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Zerstörte Häuser in Blatten am Donnerstag. Der Erdrutsch hat den Fluss Lonza aufgestaut, wodurch ein See entstanden ist.

Die Woche in der Schweiz

Liebe Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer,
 
Wenn nur alles so harmonisch wäre wie das «Friedens-Raclette», das am Sonntag zwischen einem Schweizer und einem französischen Dorf stattfand.

Stattdessen gab es in dieser Woche: Auseinandersetzungen darüber, ob das von einem Erdrutsch heimgesuchte Dorf Blatten wieder aufgebaut werden soll. Heftige Kritik am Schweizer Aussenminister wegen seines Schweigens zu Gaza. Anschuldigungen, dass der Geheimdienst Informationen an Russland weitergegeben hat. Sowie einen Antrag, Bundesräten zu verbieten, dass sie bei internationalen Organisationen Englisch sprechen.

Gute Lektüre!

Zerstörte Häuser in Blatten am Donnerstag. Der Erdrutsch hat den Fluss Lonza aufgestaut, wodurch ein See entstanden ist.
Zerstörte Häuser in Blatten am Donnerstag. Der Erdrutsch hat den Fluss Lonza aufgestaut, wodurch ein See entstanden ist. Keystone / Michael Buholzer

Kaum hatte sich der Schutt über dem am 28. Mai zerstörten Dorf Blatten gelegt, wurden Fragen über die Kosten der Berggemeinden laut. Wie viel soll für den Schutz der Bergregionen ausgegeben werden?

In einem Leitartikel schreibt die NZZ am Sonntag: «Der Felssturz von Blatten zeigt einmal mehr die Verletzlichkeit des Alpenraums. Finanz- und Lastenausgleich für die Bergregionen werden an ihre Grenzen stossen. Die Frage nach der Verhältnismässigkeit der Investitionen lässt sich nicht mehr lange verdrängen

Da die Alpen angesichts des Klimawandels bröckeln, werden Katastrophen wie jene von Blatten, bei der wie durch ein Wunder nur eine Person ums Leben kam, der Schweiz grundlegendere Fragen stellen als die der logistischen Beseitigung von Trümmern.

Wenige Tage vor dem Erdrutsch von Blatten berichtete der Tages-Anzeiger über eine neue Schutzmauer für das Dorf Bondo im Südosten der Schweiz. Bondo war 2017 von einem Erdrutsch betroffen, bei dem acht Menschen starben. Die Zeitung fragte sich, ob die 53 Millionen Franken teure Mauer für ein 200 Einwohner zählendes Dorf gerechtfertigt sei.

Soll Blatten überhaupt wiederaufgebaut werden? Im Tages-Anzeiger hiess es am Mittwoch in einem Kommentar: «Eine Schweiz, die ihre Bergdörfer aufgibt, gibt sich selbst auf.» Ein anderer plädierte dagegen: «Ein strategischer Rückzug aus Hochrisikogebieten ist verantwortungsvoll. Manche Orte müssen wir der Natur zurückgeben. Das ist keine Kapitulation. Es ist ein Akt des Respekts gegenüber Kräften, die wir nicht beherrschen können.» Die Reaktionen der Leser waren wie erwartet gespalten.

Ignazio Cassis sei „völlig verblendet von seinem Dogmatismus“, so Le Temps.
Ignazio Cassis sei „völlig verblendet von seinem Dogmatismus“, so Le Temps. Keystone / Anthony Anex

Aussenminister Ignazio Cassis hat wohl einfachere Wochen hinter sich. Als Reaktion auf die wachsende Kritik am Schweizer Schweigen zum israelisch-palästinensischen Konflikt, räumte Cassis ein, dass Israel seinen Verpflichtungen nicht nachkomme.

In Interviews mit den öffentlich-rechtlichen Sendern RTS und RSI weigerte er sich jedoch, sich der internationalen Kritik an der israelischen Regierung anzuschliessen, und machte die militante palästinensische Gruppe Hamas für die aktuelle Situation mitverantwortlich.

Seine Äusserungen haben seine Kritiker kaum beruhigt. «Ignazio Cassis spricht endlich, und es ist schlimmer als Schweigen», titelte die Zeitung Le Temps. «Seine Worte stehen im Widerspruch zu denen der meisten anderen Aussenminister: keine klare Verurteilung des Vorgehens der israelischen Armee, kein Mitgefühl für die palästinensischen Opfer.» Cassis sei «völlig verblendet von seinem Dogmatismus» und vergesse durch sein Festhalten an seiner eigenen Vision von Neutralität die humanitäre Tradition der Schweiz.

