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Telekom will wieder wachsen – Rettungsanker Datendienste (AF)

BONN (awp international) – Die Telekom will wieder aus eigener Kraft wachsen. Die starke Nachfrage nach mobilem Internet, Breitband und nicht zuletzt IT-Dienstleistungen wie das viel zitierte «Cloud Computing» will sich Telekom-Chef René Obermann zu nutze machen und seine Umsätze in den nächsten Jahren auch wieder organisch steigern. Zuletzt hatte das Unternehmen nur durch Übernahmen wachsen können. Das Geschäftsmodell der Telekom und damit auch der Umsatzmix werden sich grundlegend verändern, kündigte der Telekom-Chef am Mittwoch beim Investorentag des Dax-Konzerns in Bonn an. Die Aktien des Unternehmens verloren gegen den Markttrend zuletzt 0,28 Prozent auf 9,810 Euro.
Die Telekombranche tüftelt seit einiger Zeit, wie sie am Datenboom teilhaben kann. Denn zur reinen «Bitpipe» wollen sich die Konzerne nicht degradieren lassen, für das Geschäft mit Inhalten fehlt ihnen auf der anderen Seite das Know-How. Der Telekom-Chef setzt deshalb auf einen ganzen Strauss von Lösungen, auch Partnerschaften mit Internetdienstleitungen schreibt Obermann gross.
Der Umsatz dieser neuen «Wachstumsfelder» soll sich bis 2015 auf 30 Milliarden Euro fast verdoppeln und irgendwann die Hälfte der Erlöse ausmachen. Vieles davon gehöre bereits zum Geschäft der Telekom, kommentierte Gartner-Analystin Katja Ruud. Dennoch sei es gut zu wissen, wo das Unternehmen hinwolle. Obermann werde sich in Zukunft an den Zielen messen lassen müssen.
TREIBER MOBILES INTERNET
Das grösste Wachstumspotenzial sieht Obermann nach wie vor im mobilen Internet. Aber auch Dienstleistungen rund ums Festnetz wie Internetfernsehen, und Internetangebote wie Musikdownloads und die Suchagenten der Scout-Gruppe sollen zu dem Wachstum beitragen. Weitere Übernahmen in dem Bereich schliesst Obermann nicht aus, zuletzt war über die Übernahme des Internet-Bezahldienstleisters «Click&Buy» spekuliert worden. Doch auch die Grosskundensparte T-Systems soll künftig stärker wachsen als der Markt und 2015 bis zu acht Milliarden Umsatz unter anderem mit Cloud Services einbringen. Zusätzliche Erlöse erhofft sich Obermann mit intelligenten Netzen wie Stromzählern oder der automatischen Übermittlung von Verkehrs- und Krankendaten.
Ganz verabschieden wird sich Obermann vom klassischen Telefongeschäft aber nicht: Auch in Zukunft wird es den Grossteil des Geschäfts ausmachen. Marktanteile will Obermann weiterhin verteidigen: Das Netzgeschäft bleibe ein Milliardenmarkt und bringe nach wie vor «gutes Geld».
PAY-TV UND GLASFASER
In Deutschland legt sich der Telekom-Chef unterdessen mit Kabelnetzbetreibern und Pay-TV-Anbietern an. Mit seinem Internetfernsehen will die Telekom 2012 Marktführer beim PayTV-Geschäft werden. Um den Kabelnetzbetreibern Paroli zu bieten, die mehr und mehr ins Telefongeschäft dringen, setzt Obermann auf Glasfaser bis ins Gebäude. So hofft Obermann den Umsatzschwund in Deutschland – mit einem Anteil von 40 Prozent immer noch der wichtigste Markt für die Telekom – zu stoppen. Vor allem das Festnetzgeschäft steht in Deutschland nach wie vor unter Druck, ursprünglich war es einmal Obermanns Ziel, die Erlöse dort bis 2010 zu stabilisieren.
Auch die Expansion im Ausland sei noch nicht zu Ende, sagte Obermann. «Multimilliarden-Investitionen in Ländern wie Indien sind aber wenig zielführend.» Es gehe eben nicht darum, mehr desselben Geschäfts zu generieren, sondern das Geschäftsmodell zu verändern. Beim Sorgenkind USA hofft der Telekom-Chef mit dem geplanten Netzausbau weiter zu den Wettbewerbern aufzuschliessen. Die Telekom setzt auf dem US-Markt nicht auf den neuen Mobilfunkstandard Long Term Evolution (LTE) sondern rüstet ihre UTMS-Netze mit HPSA+ auf. Bis Ende 2010 wollen die Bonner ausserdem acht Millionen Smartphones in den USA verkaufen, um ihre Datenumsätze anzukurbeln. Die Telekom steht nach wie vor hinter den Platzhirschen AT&T und Verizon zurück. Das erwartete Wachstums bei den Datendiensten werde den Preisverfall auch in den USA letztlich ausgleichen, erwartet Obermann./gr/he

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