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Klee und das Bauhaus

ZPK/Schenkung fam. Klee/Felix Klee

Als Paul Klee im Januar 1921 seine Lehrtätigkeit am Bauhaus in Weimar aufnahm, war er bereits ein berühmter Künstler der Avantgarde.

Die Schule sollte nach den Ideen ihres Gründers Walter Gropius Kunst und Handwerk verbinden und eine neue Generation von Künstler-Handwerkern hervorbringen.

In einem Manifest zum Bauhaus schreibt der von sozialistischem Gedankengut beeinflusste Gropius, das Institut werde “eine neue Zunft der Handwerker ohne die klassentrennende Anmassung, die eine hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern errichten wollte”, bilden.

Im Sinn der angestrebten Einheit von künstlerischer und praktischer Ausbildung wurde während den frühen Jahren des Bauhauses die Arbeit in den Bauhaus-Werkstätten jeweils von einem Künstler und einem Handwerksmeister gemeinsam geleitet.

Der Künstler Klee unterrichtete als Formmeister zuerst in der Buchbinderei. Später übernahm er die Leitung der Werkstätten für Glasmalerei und Wandmalerei. Die Berufung ans Bauhaus zwang Klee, seine Gedanken zu den theoretischen Aspekten von Malerei und Kunst klar zu formulieren.

Zuvor hatte er seine kunsttheoretischen Betrachtungen vor allem in seinen Tagebüchern und in den Briefen an seine Ehefrau, die Pianistin Lily Stumpf, die oft auf Tournee unterwegs war, entwickelt.

Gewissenhafter Lehrer

Wolfgang Thöner, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bauhaus-Stiftung in Dessau, betont im Gespräch mit swissinfo, Klee sei ein gewissenhafter Lehrer gewesen. “Er hat seine Lektionen sehr sorgfältig und bis ins Detail vorbereitet, wie kaum ein anderer Künstler am Bauhaus”, sagt Thöner.

Die Reaktionen der Studenten auf Lehrer Klee seien jedoch sehr unterschiedlich gewesen. “Klee-Forscher sind sich vor allem in einem Punkt einig: Sein Unterricht stellte hohe intellektuelle Anforderungen. Einige seiner Schüler kamen damit nicht zurecht, doch viele andere machten gute Erfahrungen mit Klee und lernten viel bei ihm”, sagt Thöner weiter.

Eine andere typische Eigenschaft Klees war es, immer wieder herauszustreichen, dass seine Art, an die Dinge heranzugehen, nicht die einzig mögliche Art sei. “Er zeigte immer, wie er zu einem bestimmten Entscheid gelangt war. Im Gegensatz zu einigen seiner Kollegen am Bauhaus war er überhaupt nicht dogmatisch”, erklärt Thöner.

Der Systematiker

Die Theorien, die Klee während seiner Zeit am Bauhaus formulierte, waren zum Teil in seiner eigenen Kunst sehr gut sichtbar. “Er hatte ein sehr dynamisches Formverständnis und entwickelte systematisch Vorlagen, die er auch in seinen quadratischen Gemälden zur Anwendung brachte,” erklärt Thöner.

Allerdings deutet einiges daraufhin, dass Klee seinen Verpflichtungen als Lehrer nicht immer zur allgemeinen Zufriedenheit nachkam. Manchmal blieb er anscheinend dem Unterreicht fern, ohne seine Schüler oder Kollegen zu informieren.

Ihn während solchen Phasen zur Rückkehr nach Dessau aufzufordern, war aussichtslos, wie seine Mitarbeiter am Bauhaus einsehen mussten. Klees Haltung kommt in seiner Antwort auf eine Aufforderung zur Rückkehr ans Bauhaus klar zum Ausdruck: “Zuallererst und vor allem anderen bin ich ein praktizierender Künstler.”

Bürgerliches Leben

Die Dessauer Jahre verhalfen der Familie Klee zu einem komfortablen Lebensstil mit einem guten Lohn, einer angesehenen Stellung und einem geräumigen Haus mit einem grossen, von Gropius gestalteten Atelier. “Klee hatte sich immer nach einem bürgerlichen Leben gesehnt, und seine Anstellung in Dessau verschaffte ihm für einige Jahre diese Möglichkeit”, sagt Thöner.

Klee war stolz auf seinen Professoren-Titel am Bauhaus und die Privilegien seiner Anstellung. Als das Bauhaus in den späten 20er-Jahren in finanzielle Schwierigkeiten geriet und ihn Gropius bat, eine Lohnkürzung zu akzeptieren, lehnte er ab. Klee gehörte zu den bestbezahlten Meistern in Dessau.

“Natürlich war das ein Widerspruch – der schwer fassbare Avantgarde-Künstler, der nach [bürgerlicher] Anerkennung strebt”, fügt Thöner hinzu. Er glaubt auch, Klee sei in Dessau so zufrieden gewesen, dass er den Rest seines Lebens am liebsten dort verbracht hätte.

Risse und Sprünge

Doch dieses angenehme Leben war von kurzer Dauer. Es fiel Klee zunehmend schwer, seine künstlerischen Ideale mit seinem Leben und Wirken am Bauhaus zu vereinbaren. 1928 schreibt er in einem Brief an seine Frau Lili: “Die Anforderungen von innen und aussen sind so gross, dass ich jedes Zeitgefühl verliere. Mein schlechtes Gewissen folgt mir.”

Schliesslich beschloss Klee, Dessau zu verlassen. Die Kunstakademie in Düsseldorf bot ihm 1930 eine Stelle an, die er ein Jahr später antrat. Seine Familie, die anfänglich in Dessau geblieben war, sollte ihm 1933 nachfolgen. Doch dann wurde auch die Familie Klee von den geschichtlichen Ereignissen überrollt.

Die Nazis waren 1933 in Deutschland an die Macht gekommen und für Klee, den modernen Künstler, verhiess das nichts Gutes, zumal die Akademie nach dem Machtwechsel einen neuen Direktor erhielt, der offen zur Nationalsozialistischen Partei Deutschlands stand.

Nur wenige Tage bevor seine Familie ihm nach Düsseldorf folgen wollte, wurde Klee von der Akademie fristlos entlassen. Als klar wurde, dass es für die Familie Klee unter den Nazis keine Zukunft gab, verliess sie im Dezember 1933 Deutschland und zog in die Schweiz zurück.

swissinfo, Faryal Mirza
(Übertragung aus dem Englischen: Dieter Kuhn)

1921: Klee geht als “Meister” ans Bauhaus Weimar.

1926: das Bauhaus zieht von Weimar nach Dessau um, weil die Thüringische Landesregierung die Subventionen gestrichen hat.

1926: Die Familie Klee zieht in ein “Meisterhaus”, ein speziell angefertigtes Doppelhaus; ihr neuer Nachbar ist der russische Maler Wassily Kandinsky.

1930: Die Akademie der Künste in Düsseldorf offeriert Klee eine Stelle; er nimmt an.

1933: Die Familie Klee zieht in die Schweiz zurück.

Aus der Grossherzoglich Sächsischen Hochschule für bildende Kunst in Weimar ging 1919 das Staatliche Bauhaus hervor, dessen Motto “Kunst und Technik – eine neue Einheit” lautete.

Es wurde von Architekt Walter Gropius gegründet. Seine Vision war es, eine neue Zunft von Handwerkern auszubilden, die “die hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern” niederreisen würden.

Das Bauhaus führte seinen Lehrbetrieb bis 1933 fort, zunächst in Weimar, dann in Dessau und schliesslich in Berlin.

Nach der Machtübernahme der Nazis musste es seine Tore schliessen.

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