Cesira ist in Gordevio, einem Dorf im Maggiatal aufgewachsen. Im Alter von 25 Jahren wanderte sie zusammen mit ihrem Mann nach Kalifornien aus. Das Paar ist noch immer eng verbunden mit den Tessiner Traditionen und sprach mit den Kindern immer Dialekt. Sohn Arthur, der in den USA auf die Welt kam, verpasst keine Chance, um Akkordeon zu spielen und zusammen mit der Mutter Tessiner Volkslieder zu singen.
Watsonville, Monterey Bay, Kalifornien, 2015.
Flavia Leuenberger
Spuren der Tessiner Auswanderung im Städtchen Soledad, Kalifornien, 2015.
Flavia Leuenberger
John Grisetti wurde 1909 im Morobbiatal geboren. Mit 18 wanderte er nach Kalifornien aus, wo er zuerst in Santa Maria und dann in Soledad als Käser arbeitete. Seine drei Kinder sprechen noch immer den Tessiner Dialekt.
Auf dem Bild: Sohn John Grisetti Junior und Tochter Mary Ann Van Paul, Soledad, Kalifornien, 2015.
Leuenberger
John Grisettis Töchter Mary Ann Van Paul und Catherine Grisetti-Sala, Soledad, Kalifornien, 2015.
Flavia Leuenberger
Tony Canonica, geboren 1880, war einer der ersten Spengler im Westen. Mit 16 wanderte er nach Nevada aus, später übersiedelte er nach Montana, wo er einen Laden eröffnete: er verkaufte Tassen, Büchsen, Kaffeemaschinen, Kessel oder Waschbecken.
Links im Bild: die Enkelkinder Pat und Betty, rechts das Gebäude, heute ein Museum, wo Tony Canonica wohnte, Butte, Montana, 2013.
Leuenberger
Die Urgrosseltern von Anne, Maria und Michaela waren um 1880 aus dem Maggiatal (Cevia) ausgewandert und eröffneten in Kalifornien eine Käserei. Ein Jahrhundert später, im Jahr 1985, beschloss die Familie Calanchini, eine Reise ins Tessin zu machen, um ihre Wurzeln zu entdecken.
Anne, Maria und Michaela Calanchini in einer Strasse von San Francisco, Kalifornien, 2015.
Flavia Leuenberger
Blick auf die Bucht von San Francisco, Kalifornien, 2015.
Flavia Leuenberger
Scotts Grossvater verliess das Maggiatal 1910 im Alter von 17 Jahren, um sich in Kalifornien niederzulassen. Hier heiratete er Zelma Dolcini, ebenfalls eine Tessinerin, und eröffnete eine Molkerei, die heute von seinen Enkelkindern geführt wird. Sie produzieren unter anderem Käse, wie er traditionsgemäss im Maggiatal hergestellt wird.
Scott Lafranchi in seinem Betrieb, Nicasio, Kalifornien, 2013.
Leuenberger
Frank Stagi lebt zusammen mit seiner Frau, den zwei Kindern und seiner Mutter in Santa Cruz. Sein Grossvater war 1932 aus Biasca ausgewandert. Von Ellis Island (New York), wo er ankam, reiste er per Eisenbahn nach Davenport, Kalifornien, wo er als Hilfsarbeiter für Feldarbeit eingestellt wurde.
Frank Stagi und seine Familie, Santa Cruz, Kalifornien, 2015.
Flaviua Leuenberger
Santa Cruz, Kalifornien
Flavia Leuenberger
Jene von Lee und Anna Conti ist eine doppelte Emigrationsgeschichte. Lee ist in Kalifornien geboren. Ihr Vater, der im Lavizzaratal (Menzogno) aufwuchs, wanderte im letzten Jahrhundert in die USA aus. Zuerst arbeitete er als Landwirt, später als Gärtner. Anna wurde jedoch in Broglio, im Lavizzaratal geboren. Die zwei lernten sich kennen, als er im Tessin in den Ferien war. Heute leben sie in Sonoma, Kalifornien.
Lee und Anna Conti, Sonoma, Kalifornien, 2013.
Leuenberger
"Die Tiere sind wie meine Kinder". Brian ist das Grosskind von Steve Rianda, der zuerst als Bauer in Watsonville, Kalifornien, arbeitete. 1988 kaufte Brian eine Ranch in Chualar. Hier lebt er in enger Verbindung zur Natur und ist ein Experte von Flora und Fauna.
Brian Rianda, Chualar (Salinas Valley), Kalifornien, 2015.
Flavia Leuenberger
Salinas Valley, Kalifornien
Flavia Leuenberger
Zwischen Ende 19. und Anfang 20. Jahrhundert wanderten zehntausende Tessiner – sei es aus Tradition oder weil sie arm waren – in die USA aus. Die Fotografin Flavia Leuenberger begab sich auf Spurensuche und konnte mehreren Nachkommen dieser Auswanderergeneration begegnen, darunter einigen, die noch Tessiner Dialekt sprechen oder am 1. August die Schweizer Fahne schwingen.
Zu Beginn des Projekts waren es einfache Briefe. Flavia Leuenberger verbirgt nicht, dass sie ziemlich gerührt war, als sie die Erzählungen der Tessiner Emigranten nach Kalifornien las, die vom Historiker Giorgio Cheda in den 1980er-Jahren publiziert worden waren. So kam es, dass sie beschloss, selber Nachforschungen zu erstellen.
Kein einfaches Unterfangen, angesichts der geografischen Distanz und den fehlenden Informationen. «Ich machte eine Liste mit den Familiennamen der Auswanderer, die in den Büchern von Cheda und in anderen Dokumenten vorkamen. Dann suchte ich in den US-Telefonbüchern nach diesen Namen. Ich verschickte mindestens 60 Briefe, aber nur wenige antworteten mir», erzählt die 31-Jährige, die von Swiss Press Photo 2015 in der Kategorie «Porträt» ausgezeichnetExterner Link worden ist.
Wir treffen sie in einer alten Bar im historischen Zentrum von Balerna, einem Tessiner Städtchen, wo sie wohnt, nur einen Katzensprung von der italienisch-schweizerischen Grenze entfernt. Der Kontakt mit den Emigranten und deren Nachkommen sei einfach gewesen, sagt sie. «Die Leute waren begeistert, mich zu treffen. Einige nahmen Tagebücher, Fotografien oder die Koffer von damals hervor.» Die meisten der Leute, die sie traf, haben noch immer eine starke Verbindung zum Kanton Tessin, geblieben ist auch die Sprache. «Zu hören, wie sie den Dialekt der Tessiner Täler mit einem englischen Akzent sprechen, ist schon seltsam.»
Laut Schätzungen wanderten Ende 19. bis Anfang 20. Jahrhundert rund 27’000 Tessinerinnen und Tessiner alleine nach Kalifornien aus, um dort als Melker von Kühen oder als Bauern zu arbeiten. Viele von ihnen konnten später Land erwerben, wie man auf den Bildern von Falvia Leuenberger sehen kann.
Die Porträts, zu sehen im Museum Casa Pessina von Ligornetto, sind das Ergebnis von zwei Reisen in die USA in den Jahren 2013 und 2015.
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