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Let’s Talk: Neue Köpfe – neues Glück in der Europafrage?

Findet das Schweizer Parlament in der neuen Legislatur den Kompromiss – und eine Lösung mit Europa? Darüber reden wir in "Let’s Talk" mit drei neu gewählten Mitgliedern des Nationalrats.

Bei dieser Ausgabe von “Let’s Talk” sitzen folgende Persönlichkeiten am Tisch: Andrea Zryd von der SP, Katja Riem von der SVP und Reto Nause von der Mitte.

Alle drei  sind neue Mitglieder des Nationalrats, alle kommen sie aus dem Kanton Bern.

Sie sind auch Teil des neu zusammengesetzten Parlaments, das jetzt mit der Arbeit beginnt. Diese Legislatur hält einige alte Brocken bereit: die Gesundheitskosten, die ungelöste Rentensanierung – und allen voran: das Verhältnis zu Europa.

Vieles scheiterte bisher, weil die Politik den guteidgenössischen Kompromiss nicht mehr zustande brachte. Die Frage stellt sich: Kann die Schweiz überhaupt noch Kompromiss?

Wie weiter mit der EU?

Der Bundesrat will aktuell ein Verhandlungsmandat mit der Europäischen Union erarbeiten. Das erfreut die 450’000 Auslandschweizer:innen, die in einem EU-Land leben.

Seit dem einseitigen Abbruch der Verhandlungen um ein Rahmenabkommen im Mai 2021 fürchten sie um die Personenfreizügigkeit und leiden unter dem Ausschluss der Schweiz von Austausch- und Forschungsprogrammen.

SVP-Nationalrätin Katja Riem sagt, die EU-Skepsis ihrer Partei sei ein Engagement für die Selbstständigkeit der Schweiz. “Ich hoffe, dass wir in den nächsten vier Jahren etwas selbstbewusster in diese Verhandlungen reingehen, damit wir unsere Werte besser verteidigen können.”

Katja Riem

Mitte-Nationalrat Reto Nause hingegen sieht eine hohe Dringlichkeit, mit der EU zu neuen Abkommen zu kommen. Er sagt: “Wir haben im Bereich der Forschungszusammenarbeit die guten Kontakte und Abkommen mit der EU verloren. Wir sollten dringendst ein neues Stromabkommen haben.” Der grosse Fehler sei 1991 geschehen, als die Schweiz nicht dem Europäischen Wirtschaftsraum EWR beigetreten sei, sagt Nause.

Reto Nause

Andrea Zryd von der SP wiederum plädiert dafür, dass die Schweiz ihre Beziehung zu Europa stabilisiert und stärkt. Sie verweist auf fehlende Arbeitskräfte etwa in der Pflege und in der Landwirtschaft. Das Forschungsprogramm Horizon sei für die Schweiz ein Muss, ebenso wie das Bildungsprogramm Erasmus. “Es geht nicht ohne, aber wir sind blockiert”, sagt Zryd.

Andrea Zryd

Katja Riem sieht einen Grund für den Fachkräftemangel bei der Zuwanderung infolge der Personenfreizügigkeit mit der EU. Dem widerspricht Reto Nause: Die Zuwanderung sei erfolgt, weil Schweizer Firmen diese Fachkräfte gebraucht hätten. Die SVP vermische die Bereiche Asyl und Personenfreizügigkeit, wenn sie sage, sie wolle die Zuwanderung steuern. “Wenn diese Fachkräfte fehlen, dann schrumpft unsere Wirtschaft”, warnt Nause. Andrea Zryd ergänzt: “Der Markt regelt das, und wir können nicht einfach Rosinen picken.”

Als Ausland-Gäste haben sich diesmal eingebracht: Nicole Prutsch aus Graz in Österreich und Josef Schnyder in Thailand. Während sich Nicole Prutsch von der Schweiz mehr Mut im Umgang mit dem EU-Dossier wünscht, wies Josef Schnyder auf die Krankenkassen-Problematik von Schweizer Ausgewanderten in Thailand hin.

Schnyder rief die Anwesenden der Talk-Runde dazu auf, einer im Parlament aufgegleisten Lösung für diese Community zu folgen. Wir haben hier darüber berichtet.

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