Laut Le Temps liege es nun bei der Regierung und Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter, «die Oberhand zu gewinnen, die Werte der Schweiz zu bekräftigen und das Grauen, das die Menschen in Gaza erleiden, entschieden anzuprangern. Es geht um Menschenleben und um das Ansehen der Schweiz in der Welt», heisst es im Leitartikel.

Hier in Bern ist der Nachrichtendienst des Bundes (NDB).
Hier in Bern ist der Nachrichtendienst des Bundes. Keystone

Nach Recherchen von SRF Investigativ vom Mittwoch haben Mitarbeitende des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) seit Jahren mit russischen Kontakten kooperiert.

Über die russische Cybersecurity-Firma Kaspersky sollen hochsensible Daten in die Hände des russischen Geheimdienstes gelangt sein. Der NDB erklärte gegenüber SRF Investigativ, dass er «geheime Sachverhalte gegenüber Medien nicht kommentiert», aber «bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf Verletzung des Amtsgeheimnisses erstattet» habe.

Wie der SRF am Donnerstag berichtete, hat die unabhängige Aufsichtsbehörde für nachrichtendienstliche Tätigkeiten «vor einigen Monaten» ebenfalls Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft eingereicht. Weder Bundesanwaltschaft noch Aufsichtsbehörde nehmen Stellung.

Laut Berichten befasst sich das Justizministerium nun mit der Strafanzeige und muss entscheiden, ob die Bundesanwaltschaft befugt ist, ein Strafverfahren einzuleiten. Um die Interessen des Landes zu schützen, kann das Justizministerium auch von einer Strafverfolgung absehen.

Dies sei ein Dilemma, so SRF. «Einerseits könnten Ermittlungen gegen den Nachrichtendienst den ohnehin angeschlagenen Ruf des NDB weiter schädigen, insbesondere bei wichtigen ausländischen Partnerdiensten. Andererseits besteht ein grundsätzliches öffentliches Interesse an der Strafverfolgung.»

Karin Keller Sutter.
Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter. Copyright 2025 The Associated Press. All Rights Reserved

Schweizer Bundesratsmitglieder werden dazu verdonnert, bei internationalen Organisationen kein Englisch mehr zu sprechen.

«Absurd», meint die amtierende Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter. Sie soll künftig eine der vier Landessprachen der Schweiz verwenden, wenn sie mit internationalen Organisationen kommuniziert, die eine dieser Sprachen zu ihren offiziellen Arbeitssprachen zählen. Dies sieht eine am Mittwoch vom Nationalrat verabschiedete Motion vor. Der Ständerat hatte den Antrag bereits unterstützt.

Mit einer solchen MotionExterner Link «werde ich nicht mehr das Recht haben, mit führenden Persönlichkeiten anderer Länder und Organisationen auf Englisch zu sprechen», erklärte Finanzministerin Karin Keller-Sutter, die dieses Jahr das Bundespräsidium innehat.

Der Mitte-Nationalrat Nicolò Paganini argumentierte, dass sich die Schweiz «möglicherweise gezwungen sieht, einen Dolmetscher mit an den Tisch zu nehmen, wenn alle anderen Teilnehmer Englisch sprechen».

Das Ergebnis seien unnötige Kosten und ein Angriff auf die oberste Priorität der Schweiz, nämlich ihre Interessen in den Vordergrund zu stellen. Eine Minderheit der Parlamentarier stimmte dem zu.

Frauenstreik
Nächste Woche ist Frauenstreik. Keystone / Christian Merz

Das bringt die kommende Woche.

Im Rahmen seiner Europatournee gibt der australische Musiker Nick Cave am Dienstag und Mittwoch zwei Solokonzerte in Zürich.

Am Freitag ist der Internationale Albinismus-Tag der UNO, der auf die Notwendigkeit hinweist, Hautkrebs bei Menschen mit Albinismus zu verhindern. In der Schweiz leben rund 500 Menschen mit Albinismus.

Am Samstag, dem 14. Juni, finden in mehreren Schweizer Städten Frauenstreiks statt.

Editiert von Samuel Jaberg/ac

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