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Wird die Rütlifeier doch noch gerettet?

Rechtsextreme sollen am 1. August auf dem Rütli keinesfalls mehr das Sagen haben. Keystone

Die politischen Parteien fordern eine Bundesbeteiligung, um die traditionelle Nationalfeier auf dem Rütli nicht kampflos der rechtsextremen Szene zu überlassen.

Sollte sich der Bund beteiligen, bieten die Zentralschweizer Polizeidirektoren Hand, die Feier mit Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey mit einem Kompromiss zu retten.

Eine Absage der Bundesfeier, nachdem keiner der Anrainerkantone einen Abfahrtsort für die Schiffe nach dem Rütli zur Verfügung gestellt hatte, würde laut dem Urner Sicherheitsdirektor Josef Dittli eine Kapitulation vor den Rechtsextremen darstellen.

Diese hätten dann freien Zugang zur Gründungswiese der Schweiz– was unter allen Umständen zu vermeiden sei.

Und so haben sich die Zentralschweizer Polizeidirektoren an ihrer Sitzung vom Donnerstag doch noch zu einem Kompromiss durchgerungen, der den einzelnen Kantonsregierungen in der kommenden Woche beantragt wird.

Sicherheitsfrage so oder so nicht gelöst

Damit werde der Bedeutung der Rütlifeier Rechnung getragen, und auch der unkontrollierte Aufmarsch von Rechtsextremen werde verhindert. “Wir sind uns im Klaren, dass die Sicherheitsfrage, auch wenn keine Feier stattfindet, nicht gelöst ist”, erklärte Dittli.

Der Kompromiss sieht vor, dass sich Luzern im laufenden Jahr als Abfahrtsort für Schiffe zur Verfügung stellt, wenn sich der Bund beteiligt. Die Rütliwiese am Vierwaldstättersee ist nur per Schiff und etwas umständlicher zu Fuss erreichbar.

In den kommenden Jahren sollen dann die Kantone Uri, Schwyz, Nidwalden und Luzern je einen dezentralen Abfahrtsort zum Rütli garantieren. Auch hier wird aber eine Beteiligung des Bundes vorausgesetzt.

Der Entscheid gleicht demjenigen der Stadt Luzern, der aber vom Kanton Nidwalden vollumfänglich abgelehnt worden war. Der Kompromiss kam zu Stande, weil nicht auf den Standpunkten beharrt wurde. Es habe sich um einen sachlichen Entscheid gehandelt, hiess es. Ob die Regierungen nun folgten, sei noch unklar.

Aufatmen

“Es besteht wieder Hoffnung auf einen Durchbruch”, sagte Martin Hofer, Sprecher der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG). Man habe schon immer an einer solchen freundeidgenössischen Lösung gearbeitet.

Die Rütlikommission der SGG ist mit der Organisation der Bundesfeier auf dem Rütli betraut. 1859 kaufte die SGG die Rütliwiese, bewahrte sie so vor einer Überbauung und schenkte sie 1960 der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Die SGG verwaltet das Rütli bis heute.

Auch Parteien fordern Bundesbeteiligung

Nicht nur in der Innerschweiz sondern auch in Bern sind nun Rufe nach einer Beteiligung des Bundes laut geworden. So mache eine Absage den Weg frei für Rechtsextreme. Die freisinnige Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi bezeichnete eine Absage der Feier in Radioberichten als “Kapitulation”.

Sie sieht auch den Bund, der sich bisher nicht an der Nationalfeier beteiligt, in der Pflicht. “Ich denke, dass das ein nationales Problem ist, und dass sich der Bundesrat nochmals überlegen sollte, wie er damit umgeht und ob er sich allenfalls dann auch beteiligt”, erklärte sie.

Laut Hans-Jürg Fehr, Präsident der Sozialdemokratischen Partei (SP), müsste sich der Bund in erster Linie mit einem Vermittlungsversuch einbringen. Immerhin gehe es um eine Feier mit den beiden höchsten Repräsentantinnen der Schweiz – Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey und Nationalratspräsidentin Egerszegi.

Alliance-F-Präsidentin Rosmarie Zapfl bezeichnete das monatelange Tauziehen um die Durchführung der Feier als “erbärmlich”. Für den Präsidenten der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP), Christophe Darbellay, würde ein Armeeeinsatz die beste Bundesbeteiligung darstellen.

Denkbar ist eine Beteiligung auch für die Schweizerische Volkspartei (SVP). “Der Bund beteiligt sich beispielsweise ja auch am WEF”, sagte SVP-Präsident Ueli Maurer.

Laut Daniele Bersier, Sprecherin des Bundesamtes für Polizei, bestehen zwar keine Hinweise auf konkrete Vorbereitungen. Es werde aber davon ausgegangen, dass die rechtsextreme Szene wegen des Symbolcharakters des Rütli wie in den vergangenen Jahren auch in diesem Jahr präsent sein wolle.

swissinfo und Agenturen

Am 1. August 2007 ist auf dem Rütli eine Frauen- und Familienfeier geplant. Neben Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi soll Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey auftreten.

Die Bundesrätin wird am 1. August so oder so eine Rede halten, und zwar abends in der Walliser Gemeinde Unterbäch, dem “Rütli der Frauen”. Damit rief sich die Gemeinde am Donnerstag in Anspielung auf die Pionierrolle in Sachen Frauenstimmrecht in Erinnerung.

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