Tourismus: Unsicheres Geschäft im laufenden Jahr
Im weltweiten Tourismus registrierte man 2001 den ersten Wachstumsrückgang seit 1982. In der Schweiz stagniert der Tourismus seit längerem auf hohem Niveau.
Im internationalen Tourismusgeschäft, in dem die Schweiz möglichst weit vorne mitspielen möchte, gilt das Millenniumsjahr 2000 als absolutes Rekordjahr. Fast 700 Mio. Auslandreisen wurden weltweit registriert.
Die Schweiz registriert jährlich rund 9 Mio. Gäste aus dem In- und Ausland, was einen direkten Umsatz von über 11 Mrd. Franken ergibt. Dazu kommen indirekte Umsätze in Form von Konsum- und anderen Ausgaben, die die Touristen tätigen.
Prominent vertretenes Ferienland Schweiz
Der Schweiz kann deshalb das touristische Weltgeschehen nicht egal sein. An der Internationalen Tourismusbörse (ITB) ist sie prominent vertreten, und teilt sich an dieser Messe in Berlin fast eine Halle mit dem touristischen Erzkonkurrenten Österreich.
An der ITB trifft sich jeweils Mitte März die Tourismusbranche zum jährlichen Event. Dieser gilt auch als weltgrösste Dienstleistungsmesse, obschon sich dieses Jahr erstmals einige bekannte Reiseveranstalter und Fluggesellschaften als Aussteller zurückgezogen haben.
Luftverkehr mit Riesenverlusten
Die zivile Luftfahrt, bereits Mitte 2001 vom Konjunkturrückgang angeschlagen, wurde durch die Anschläge vom September mitten ins Herz getroffen: Nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa, Afrika und Australien machten bekannte Airlines Konkurs.
Die Swissair befindet sich in bester Gesellschaft mit Gesellschaften wie Alitalia, Olympic Airways und sogar British Airways, die alle kurz vor dem finanziellen Kollaps stehen, aber vorläufig nicht «grounden» müssen.
2001 fehlten den Airlines gegenüber dem Vorjahr rund 60 Mio. Flugpassagiere. An der ITB wurde errechnet, dass der New Yorker Anschlag die Branche stärker traf als der Golfkrieg vor einem Jahrzehnt.
Reiseveranstalter: Besser?
Buchhalterisch besser erging es den europäischen Reiseveranstaltern. Denn ihr Geschäftsjahr endet oft im Herbst, vor dem 4. Quartal. So wird der «schwarze Herbst» erst noch mit Verspätung in den Jahresergebnissen erscheinen.
In der Schweiz geben die beiden Grossen, Kuoni und Hotelplan, in den kommenden Tagen ihre Jahresresultate bekannt. Diese Tour Operators haben die Krise genutzt, um ihre Strukturen zu erneuern und Personal zu entlassen.
Zitterpartie 2002
Denn das laufende Geschäftsjahr wird zu einer Zitterpartie für viele Touristikunternehmen. Zwar gibt es Anzeichen einer Belebung, wie Beobachter an der ITB zu spüren vermeinen. Aber der Ausgang ist noch ungewiss.
Auch die internationale Hotelbranche bangt ums laufende Jahr. Ihre Belegungszahlen waren stark gefallen. Nicht so in der Schweiz: Als «sicheres Ferienland» bekannt, fiel der Einbruch viel kleiner aus als in den grossen Ferienzielen und Städten.
Doch geht es der Schweizer Hotellerie andererseits strukturell seit einem Jahrzehnt schlecht. Sie ist gewerblich organisiert, während im Geschäfts- und Ferientourismus inzwischen Markennamen sprich Hotelkettennamen gefragt sind.
Bahnen rüsten auf
Flugangst, komfortablere Hotelzüge und Hochgeschwindigkeitsstrecken erhöhen in Europa den Verkehrsanteil der Bahnen. Für das Durchgangsland Schweiz im Herzen Europas mit einer eigenen alten Bahntradition ist dies ein riesiger Vorteil. So wie heute jeder weiss, dass England die schlechtesten Bahnen von ganz Europa hat, ist das Schweizer Eisenbahnnetz weiterhin weltbekannt für seine Pünktlichkeit.
Die mehreren Milliarden Investitionen in Ausbauprojekte wie NEAT oder Bahn 2000 liegen deshalb im Europavergleich im Trend. Die Deutsche Bahn beispielsweise will bis 2006 43 Mrd. Euro in Modernisierungen investieren. 2002, im «Bergjahr Schweiz», feiern auch die Schweizer Bundesbahnen SBB ihr 100-jähriges Jubiläum.
Sogar die Italienischen Staatsbahnen haben 2001 das erste Mal in ihrer langen Geschichte einen Gewinn geschrieben. Noch 1997 produzierten die Ferrovie dello Stato Verluste von 3,6 Mrd. Euro.
Alexander P. Künzle, Berlin
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