Expedition sucht Antworten auf Chinas Bergen

Schweizer Forscher und Bergsteiger sind ins chinesische Pamir-Gebirge aufgebrochen. Dort suchen sie nach Erklärungen für die Höhenkrankheit.
Das Wissenschafts-Team wird rund drei Wochen im Gebiet des Muztagh Ata verbringen und erforschen, wie sich Sauerstoffmangel auf Gehirn und Körper auswirkt.
Eine erste Gruppe von Freiwilligen reiste am Sonntag ab. In sieben Tagen wollen sie beim Muztagh Ata, dem «Vater der Eis-Berge» an der Grenze von China und Tadschikistan ankommen. Eine zweite Gruppe wird am Mittwoch abreisen.
Nach einer Angewöhnungszeit im Basislager, werden die 38 «Versuchskaninchen» ihre Zeit in drei Höhenlagen zubringen: auf 5500, 6300 und 6900 Metern. Der Gipfel des Berges selber liegt auf 7500 Metern und kann per Ski erreicht werden.
Das Team aus Wissenschaftern und Ärzten der Universitäten Zürich und Bern sowie aus dem Spital Aarau planen diverse Experimente.
Hirn, Augen und Niere
Mit einem neuartigen Gerät wird getestet, wie die Niere auf die Höhenexposition reagiert.
Weitere Forschungsbereiche betreffen die Auswirkungen des Sauerstoffmangels auf den Kreislauf in der Lunge. Dann werden die Atemmuster bei körperlicher Belastung und beim Schlafen in grosser Höhe untersucht.
Zudem werden mit diversen Testprogrammen die Hirnfunktion und die geistige Leistungsfähigkeit in dünner Luft untersucht. Auch nach den Ursachen der in grosser Höhe immer wieder auftretenden Netzhautblutungen wird geforscht.
Weiter wollen die Forscher feststellen, wie der schnelle Aufstieg in solche Höhenlage Lungen- und Gehirnödeme und andere Bergkrankheiten fördert.
«Es ist das erste Mal, dass sich so viele Leute zu Forschungszwecken in solcher Höhe aufhalten», sagt Expeditionsleiter Urs Hefti.
Kalkuliertes Risiko
Wegen der grossen Höhe hat die Sicherheit erste Priorität. «Es ist ein sehr hoher Berg, technisch ist er aber nicht schwieriger, als eine durchschnittliche Skitour bei uns», sagt Kari Kobler, der die Touren führt.
Sollte jemand unter Höhenbeschwerden leiden, kann er das Basislager jederzeit erreichen. Er fährt einfach den Hang hinunter.
Eine grosse Herausforderung kann die Kälte werden. Die Teilnehmer kamen von plus 40 Grad in Islamabad in die minus 30 Grad kalte Bergwelt.
Wer an der Expedition teilnimmt, wurde aus 100 Bewerbern ausgewählt. «Wir schauten zuerst auf das Alter. Niemand sollte älter als 55 Jahre sein und er musste über Erfahrung im Bergsteigen verfügen», sagt Co-Leiter Tobias Merz.
Urs hefti und Tobias Merz hatten bereits 2001 eine Forschungsexpedition zum 8046 Meter hohen Himalaya-Gipfel Shisha Pangma in Nepal geleitet.
Für Kosten selber aufkommen
Für die neue Expedition wurden rund 50 Kandidaten ausgewählt und dann auf ihre physische und technischen Fähigkeiten überprüft.
Die letzte Hürde, die es für die Kandidaten zu überwinden galt, waren die Kosten. Rund 8000 Franken pro Person, die selber berappt werden mussten. «Mit der Logistik, den Forschungs-Ausgaben und den Kosten für die Ausrüstung kommen wir schlussendlich auf eine Million Franken», sagte Merz zu swissinfo.
Sponsoren halfen mit, die Kosten erträglicher zu gestalten, in dem sie direkt finanzielle Unterstützung leisteten oder Teile der Ausrüstung zur Verfügung stellten. Ein amerikanischer Pharmamulti sponsert das Forschungsprogramm. Andere Geldgeber zahlen an die Forscher.
Das Team wird von Schweizer Bergführern begleitet, kann sich aber auch auf pakistanische, nepalesische und chinesische Bergfachleute und Köche verlassen.
swissinfo, Scott Capper
(Aus dem Englischen übertragen von Urs Maurer)
Der Muztagh Ata ist 7546 Meter hoch
Er liegt in Kunlun Shan in Westchina, im Grenzgebiet zu Pakistan, Afghanistan und Tadschikistan.
Der «Karakoram-Highway», die Hauptroute nach Pakistan, führt in der Nähe des Berges vorbei.
Höhenkrankheit stellt ein im Hochgebirge sehr verbreitetes Symptom dar, das von ungenügender Anpassung an die Höhe verursacht wird und sehr gefährlich sein kann.
Die Symptome dieser Krankheit treten ab einer Höhe von 2500 und 3000 Metern auf und befallen normalerweise Personen, die an solche Höhen nicht gewöhnt sind.
Das Auftreten der akuten Höhenkrankheit (AHK) beruht auf zwei Prinzipien: Auf der Schnelligkeit des Aufsteigens und den Bedingungen, unter denen das Aufsteigen stattfindet.
Eine der schwersten Folgen der Höhenkrankheit ist das Gehirnödem.

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