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Barclays-Gewinn fällt nicht so stark wie befürchtet (AF)

LONDON (awp international) – Rückstellungen im Skandal um Restschuldversicherungen haben der britischen Grossbank Barclays das Halbjahresergebnis vermiest. In den ersten sechs Monaten sank der Vorsteuergewinn der Bank im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund ein Drittel auf 2,6 Milliarden Pfund (3 Mrd Euro), wie das Unternehmen am Dienstag in London mitteilte. Unter dem Strich blieben 1,5 Milliarden Pfund übrig, 38 Prozent weniger als vor einem Jahr. Federn lassen musste Barclays auch im Investmentbanking und will nun wie viele Konkurrenten Stellen streichen.
Bereits im ersten Quartal hatte die Bank eine Milliarde Pfund zurückgestellt, um Entschädigungen an Kunden zahlen zu können, die bei den sogenannten Payment Protection Insurances (PPI) falsch beraten wurden. Damit sollten Kreditnehmer sich für den Fall absichern, dass sie bei Arbeitslosigkeit oder Krankheit ihre Hypotheken und Kreditkartenrechnungen nicht mehr bezahlen könnten. Verbraucherschützer warfen den Banken vor, sie hätten den Kunden die Policen aufgedrängt. Im April hatten die Banken einen entsprechenden Prozess verloren. Nun kommen praktisch auf alle Grossbanken hohe Entschädigungszahlungen zu.
Der seit Jahresbeginn amtierende Vorstandschef Bob Diamond sprach dennoch von Fortschritten. Ohne Sondereffekte hätte die Bank einen Gewinnsprung um 24 Prozent auf 3,7 Milliarden Pfund vor Steuern gemacht. Grund sind unter anderem geringere Rückstellungen für faule Kredite. Die Börse reagierte positiv auf die Zahlen – das Papier legte bis zum späten Vormittag um knapp drei Prozent zu. Händler lobten die gute Entwicklung im operativen Geschäft, die erhöhte Dividende und die Positionierung der Bank.
Der Vorsteuergewinn im Investmentbanking ging um 22 Prozent auf 2,3 Milliarden Pfund zurück. Wegen der grossen Unsicherheiten angesichts der Schuldenkrisen in Europa und den USA hatten sich viele Investoren zurückgehalten. Zudem war der Vorjahreszeitraum noch von einer Sonderkonjunktur bestimmt, als billiges Geld der Notenbanken nach der Finanzkrise für hohe Gewinne sorgte. Der seit Jahresbeginn amtierende Vorstandschef Bob Diamond räumte ein, dass es nicht wie erhofft laufe.
Barclays baut seit der Finanzkrise das Investmentbanking aus. So hatte die Bank, die dank des milliardenschweren Verkaufs ihres Vermögensverwaltungsgeschäfts in der Krise ohne direkte staatliche Hilfen ausgekommen war, das US-Geschäft der Pleitebank Lehman Brothers gekauft. Erklärtes Ziel ist es, unter die Top drei in allen wichtigen Investmentbereichen zu kommen. Damit geht Barclays einen anderen Weg als etwa die Deutsche Bank oder die französische BNP Paribas , die als Konsequenz aus der Finanzkrise die Abhängigkeit vom schwankungsanfälligen Investmentbanking reduzieren wollen und das stabilere Privatkundengeschäft auch durch Zukäufe ausbauen.
Angesichts der sinkenden Gewinne tritt Barclays nun auf die Kostenbremse und will allein in diesem Jahr 3.000 Stellen streichen. Rund 1.400 Arbeitsplätze seien bereits wegfallen, sagte der Vorstandschef Diamond. Damit folgt Barclays dem Rivalen HSBC , der bis 2013 weltweit rund 10 Prozent seiner rund 300.000 Stellen streichen will. Auch die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse sowie die US-Investmentbank Goldman Sachs haben einen umfangreichen Stellenabbau angekündigt. Bei der Deutschen Bank ist davon hingegen keine Rede.
Vorstandschef Diamond hat dem Unternehmen ein Umbau verordnet. Was nicht mehr passt, wird verkauft oder gar geschlossen – wie das Finanzplanungsgeschäft für Privatkunden in Grossbritannien. Die Aktivitäten in Afrika sollen künftig nur noch von einem Standort aus geleitet werden. So will Diamond allein in diesem Jahr die operativen Kosten um eine halbe Milliarde Pfund drücken. Bis 2013 will er die Nettoerträge auf das eingesetzte Kapital auf mindestens 13 Prozent steigern, im ersten Halbjahr waren es bereinigt um Sondereffekte 9,1 Prozent./enl/oho/zb

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