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4000 Franken als Marke für fairen Mindestlohn

Arbeiter auf einem Gerüst an einem Neubau.
Für viele Berufe des Bauhauptgewerbes gelten Mindestlöhne. Keystone

Anders als zahlreiche europäische Länder kennt die Schweiz keinen Mindestlohn für alle Arbeitnehmenden. Zwar gibt es solche in zahlreichen Branchen und einzelnen Kantonen. Trotzdem verdient in der Schweiz nur eine Minderheit einen Mindestlohn.

Das Thema Mindestlohn kommt in der Schweiz auf allen politischen Ebenen regelmässig auf die politische Agenda. 2014 wurde eine eidgenössische Volksinitiative zur Einführung eines Mindestlohns von monatlich 4000 Franken (22 Franken pro Stunde) auf nationaler Ebene mit 76% Nein-Stimmen abgeschmettert.

Für die Gewerkschaften war die Initiative aber nicht umsonst. 4000 Franken habe sich seither als Marke für einen fairen Mindestlohn etabliert. Zahlreiche Unternehmen und ganze Branchen hätten ihre Mindestansätze erhöht, sagen sie.

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Im Kanton Genf werden die Stimmberechtigten in dieser Frage demnächst erneut an die Urne gerufen. Dort können die Gewerkschaften ihre Initiative für einen Mindestlohn von 23 Franken pro Stunde einreichen. In nur drei Wochen haben sie die notwendigen Unterschriften für die Initiative gesammelt.

Der Erfolg der Unterschriftensammlung ist auch Ausdruck der Angst vor Lohndumping in der Calvin-Stadt, wo viele Grenzgänger zu niedrigen Löhnen angestellt werden.

Mindestlöhne in einzelnen Kantonen

Neuenburg hat im Sommer 2017 als erster Kanton einen Mindestlohn von 20 Franken eingeführt. Sechs Jahre nach dem Volksentscheid von 2011 hat das Bundesgericht grünes Licht dafür gegeben und die Beschwerden von Arbeitgeberverbänden abgewiesen.

Im November 2017 führte der Jura als zweiter Kanton einen Mindestlohn von ebenfalls 20 Franken ein. Auch im Kanton Tessin hat die Bevölkerung die Einführung eines Mindestlohns beschlossen. Über dessen Höhe wird derzeit diskutiert. Für die Gewerkschaften ist der Vorschlag der Regierung von rund 19 Franken ungenügend.

Die Mindestlöhne in Neuenburg und im Jura wurden auf Basis der Richtlinien für die Ergänzungsleistungen (EL) ermittelt. Diese gehen von dem aus, was ein erwachsener Mensch braucht, um über der Armutsgrenze leben zu können.

Im Kanton Bern wurde ein Vorstoss zur Einführung eines Mindestlohns im November 2017 von der Parlamentsmehrheit abgelehnt. Aber in der Juni-Session wird das Thema dort erneut zur Debatte stehen.

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Mindestlöhne in Gesamtarbeitsverträgen

Zwar gibt es in zahlreichen Branchen GesamtarbeitsverträgeExterner Link (GAV), die Mindestlöhne festlegen – von A wie Abfallbewirtschaftung bis Z wie Zahntechnik. Über die Höhe der Mindestlöhne verhandeln die Sozialpartner (Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter). Die meisten liegen zwischen 3200 und 3900 Franken.

Längst nicht alle Arbeitgeber sind bereit, über Mindestlöhne zu verhandeln. Allgemeinverbindlich ist der GAV nur in rund einem Dutzend Branchen. In Branchen ohne allgemeinverbindlichen GAV müssen sich nur Mitglieder der Arbeitgeberverbände an die vereinbarten Mindestlöhne halten. In diesen Branchen ist der GAV-Abdeckungsgrad stark unterschiedlich, insgesamt aber gering: Für nur rund zwei von fünf Erwerbstätigen gilt ein GAV-Mindestlohn.

Mindestlöhne in Normalarbeitsverträgen

Wo keine GAV bestehen, kann der Gesetzgeber mit sogenannten Normalarbeitsverträgen (NAV) Mindestlöhne für bestimmte Branchen festlegen. Dies geschieht vor allem dann, wenn die orts-, berufs- oder branchenüblichen Löhne wiederholt missbräuchlich unterboten werden.

Auf nationaler Ebene gibt es NAV für die HauswirtschaftExterner Link. Die Kantone Genf, Tessin, Jura, Basel-Stadt, WallisExterner Link haben NAV mit gesetzlichen Mindestlöhnen für einzelne Branchen festgelegt.

Im wirtschaftlich wichtigsten Kanton Zürich könnte der Regierungsrat demnächst für den Detailhandel und im Maschinenbau Normalarbeitsverträge erlassen. Die Gewerkschaften bezeichnen den Mindestlohn gemäss Vertragsentwurf von monatlich 3415 Franken im Detailhandel aber als “Dumpinglohn”.

Die Grossverteiler Migros und Coop bezahlen für ungelernte Angestellte im Detailhandel mindestens 3900 bzw. 4100 Franken pro Monat. Im Maschinenbau soll gemäss Vertragsentwurf ein monatlicher Mindestlohn von 3850 Franken eingeführt werden.

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