Schweizer Denkmal in Kanada: «Ein Traum ist wahr geworden»
Die Auslandschweizer:innen Ilona Spaar und Johann Roduit haben es geschafft: Die vor dem Abriss bedrohten Chalets der Schweizer Bergführer in den Rocky Mountains wurden aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt. Vor 125 Jahren kamen die "Swiss Guides" nach Kanada, anlässlich des Jubiläums schauen die Retter:innen zurück.
Seite an Seite kämpften Auslandschweizerin Ilona Spaar und Auslandschweizer Johann Roduit um den Erhalt des ehemaligen Zuhauses der Schweizer Bergführer in den Rocky Mountains.
Diese Guides wurden um 1900 von der kanadischen Eisenbahngesellschaft Canadian Pacific Railway angeheuert, um Tourist:innen auf die zahlreichen Berggipfel in den Rocky Mountains zu führen.
Schweizer Bergführer hatten damals weltweit einen ausserordentlich guten Ruf. Sie waren die Experten auf ihrem Gebiet und haben unzählige Erstbesteigungen von 3000-Meter-Gipfel in den Rockies vollbracht.
Sie haben auch wesentlich dazu beigetragen, dass Westkanada heute für seine Bergkultur so bekannt ist. Der nachhaltige Einfluss der Schweizer Bergführer führte dazu, dass zahlreiche Berggipfel nach ihnen benannt wurden.
Vor drei Jahren stand das sogenannte Edelweiss Village, das ehemalige Zuhause der «Swiss Guides», zum Verkauf. «Eine unglaublich einzigartige Gelegenheit, kanadische Geschichte zu besitzen!» So warb der Immobilien-Makler damals in seinem Verkaufsinserat. Für 2,3 Millionen kanadische Dollar (knapp 1,5 Millionen Schweizer Franken) konnten die sechs historischen Schweizer Chalets in den Rocky Mountains erworben werden.
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Schweizer Dorf in den Rocky Mountains zu verkaufen
Was als kanadische Geschichte angepriesen wurde, ist in Tat und Wahrheit auch Teil der Schweizer Geschichte. Der mögliche Verlust dieser Schweizer Spuren berührte viele Menschen in Kanada. Und auch international bewegte das Schicksal der Chalets.
Vor rund einem Jahr wurde ein Käufer für die sechs Holzhäuser gefunden. Nach aufwendigen Sanierungs- und Renovationsarbeiten können Tourist:innen nun seit wenigen Wochen in den Baudenkmälern übernachten.
Die Renovation und damit die Rettung des Dorfes wurde anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Schweizer Bergführer in Kanada gefeiert. SWI swissinfo.ch hat mit den beiden Retter:innen gesprochen.
SWI swissinfo.ch: Vor drei Jahren standen die Chalets der Schweizer Bergführer zum Verkauf. Jetzt sitzen wir hier auf der Terrasse des Hermann-Chalets. Sie haben sogar im Haus von Edward und Walter Feuz geschlafen. Was bedeutet Ihnen dieser Tag?
Ilona Spaar: Ein Traum ist wahr geworden. Vor drei Jahren haben Johann Roduit und ich realisiert, dass wir etwas unternehmen müssen, um die Chalets zu retten.
Es war unsere Vision, dass die Geschichte der Schweizer Bergführer und diese Chalets nicht verloren gehen und auch, dass die Häuser für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Es ist einfach fantastisch und sehr emotional, dass wir das mit unserem Verein geschafft haben.
Johann Roduit: Es ist wirklich erstaunlich, was hier in den letzten drei Jahren passiert ist. Und es ist eine Bestätigung, dass wenige Leute einen Unterschied machen können. Auch wenn es viele Hindernisse gab. Das macht Mut.
Was gefällt Ihnen an den renovierten Chalets am besten?
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JR: Dass all die Chalets überhaupt noch hier stehen und die Geschichte weiterleben kann. Denn der Erhalt von kulturellem Erbe ist in Kanada nicht gleich verankert wie in der Schweiz. Auch der Fakt, dass sie für die Öffentlichkeit zugänglich sind, ist wichtig für uns.
IS: Was in meinen Augen heraussticht ist, dass Spuren der Geschichte erhalten geblieben sind und sie mit zeitgenössischem Design gemischt wurden. Für mich ist das kein Widerspruch.
Was waren die grössten Herausforderungen in den letzten drei Jahren?
JR: Die Finanzierung von kulturellem Erbe mit ökonomischem Interesse und Tourismus zu kombinieren, ist eine grosse Herausforderung. Denn in der Realität ist ein nicht wirtschaftlich rentables Projekt auch kein attraktives Investitionsobjekt.
Und was die grösste Motivation?
IS: Die Geschichte dieser Häuser und wofür sie stehen. Ich habe die Nachkommen der Bergführer kennengelernt als ich mein BuchExterner Link «Swiss Guides» geschrieben habe. Diese direkten Nachkommen sind nicht mehr unter uns und ich fühlte mich verantwortlich dafür, dass dieses Denkmal überlebt.
JR: Ich konnte nicht glauben, dass kulturelles Erbe einfach so verkauft wird und dadurch verschwinden könnte. Mir war wichtig, dass man sich der Bedeutung dieser Schweizer Spuren in Kanada bewusst wird.
Wie sind Sie darauf gekommen, dieses Jubiläum jetzt zu feiern? Haben Sie die Rettung der Chalets zum Anlass genommen, den Event 125 Jahre Schweizer Bergführer zu organisieren?
IS: Wir wollten so oder so etwas organisieren. 125 Jahre sind ein wichtiges Jubiläum. Aber es ist ein glücklicher Umstand, dass wir heute beides feiern können.
Jetzt sind die Chalets gerettet, braucht es den Verein «Swiss Edelweiss Foundation» überhaupt noch?
JR: Das erste Kapitel ist geschrieben. Jetzt wollen wir das nächste Kapitel beginnen. Denn es gibt noch viel zu tun: Etwa das Bewusstsein für den historischen Wert zu schaffen oder die historischen Gegenstände aus den Chalets, die dem Verein geschenkt wurden, zu kuratieren.
IS: Wir werden uns mit den Vereinsmitgliedern zusammensetzen, um die nächste Phase einzuläuten. Wir freuen uns auf die Fortsetzung unserer Arbeit.
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