Schlechtes Zeugnis für Schweizer Flüsse

Der Europäische Wasser- und Gewässerindex des WWF stellt der Schweiz ein schlechtes Zeugnis aus: Beim ökologischen Zustand der Flüsse belegt das Land gerade mal einen Platz im unteren Drittel. Viele Gewässer sind verbaut und begradigt.
Obwohl die Schweiz bezüglich Wasserqualität im internationalen Vergleich gut dasteht, ist der ökologische Zustand der Gewässer schlecht. Grund dafür: Als Massstab diente nicht allein die Verschmutzung, sondern auch die Natürlichkeit der Gewässer. «Das Wasserschloss Schweiz liegt in Trümmern», bilanzierte Mathias Egloff vom WWF am Donnerstag (19.04.) in Zürich.
Probleme im Mittelland
Besonders gelitten hätten in den vergangenen Jahren die Flüsse im Mittelland. Über weite Strecken wurden die Fliessgewässer eingedolt, begradigt oder verbaut. Wichtige Auenlandschaften wurden der Landwirtschaft, dem Siedlungs- oder Strassenbau geopfert und Feuchtgebiete durch Meliorationen trockengelegt, wie Egloff ausführte.
Wie Egloff gegenüber swissinfo sagte, ist es natürlich wichtig, dass das Wasser sauber ist, das sei in der Schweiz weitgehend der Fall. Aber, das allein reiche noch nicht aus. Das Wasser komme zum Beispiel nicht in ausreichender Menge die Flüssse runter. Der Fluss könne so das Kies nicht in genügender Menge herumschieben. Das sei wichtig, für die Lebenwesen im Flussgebiet. Generell seien die Flüsse in der Schweiz eingeengt. «Wir bauen seitlich Dämme, legen die Flüsse in Kanäle und lassen das Wasser vielfach über Staudämme oder Druckleitungen turbinieren, dann fehlt es in den Flüssen», sagt Egloff.
Zerstückelte Fliessgewässer
Schlechte Noten erhalten die im WWF-Index aufgeführten grossen Flüsse Rhein, Rhone und Ticino: Ihre Gesundheit sei stark beeinträchtigt. Der Wasserabfluss sei künstlich reguliert und lasse die notwendige Erneuerung der Flusssohle durch Geschiebebewegungen bei Hochwasser nicht mehr zu, kritisiert die Umweltschutzorganisation.
Kanäle, Dämme und Wehre zerstückeln die Flüsse und beeinträchtigen die natürliche Fliessgeschwindigkeit. Die Lebensräume für viele Pflanzen und Tiere sind an den Ufern zerstört. In den Alpen führen die Gewässer über lange Strecken nur wenig Wasser, weil es für die Wasserkraftwerke entnommen wird.
Internationale Zusammenarbeit
In der Schweiz fehle es heute nicht an gesetzlichen Schutzmassnahmen, räumt Egloff ein, vielmehr hapere es bei der Umsetzung in den Kantonen. Viele Probleme liessen sich aber nicht mehr innerstaatlich lösen. Der WWF fordert deshalb eine internationale Zusammenarbeit. «Generell», sagt Egloff, «hoffen wir, dass die Schweiz die Wasserrahmen-Richtlinien der EU übernimmt.
Aus dem Wasser- und Gewässerindex, der wichtige Flüsse in 16 europäischen Ländern erfasst, sollen nun Schutzmassnahmen abgeleitet werden.
swissinfo und Agenturen

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