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Gaddafi-Bedienstete ziehen Klage zurück

Der Ball liegt nun bei ihm: Der Genfer Staatsanwalt Daniel Zappelli am 13. August vor den Medien. Keystone

Die beiden Bediensteten, die in Genf Klage wegen Körperverletzung gegen das Ehepaar Gaddafi erhoben hatten, ziehen ihre Anzeige zurück. Libyen hat den Rückzug als eine der Bedingungen für die Beilegung des Streits mit der Schweiz gestellt.

Auf freie und überlegte Weise hätten seine Klienten entschieden, die Klage gegen ihre ehemaligen Arbeitgeber zurückzuziehen, sagte François Membrez, der Anwalt der beiden Bediensteten am Dienstag in Genf.

Auch nach Einschätzung des zuständigen Untersuchungsrichters Michel-Alexandre Graber haben die zwei ehemaligen Bediensteten des Ehepaars Gaddafi die Klage aus eigener Überzeugung zurückgezogen.

Er habe persönlich mit der Tunesierin und dem Marokkaner gesprochen, so Graber. Die beiden hätten ihre Anzeige Ende letzte Woche zurückgezogen, sagte Graber am Dienstag.

“Ich habe verlangt, die beiden anzuhören, um mich davon zu überzeugen, dass sie dies auf freie und überlegte Weise getan haben – was der Fall war.”

Die Interessen seiner Klienten, seien gewahrt worden, indem sie eine angemessene Entschädigung erhalten hätten, führte Anwalt Membrez aus. Ausserdem hätten sie aus humanitären Gründen eine vorübergehende Aufenthaltserlaubnis in der Schweiz erhalten.

Höhe der Entschädigung unbekannt

Wie hoch diese Entschädigung ausfiel und wer sie gezahlt hatte, wollten die Anwälte der beiden Parteien nicht bekannt geben.

Untersuchungsrichter Graber wird das Dossier nun dem Genfer Generalstaatsanwalt Daniel Zappelli übergeben, der über die weiteren Schritte entscheiden wird.

Der Marokkaner habe entschieden, sich an das UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte in Genf zu wenden, um die Verhaftung seines Bruders in Libyen und dessen anschliessendes Verschwinden aufzuklären. Bisher hat der Marokkaner einen Rückzug der Klage vom Wohlergehen seines Bruders abhängig gemacht.

Erhebliche Differenzen

Die beiden Angestellten hatten Mitte Juli gegen den Sohn des libyschen Staatschefs Muammar el Gaddafi, Motassim Bilal (“Hannibal”) Gaddafi, und dessen Ehefrau Aline Anzeige wegen Körperverletzung erhoben.

Dies führte zu erheblichen Differenzen zwischen der Schweiz und Libyen. Als eine der Bedingungen für die Beilegung des Streits hatte Libyen den Rückzug der Anzeige genannt.

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) nahm Kenntnis vom Rückzug der Klage. “Wir haben vom Rückzug der Klage Kenntnis genommen. Die Affäre ist in den Händen der Genfer Justiz”, sagte EDA-Sprecher Lars Knuchel gegenüber swissinfo.

Die Konsequenzen, die dieser Schritt auf die Beziehungen zwischen Bern und Tripolis haben könnte, wollte im EDA aber niemand kommentieren.

swissinfo und Agenturen

15. Juli: Hannibal Gaddafi, ein Sohn des libyschen Staatschefs, und seine schwangere Frau werden in Genf festgenommen. Sie sollen zwei Hausangestellte misshandelt haben.

17. Juli: Die beiden werden nach zwei Nächten entlassen.

19. Juli: In Libyen werden zwei Schweizer festgenommen, angeblich wegen Verstössen gegen Einwanderungs- und andere Gesetze.

22. Juli: Aussenministerin Micheline Calmy-Rey protestiert telefonisch bei ihrem libyschen Amtskollegen.

23. Juli: Libyen droht mit dem Stopp von Öllieferungen in die Schweiz.

25. Juli: Das EDA spricht von einer “Krise” in den Beziehungen Schweiz-Libyen.

26. Juli: Libyen verlangt eine Entschuldigung der Schweiz für die Festnahme und eine Einstellung des Verfahrens.

28. Juli: Die Schweiz und Libyen verhandeln in der Affäre Gaddafi direkt miteinander.

29. Juli: Die beiden inhaftierten Schweizer kommen gegen Kaution frei.

13. August: Anwälte geben in Genf bekannt, dass die beiden Kläger die Anzeige gegen das Ehepaar Gaddafi nicht zurückziehen.

15. August: Libyen lässt die Mutter des Bediensteten frei und lässt sie in ihr Heimatland Marokko reisen. Das Schicksal des Bruders des Bediensteten bleibt weiter ungewiss.

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