Podcast «Ade merci, Schweiz»: Von der Fremdsprache zur zweiten Muttersprache – das sind die Tricks
In der dritten Episode des Podcasts «Ade merci, Schweiz» tauchen wir ein in die Welt der Mehrsprachigkeit. Wie lernt man die neue Sprache am besten? Und welchen Einfluss hat ein mehrsprachiges Leben auf unser Denken, Fühlen oder sogar Träumen? Eine Schweizerin im Ausland und eine Linguistin erzählen.
Der Schlüssel zu einer geglückten Auswanderung ist oft die Sprache. Irgendwann wird das Nebeneinander von zwei oder mehreren Sprachen für viele Ausgewanderte gar zur Normalität. Doch bis es soweit ist, lauern viele Hürden. Wie überwindet man diese? «Ade merci, Schweiz» ist diesmal auf der Spur der Sprache.
«Ich denke und träume in allen Sprachen», erzählt Angela Herren, die seit Jahren im Ausland – zuerst in Puerto Rico, aktuell in Florida – lebt. Mal taucht Spanisch im Schlaf auf, mal Englisch. Zu Hause mit ihrem Mann denkt sie meist auf Spanisch, in der Schweiz wechselt sie automatisch ins Berndeutsche. Ein ständiger Mix, der zeigt: Mehrsprachigkeit ist nicht statisch, sondern ein Prozess mit Eigenleben, bei dem oft das Unterbewusstsein das Steuer in der Hand hält.
Hören Sie sich die dritte Folge des neuen Podcast «Ade merci, Schweiz» an:
Im Audio- und Video-Podcast «Ade merci, Schweiz» erhalten Sie authentische Einblicke in das Leben und die Erfahrungen von Auslandschweizer:innen. Gemeinsam mit Fachleuten geben wir Ihnen praktische Ratschläge rund ums Auswandern und Leben im Ausland, vom Auswandern mit Kindern bis hin zum Ankommen in einer neuen Sprache und Kultur.
Den Podcast «Ade merci, Schweiz» gibt es auch auf Französisch.
Sprachen sind nicht nur generell unterschiedlich, sie verändern sich auch je nach Region. Dialekt, Akzent, oder sogar ein anderer Sinn von Worten: «Ahorita bedeutet in El Salvador jetzt, in Puerto Rico später», erzählt Angela Herren. So wurde der Alltag in Puerto Rico für sie zunächst zur Herausforderung, obwohl sie Spanisch eigentlich fliessend beherrscht.
«Als ich ankam, habe ich niemanden verstanden!» erinnert sie sich. Es habe Monate gedauert, bis sie ohne Probleme ein Telefongespräch habe führen können. Ihr genereller Tipp beim Sprachenlernen: « Über sich selbst lachen und Fehler als Learning ansehen.»
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Sprachliche Missverständnisse im Alltag
Auch kleine kulturellen Unterschiede sorgen für amüsante Momente. «Im Supermarkt in den USA begrüssten mich die Leute stets mit: Hey, how are you? – und ich dachte zuerst immer: Warum wollen die mit mir reden? Bis ich realisierte, dass das für sie einfach ‹Hallo› heisst» erzählt sie lachend. Fragte sie dann zurück «How are you?» spazierten die Leute einfach weiter. «Und ich dachte: How rude! Wie unhöflich!»
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Lernen mit Netflix und im Alltag
Eine Möglichkeit, diese Herausforderungen zu meistern, kann laut der Sprachwissenschaftlerin Giulia Berchio vom Institut für Mehrsprachigkeit der Universität Fribourg, TV oder Serien zu schauen sein – ganz bequem von der Couch aus. «Ein Vorteil von Netflix ist: Man kommt mit unterschiedlichen Sprachvarietäten in Kontakt, und zwar auf verschiedenen Ebenen – von formell bis informell.»
Den dritten Teil von «Ade merci, Schweiz» über Mehrsprachigkeit und Sprachen gibt es als Audio- und Video-Podcast:
So hat es auch Angela Herren zu Beginn ihrer Zeit in den USA gemacht: «Ich wollte vom Schulenglisch wegkommen und die Alltagssprache lernen. Dabei habe ich immer die Untertitel eingeblendet – so kann man gleichzeitig hören und lesen.»
Herren spricht im Podcast auch über die Herausforderung, ihre Kinder in einem mehrsprachigen Umfeld grosszuziehen: «Mehrsprachige Erziehung ist für mich wie ein zweiter Job – mit dem Kind eine Sprache zu sprechen, reicht nicht: Man muss korrigieren, motivieren. Das kann anstrengend sein.»
Mehr als Kommunikation
Über die Kommunikation hinaus bringt Mehrsprachigkeit dafür kognitive Vorteile mit sich, denn es ist eine Art mentale Gymnastik. Berchio: «Eine Studie der Universität Zürich (…) zeigt, dass Sprachenlernen gewisse Denkprozesse anstösst und Personen ein Gefühl von mehr Autonomie und Sicherheit im Leben entwickeln.»
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Weitere Studien zeigten zudem, dass Mehrsprachigkeit im Alter auftauchende Gedächtnisprobleme hinauszögern kann, sagt die Linguistin Simone Morehed in der französischsprachigen Ausgabe von «Ade merci, Schweiz.» «Zweisprachig oder mehrsprachig zu sein hilft dem Gehirn, sich weiterzuentwickeln.»
Auch die Muttersprache entwickle sich in einem internationalen Kontext weiter, so Morehed: «Man stellt sich die Muttersprache oft als einen stabilen, festen Kern vor. Doch unsere Sprachen beeinflussen sich ständig gegenseitig. In Wirklichkeit finden die Übertragungen in alle Richtungen statt.»
Welche Songs verbinden Sie mit der Schweiz? Diese Frage stellten wir unseren Gästen und kreierten mit all den genannten «Heimweh-SongsExterner Link» folgende Playlist. Viel Vergnügen beim Reinhören!
Editiert von Balz Rigendinger.
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