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Beat Flach: «Es funktioniert nicht, wenn wir alles alleine machen wollen»

Nationalrat Beat Flach
"Dass Auslandschweizer:innen ihre Abstimmungspost oft nicht rechtzeitig erhalten, ist ein unnötiges Ärgernis", sagt Beat Flach. Swissinfo

Der grünliberale Nationalrat Beat Flach setzt sich im Parlament auch für die Interessen der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland ein. In unserem Fragebogen "Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus" sagt er, was ihn antreibt.

Beat Flach, Jahrgang 1965, begann seinen Berufsweg als Matrose auf Rheinschiffen. Heute arbeitet er als Jurist für den Berufsverband der Schweizer Ingenieure und Architekten. 

Der Aargauer ist seit 2011 für die Grünliberalen im Nationalrat. Er sucht «kluge und zukunftsfähige Lösungen, die wirtschaftliche und Umweltinteressen gleichermassen berücksichtigen», wie er sagt. In seinem Co-Working-Space beherbergt er aktuell Geflüchtete aus der Ukraine.

Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus: Im Gegensatz zu Frankreich oder Italien, die ihren im Ausland lebenden Bürgerinnen und Bürgern Wahlkreise einräumen, haben die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer keine direkte Vertretung im Bundeshaud.

Das heisst aber nicht, dass ihre Interessen nicht berücksichtigt werden. Mehr als 60 Mitglieder von National- und Ständerat (von 246) sind in der «Rarlamentarischen Freundschaftsgruppe Auslandschweizer» versammelt. In jeder Sessionswoche lassen wir einen von ihnen in unserem Format «Die Fünfte Schweiz im Bundeshaus» zu Wort kommen.

Swissinfo: Was ist für Sie das Wichtigste in dieser Wintersession?

Die Vorbereitung des Sparpakets 27. Das kommt vom Ständerat auf den Nationalrat zu. Darin sind Dinge enthalten, die mir als Grünliberaler wehtun, insbesondere die Kürzungen im Gebäudeprogramm, aber auch die vorgeschlagenen Kürzungen bei den Medien.

Auch die Halbierungsinitiative ist bei uns bereits ein Thema. Diese Session ist die letzte vor der Abstimmung am 8. März. Wir nutzen das, um uns zu koordinieren. Aber dominiert wird die Wintersession natürlich vom Budget für das nächste Jahr.

Wo liegt dabei Ihr Augenmerk?

Als Sicherheitspolitiker ist es mir wichtig, dass die Bundespolizei mehr Personal erhält. Bei der organisierten Kriminalität kommt eine Welle auf die Schweiz zu, für die wir noch nicht bereit sind. Drogenhandel, Cybercrime, Menschenhandel und Waffenhandel: Früher diente die Schweiz eher als Rückzugs- und Abwicklungsort für solche Verbrechen. Heute werden solche Geschäfte hier gemacht.

Auch die Aktivitäten Russlands bezüglich Fake-News-Organisationen sind oft mit Cyberkriminalität wie Erpressung, Spionage und Angriffen auf digitale Infrastruktur gekoppelt. Um dagegen zu kämpfen, brauchen wir Personal.

Wie sehen Sie die Schweiz im Moment in der Welt?

Wir beachten immer noch zu wenig, wie wir geografisch eingebunden sind. Es funktioniert nicht, wenn wir als Land in der Mitte Europas alles alleine und selbst machen wollen. Wenn wir uns anschauen, was die USA punkto Sicherheitspolitik gegenüber Europa ankündigen, wird klar, dass Europa eine eigene Aussensicherheitspolitik braucht.

Sprechen Sie von der EU oder von Europa?

Ich meine den Kontinent. Er bildet eine Wertegemeinschaft demokratisch-liberaler Staaten. Dazu gehört auch die Schweiz. Kein Land auf diesem Kontinent kann die Sicherheit Europas allein gewährleisten, dazu braucht es alle.

Und die Schweiz als Land mittendrin muss mehr tun, denn sie kann sich nicht ausreichend selbst schützen. Nach sechs Wochen wäre es vorbei. Deshalb müssen wir unsere Sicherheitsinfrastruktur an Europa anpassen und gegebenenfalls einen gewissen Anteil mittragen.

Sie reden aber nicht von Schweizer Soldaten an den Nato-Aussengrenzen?

Ob eine Friedenssicherung durch Schweizer Soldaten möglich wäre, habe ich den Bundesrat erst kürzlich gefragt. Seine Antwort: Das wäre allenfalls im Rahmen eines Friedensmandats und eines Friedensplans vorstellbar. Meine Feststellung dazu: Auf Frieden scheint Moskau nicht aus zu sein.

Gibt es in der Wintersession etwas, das die Auslandschweizer besonders betrifft?

Im Nationalrat ist nichts Entscheidendes traktandiert. Im Ständerat aber wird nächste Woche das Sparpaket behandelt mit Kürzungen, von denen auch Auslandschweizer betroffen sind. Grundsätzlich sind bei uns Grünliberalen E-Collecting und E-Voting Themen, die wir vorantreiben wollen.

Dass Auslandschweizer:innen ihre Abstimmungspost oft nicht rechtzeitig erhalten, ist ein unnötiges Ärgernis. Ich habe erst kürzlich einen Vorstoss eingereicht, der digitale Petitionen ermöglichenExterner Link soll. So könnten auch Auslandschweizer:innen einfacher mit Petitionen ans Parlament gelangen.

Warum engagieren Sie sich für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer?

Der erste Grund ist banal: Es sind sehr viele. Zudem habe ich beruflich wie auch persönlich immer wieder Kontakte mit Ausgewanderten, dazu Verwandte in Deutschland und den USA, die noch Schweizer Wurzeln haben. Wir müssen diese Community pflegen, da ihre Mitglieder viele kleine Botschafter unserer Nation sind.

Dieses Jahr nahm ich an zwei Bundesfeiern in den USA teil. Da merkte man die Begeisterung für die Schweiz, obwohl die Leute in den USA geboren sind. Ich bin überzeugt, dass diese leidenschaftliche Verbundenheit uns allen nützt. Denn ein kleines Land wie die Schweiz ist immer auf den Goodwill anderer angewiesen.

Gab es Erfolge oder Niederlagen in Ihrem Auslandschweizer-Engagement?

Ein Meilenstein war das Auslandschweizer-Gesetz, das die Rahmenbedingungen für ein gutes Funktionieren schafft. Nun müssen wir aber auch aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr in die Organisation der Auslandschweizer:innen einmischen, der Bund hält sich schliesslich auch bei den Kantonen aus deren Organisation heraus. Doch der Austausch ist wichtig und die Teilnahme der Auslandschweizer:innen an der Demokratie muss sichergestellt sein. Interessant finde ich auch immer das Abstimmungsverhalten der Fünften Schweiz, das regelmässig einen wertvollen Impuls liefert.

Dieses hat zuletzt einige Male einen leicht konservativen Einschlag erhalten.

Das gilt fast für die ganze Welt. Die Auslandschweizer liefern also ein gutes Abbild dessen, was in der Welt geschieht.

Wenn Sie selbst auswandern würden, wohin würde es Sie ziehen?

Ich wäre wohl eher ein Weltenvagabund, ständig unterwegs.

Welche drei Stationen wären dabei?

Afrika, der hohe Norden Kanadas und China, das mich enorm fasziniert.

Editiert von Samuel Jaberg

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