über sie Sorgen zu machen.
Die einzige Sünde des Hochmuts liegt vielleicht gerade darin, Schweizer:in zu sein: 77% der Bevölkerung ist der Ansicht, die Schweiz sei das beste Land der Welt, in dem man leben kann.
Die Habgier
Bei der Geldfrage scheint das Land gespalten zu sein. Während fast 70% der Bevölkerung angibt, ihre Handlungen und Entscheidungen nicht auf mehr finanziellen Reichtum auszurichten, halten acht von zehn Personen Geld für wichtig oder sehr wichtig.
Diese Ambivalenz spiegelt sich auch in den Antworten wider, wie die Bevölkerung sich für wohltätige Zwecke engagiert: Die Hälfte der Befragten spendet gerne für einen guten Zweck, die andere Hälfte hält das Portemonnaie lieber geschlossen.
Zudem gibt fast jede zehnte Person in der Schweiz an, aus Geiz oder Vorsicht geheime Ersparnisse zu haben, von denen selbst die Angehörigen nichts wissen. Diese Tendenz zu geheimen Geldreserven ist bei Männern zwischen 16 und 39 Jahren und bei Frauen über 65 Jahren besonders ausgeprägt.
Die Wollust
Schweizer:innen scheinen in Bezug auf körperliche Freuden unterschiedliche Ansichten zu haben. So geben Männer, unabhängig von ihrem Alter, an, dass sie glücklicher wären, wenn sie nur ein besseres Sexleben hätten.
Männer geben auch eher zu, fremdgegangen zu sein. Der Prozentsatz der Untreuen steigt tendenziell mit zunehmendem Alter, aber auch mit dem beruflichen Beschäftigungsgrad, da Vollzeitangestellte häufiger fremdgehen als Teilzeitbeschäftigte.
Eine weitere bemerkenswerte Tatsache: Religionszugehörigkeit schützt nicht vor Untreue, denn der Anteil der Personen, die ihr Fremdgehen gestehen, ist bei Atheist:innen sowie in jeder Religionsgemeinschaft in etwa gleich hoch.
Bereits letztes Jahr zeigte die Umfrage einen weiteren markanten Unterschied bei der Frage der Lust: 42,3% der Männer gaben an, täglich oder mindestens einmal pro Woche Pornofilme zu schauen, gegenüber 3,29% der Frauen.
Der Neid
Sind Schweizer:innen neidisch? Nicht wirklich. Fast drei von zehn Personen sind sogar der Meinung, dass weniger Materialismus zu mehr Glück führen könnte. Für fast 70% der Bevölkerung kann der Besitz von Gütern wie beispielsweise eines schönen Autos zudem nicht mit Reichtum gleichgesetzt werden.
Im Gegenteil, die Antworten betonen den Wunsch, sich einander zuzuwenden, ohne dabei auf den Besitz zu schielen. Dieser Wunsch ist bei Schweizerinnen unter 39 Jahren besonders stark: Mehr als 60% von ihnen würden sich glücklicher schätzen, wenn sie mehr für das Gemeinwohl tun könnten.
Die Lebensqualität in der Schweiz und die Stabilität des Landes tragen zu einer allgemeinen Zufriedenheit bei: Nur 20% der Schweizer Bevölkerung ist mit dem Leben unzufrieden.
Die Völlerei
Die Umfrage «Wie geht’s, Schweiz?» befasste sich zwar nicht besonders mit den Bereichen Gastronomie und Kulinarik, doch ein Ergebnis deutet darauf hin, dass die Schweizer:innen insgesamt eher genügsam sind.
Auf die Aussage: «Ich habe schon versucht, Gewicht zu verlieren, aber ich schaffe es nicht», antworten 64% der Befragten mit Nein.
Ein weiteres Beispiel zeigt die Bereitschaft der Menschen in der Schweiz, ihre Essgewohnheiten in Frage zu stellen, selbst wenn sie auf Dinge verzichten müssen, die sie eigentlich gerne konsumieren: Nur 24% der Bevölkerung geben an, dass sie für den Planeten nicht auf Fleisch verzichten würden.
Wenn die Befragten wenig Neigung zur Völlerei zeigen, so ist dies hauptsächlich aus gesundheitlichen Gründen: Acht von zehn Personen geben sogar an, sich eine gesunde Ernährung leisten zu können.
Der Zorn
So zurückhaltend die Menschen in der Schweiz bei ihrer Ernährung sind, so zurückhaltend sind sie auch bei ihren Emotionen. Nur zwei von zehn Befragten geben an, «immer» oder «oft» wütend zu sein. Bei der Mehrheit ist das sogar nur selten der Fall.
Die Faulheit
Fast 45% der Bevölkerung geben an, dass es ihnen besser ginge, wenn sie weniger arbeiten könnten…
Ist daraus zu schliessen, dass Schweizer Arbeitnehmer:innen faul sind? Das wäre ein voreiliger Schluss, den die Analyse der Umfrage nicht zulässt. Ein Beweis dafür: 65% der Arbeitnehmer:innen lehnen es ab, sich krankschreiben zu lassen, weil sie ihre Kolleg:innen nicht überlasten wollen.
Übertragung aus dem Französischen mit Hilfe von KI: Claire Micallef

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