Vier Jahre Zuchthaus für «Kunsträuber aus Passion»
Das Greyerzer Strafgericht hat am Donnerstag einen 32-jährigen Elsässer wegen wiederholten Kunstdiebstahls zu vier Jahren Zuchthaus und 15 Jahren Landesverweis verurteilt.
Der Angeklagte hatte gegen 240 Kunstobjekte aus 139 Museen gestohlen und privat gesammelt. In der Schweiz belief sich die Deliktsumme auf 1,65 Mio. Franken.
Mit seinem Strafmass blieb das Gericht leicht hinter dem Antrag der Anklage zurück. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Zuchthausstrafe von fünf Jahren und zehn Jahre Landesverweis beantragt.
Ein psychiatrisches Gutachten hatte dem Angeklagten lediglich eine geringe Verminderung der Zurechnungsfähigkeit zugesprochen. Der Mann habe die Diebstähle bewusst verübt und leide nicht an Kleptomanie. Die Gefahr eines Rückfalls sei gross.
«Sklave der Kunst»
Der weitgehend geständige Elsässer äusserte vor dem Strafgericht im freiburgischen Bulle zwar Reue, ein eigentliches Schuldeingeständnis machte er jedoch nicht. Er bezeichnete sich vielmehr als «Sklave der Kunst», der daran geglaubt habe, dass die gestohlenen Objekte bei ihm privat besser aufgehoben seien als in einem Museum.
Der als Weinkellner tätige Elsässer, der die gestohlenen Kunstwerke bei seiner Mutter aufbewahrte und sich auf diese Weise den Wunsch nach einer privaten Kunstsammlung erfüllte, war im November 2001 in Luzern verhaftet worden. In den Jahren zuvor hatte er aus Museen und Galerien im In- und Ausland bei 174 Beutezügen 232 Kunstobjekte gestohlen.
Er entwickelte dabei eine emotionale Beziehung zu den Werken, weshalb er sie primär zum Eigengebrauch und nicht zum Weiterverkauf entwendete.
Breitwieser hatte sich im Verlauf des Prozesses einerseits als der grosse Kunstexperte aufgespielt; andererseits brach er beinahe zusammen, als beispielsweise die Zerstörung seiner Sammlung durch die Mutter zur Sprache kam.
Eklatante Sicherheitslücken wurden deutlich
Der Fall Breitwieser zeigte die ungenügenden Sicherheits-Massnahmen in vielen europäischen Galerien und Museen auf. Hans Furer, Sekretär des Verbandes der Schweizer Galerien, erklärte gegenüber swissinfo, dass sich viele die Kosten gar nicht leisten könnten, um Kunstobjekte adäquat zu schützen.
«Sicherheit ist enorm teuer. Und viele Museen haben genug Probleme damit, Geld für Ausstellungen zu finden.» Besonders schwierig sei es für kleinere Institutionen mit eng begrenzten finanziellen Ressourcen, so Furer.
In insgesamt sieben Ländern auf Diebestour
Seinen ersten Diebstahl verübte der Verurteilte im März 1995 im Schloss Greyerz. Danach folgten Diebestouren in 16 Kantonen sowie in Frankreich, Deutschland, Belgien, Holland, Dänemark und Österreich. In der Schweiz wurden dem Elsässer 69 Diebstähle mit einer Deliktsumme von rund 1,65 Millionen Franken zur Last gelegt.
Der Wert der im Ausland entwendeten Objekte wurde von den französischen Behörden auf gegen eine Milliarde Euro geschätzt. Kurz vor einer geplanten Hausdurchsuchung am Wohnort des Angeklagten hatte dessen Mutter einen Teil der Beute im Rhein-Rhone-Kanal im Elsass versenkt. Gegen sie läuft ein Verfahren in Frankreich.
Nach Verbüssung seiner Strafe in der Schweiz soll der Elsässer in Frankreich für weitere im Ausland verübte Diebstähle vor Gericht gestellt werden.
swissinfo und Agenturen
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