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Rolf Schweiger neuer FDP-Präsident

Der neue Präsident Rolf Schweiger soll die angeschlagene FDP aus der Krise führen. Keystone

Die Delegierten der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) haben am Freitag Abend den 59-jährigen Zuger Ständerat mit 192 Stimmen klar an die Parteispitze gewählt.

Der Nachfolger von Christiane Langenberger soll die angeschlagene Partei aus der Krise führen – kein leichtes Unterfangen.

Schweigers Konkurrent Georges Theiler blieb mit 95 Stimmen weit hinter dem Zuger. Der deutliche Entscheid der Delegierten kam nicht überraschend: Schweiger galt im Vorfeld der Wahl als Favorit. Sein Spezialgebiet ist die Finanzpolitik. Er ist wirtschaftsnah und steht für Liberalisierung und Marktöffnung ein.

In seiner Rede nach der Wahl sagte Schweiger den Delegierten, er werde kein bequemer FDP-Präsident sein. Er wolle dafür sorgen, dass die FDP auch dann zu ihren liberalen Werten stehe, wenn es politisch unpopulär sei. Die FDP dürfe sich nicht länger vom Charme der staatlichen Sicherheit einlullen lassen. Abmagerungskuren des Staates seien unausweichlich geworden.

Kein “Nein-Sager”

Als Parteipräsident will Schweiger die FDP zur Partei der modernen Bürgerlichen machen. Das blosse Nein genüge nicht mehr, sagte er, es brauche Mut und Optimismus.

Damit grenzt der Freisinnige sich von der Schweizerischen Volkspartei SVP ab, die für ihn eine rückwärtsgewandte Partei ist. Von einer Fusion mit der Christlichdemokratischen Partei CVP hält er nichts, wie er im Vorfeld der Ausmarchung gesagt hatte. Nüchternheit und Pragmatik sind für ihn politische Tugenden, Angst vor Plakativität hat er aber nicht.

Die zwei Dutzend Verwaltungsratsmandate, die Schweiger inne hat, vermochten sein Image als integre Persönlichkeit offenbar nicht zu belasten. Er sei kein Topshot der Schweizer Wirtschaft, sagte er dazu. Zudem sei er Bauanwalt und nicht Gesellschaftsrechtler.

Bei den letzten Präsidiumswahlen der Partei hatte Schweiger eine Kandidatur noch abgelehnt. Er befürchtete damals, die Verwaltungsratsmandate könnten ihm zum Nachteil gereichen.

Partei am Tiefpunkt

Nach der Wahlschlappe der FDP bei den Parlamentswahlen vom vergangenen Herbst war in der Partei der Ruf nach einem Richtungswechsel laut geworden. Die Freisinnigen waren mit 36 Nationalrats-Sitzen auf einen historischen Tiefpunkt gesunken.

Der Wähleranteil schrumpfte auf 17,3%. Die Waadtländerin Christiane Langenberger hatte nach der Niederlage die Bereitschaft signalisiert, die Parteileitung weiterzuführen.

Abgang unter Misstönen

Der interne Widerstand von Exponenten eines rechtsfreisinnigen Kurses gegen den Weiterverbleib der eher liberalen Langenberger an der Parteispitze wurde aber derart gross, dass diese früher als geplant den Hut nahm. Eine Findungskommission war danach mit der Suche von valablen Nachfolge-Kandidaten betraut worden.

Christiane Langenberger, die als erste Frau an der Spitze der FDP stand, rief in ihrer präsidialen Abschiedsrede die Delegierten dazu auf, sich auf die liberalen Grundwerte zu besinnen. Es gebe eine Chance für eine liberale Kraft in der Schweiz, sagte sie.

Trotz der Turbulenzen um ihren Abgang wurde die scheidende Parteipräsidentin von den FDP-Delegierten mit stehendem Applaus verabschiedet.

Zufriedenheit bei den anderen Parteien

Bei den Präsidenten der übrigen Regierungsparteien stiess Schweigers Wahl auf ein positives Echo. “Wir denken, dass wir mit ihm politisch und persönlich problemlos zusammenarbeiten können”, sagte SVP-Präsident Ueli Maurer.

CVP-Interimspräsidentin Doris Leuthard bezeichnete Schweiger als den integrativeren der Kandidaten. Die FDP werde mit ihm aber in Wirtschaftsfragen wohl stärker zur SVP tendieren.

SP-Präsident Hans-Jürg Fehr hoffte dagegen, dass die FDP mit Schweiger wieder eher gesellschaftsliberal als wirtschaftsliberal zur Geltung komme.

Wer ist der neue Präsident?

Der 59-jährige Zuger Ständerat Schweiger soll nun also zur Integrationsfigur der kriselnden Partei werden. Er gilt nicht nur als Anwalt eines Wirtschafts-, sondern auch eines Gesellschaftsliberalismus.

Auf die Frage von Journalisten, wieso er für das Parteipräsidium kandidiere, hatte Schweiger in den vergangenen Wochen stets zur Antwort gegeben, dass er die FDP gern habe. Tatsächlich hat er in den letzten 40 Jahren fast ununterbrochen für sie politisiert.

Klavierspieler und Chaot

Schweiger ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Er führt eine Anwaltskanzlei in Zug. Als Hobbies nennt er auf seiner Homepage Klavierspielen, Kochen und Zeichnen. In einem Interview bezeichnete er sich als Chaoten, der improvisieren könne.

Schweiger hat sich schon als junger Politiker im konservativen Kanton Zug gegen alles Autokratische aufgelehnt. Damals hatte er das Konkubinats- und das Tanzverbot im Visier.

Die gesellschaftliche Offenheit hat sich Schweiger bis heute erhalten. Mit seiner offenen Haltung in Gleichstellungsfragen gewann er die Unterstützung der FDP-Frauen.

Eigenverantwortung zentral

Links politisiert Schweiger deswegen aber nicht. Selbstverantwortung und Freiheit müssten so gross wie möglich sein, betont er immer wieder. Es sei nicht Aufgabe des Staates, den Bürger vor sich selbst zu schützen.

In der Wirtschafts- und Finanzpolitik gilt Schweiger als ein Vertreter der Parteirechten. Er ist gegen neue Steuern und Abgaben und tritt vehement für das Steuerpaket ein. Die Staatstätigkeit will er zurückfahren.

Finanz- und gesellschaftspolitische Forderungen weiss er aber zu verknüpfen. Platz für Erneuerung, etwa bei der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Mutterschaft, müsse bleiben.

swissinfo und Agenturen

Rolf Schweiger ist neuer FDP-Präsident. Er erhielt 192 Stimmen.

Sein Konkurrent Georges Theiler blieb mit 95 Stimmen weit hinter ihm.

Auf Schweiger wartet die schwierige Aufgabe, die Freisinnigen aus dem historischen Tief der letzten Parlamentswahlen zu führen.

Schweiger gilt in gesellschaftlichen Fragen, beispielsweise der Gleichstellung, als liberal.

In wirtschafts- und finanzpolitischen Belangen verfolgt er jedoch einen harten Kurs, der auf Sparmassnahmen und ein Herunterfahren des Staates ausgerichtet ist.

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