Aargau kündigt Kulturlasten-Vertrag mit Zürich und Luzern
Der Aargauer Regierungsrat stuft den Kulturlastenvertrag mit Zürich und Luzern als unfair ein - er kündigt ihn deshalb auf Ende 2027. Er will die ausserkantonalen Kulturbetriebe aber weiter unterstützen und sucht mit den beiden Standortkantonen individuelle Lösungen.
(Keystone-SDA) Die bestehende Interkantonale Kulturlastenvereinbarung weise bedeutende Schwächen auf, schreibt der Regierungsrat in einer am Freitag veröffentlichten Antwort auf ein Postulat der FDP-Fraktion.
«Die zahlungspflichtigen Kantone können keinen Einfluss auf die Entwicklung der Beiträge zugunsten der Standortkantone Zürich und Luzern nehmen, müssen deren kulturpolitische Entscheidungen aber finanziell mittragen», hält der Regierungsrat unter anderem fest. Zwar sehe das Abkommen Anhörungen vor, diese hätten aber keine verbindliche Wirkung auf die Kosten.
Kulturleistungen unbestritten
Grundsätzlich stellt er den Kulturlastenausgleich nicht infrage. Zürich und Luzern erbrächten mit Oper, Theater und Konzerthäusern Leistungen von überregionaler Bedeutung, die auch von der Aargauer Bevölkerung genutzt würden und deshalb abzugelten seien.
Gleichzeitig habe auch der Kanton Aargau sein eigenes Kulturangebot in den letzten Jahren stark ausgebaut – davon profitierten ebenfalls zahlreiche ausserkantonale Besucherinnen und Besucher. Im Museum Aarau seien es beispielsweise über 50 Prozent. Diese Entwicklung spiegle sich im heutigen System nicht wider, kritisiert der Regierungsrat.
Ein weiteres Problem sieht er in der fehlenden Breite der Vereinbarung. Vertragskantone sind derzeit nur Aargau, Zürich, Luzern, Uri und Zug. Andere Kantone wie Nidwalden, Obwalden, Schaffhausen oder Schwyz zahlen freiwillige Beiträge. Versuche, den Vertrag auf weitere Kantone auszudehnen, blieben erfolglos.
Die Abgeltung sei zudem für die sechs Kulturinstitutionen Opernhaus Zürich, Tonhalle Zürich, Schauspielhaus Zürich, Kultur- und Kongresszentrum Luzern KKL, Luzerner Theater sowie Luzerner Sinfonieorchester gedacht.
Diese seien vorwiegend der Hochkultur zuzurechnen. Das veränderte Kulturverständnis im Aargau mit stärkerem Fokus auf Breitenkultur, Vermittlung und Teilhabe werde dadurch nicht abgebildet.
Aargau strebt bilaterale Vereinbarungen an
Der Regierungsrat hat deshalb beschlossen, die Vereinbarung fristgerecht auf Ende 2025 zu kündigen. Sie läuft noch bis Ende der aktuellen Abgeltungsperiode 2025-2027.
Es müsse nach einer alternativen Lösung gesucht werden, «wie der Kanton Aargau weiterhin seinen solidarischen Beitrag zu einem fairen kulturellen Lastenausgleich leisen kann». Der Regierungsrat will mit Zürich und Luzern neu bilaterale Vereinbarungen aushandeln. Vorgesehen sind jährliche pauschale Abgeltungen.
Der Kanton Aargau leistet seit dem Jahr 2010 Zahlungen an die beiden Nachbarkantone. In der laufenden Periode überweist er jährlich 4,3 Millionen Franken nach Zürich und 0,9 Millionen Franken nach Luzern.
Die Kritik ist im Aargau nicht neu. Bereits 2016 hatte die FDP in einem Vorstoss den Austritt aus der Vereinbarung angeregt. In einem Postulat griff sie dies in diesem Jahr erneut auf: «In der Zwischenzeit hat der Kanton Aargau weiter in die eigenen Kultureinrichtungen investiert», hiess es darin. Deshalb sei neu zu beurteilen, ob er weiterhin für Kultureinrichtungen in anderen Kantonen zahlen solle.
Luzern nicht überrascht, Zürich bedauert
Der Kanton Luzern zeigte sich von der Kündigung nicht völlig überrascht, wie der Luzerner Kulturdirektor Armin Hartmann (SVP) auf Anfrage sagte. Es würden seit Jahren Gespräche über die Ausgestaltung der Vereinbarung geführt. Dabei sei auch ein Austritt des Kantons Aargau im Raum gestanden.
Zudem habe der Aargauer Regierungsrat angekündigt, ab 2028 freiwillig Beiträge zu leisten. «Wir gehen davon aus, dass er seiner Ankündigung nachkommt», erklärte Hartmann.