Golf – Genuss für alle oder elitärer Zeitvertrieb?
In Crans-Montana in den Walliser Bergen findet zur Zeit das bestbesetzte European Masters der letzten Jahre statt.
Golf – einst verpönt als elitäre Nobel-Sportart- wird derweil in der Schweiz immer mehr zum Vergnügen für jedermann und jede Frau.
Ernie Els und Refief Goosen, die Nummern 3 und 4 der Welt, aber auch alternde Stars wie Craig Stadler und Nick Galdo sorgen dafür, dass die Golffans in Crans-Montana auf ihre Rechnung kommen.
Von den präsenten Schweizer Spielern (5 Profis, 5 Amateure) sind keine Spitzenplatzierungen zu erwarten. Paolo Quirici, 1989 Vierter in Crans, ist im letzten Jahr zurückgetreten.
Während die Schweizer Golfer auf der internationalen Profi-Bühne für wenig Highlights sorgen, ist der Golfsport an und für sich in den letzten Jahren immer beliebter geworden.
Beispielloser Aufschwung
Im seit genau 100 Jahren bestehenden Golfverband, der 1956 in Schweizerische Golf-Association (ASG) umgetauft wurde, sind heute rund 40’000 Mitglieder eingeschrieben.
Das sind doppelt so viele wie noch vor 10 Jahren. Verdoppelt hat sich in dieser Zeitspanne auch die Zahl der Golfplätze von 39 auf 80. Weitere 5000 Golferinnen und Golfer sind in der 1998 gegründeten Vereinigung unabhängiger Golfer (ASGI) organisiert.
Zudem tummelt sich eine unbekannte Anzahl von Schweizerinnen und Schweizern auf den mittlerweile zahlreichen öffentlichen Übungsanlagen. Dies auch Dank dem Grossverteiler Migros, der in den letzten knapp 10 Jahren öffentliche Golf-Anlagen «für alle» eingerichtet hat.
Golf-Boom dank Öffnung
Insgesamt frönen 1,4% der Bevölkerung dem einst als elitär bezeichneten Golfsport. Damit steht die Schweizer Golfbewegung im europäischen Vergleich nicht mehr im Abseits.
Das markante Wachstum hängt unmittelbar mit der allgemeinen Öffnung des Golfsports zusammen. Das Netz öffentlicher und halböffentlicher Anlagen ist in den letzten Jahren immer dichter geworden.
Zur Zeit ist im Golfsport ein Abbau der Schwellenängste im Gang – wie vor rund drei Jahrzehnten im Tennis. Auch Tennis galt lange Zeit als Zeitvertreib der Snobs und Reichen.
Kein Hobby für schmale Portemonnaies
Die Aufnahmegebühren für hochklassige Privatklubs sind noch immer beträchtlich: Sie betragen zwischen 15’000 und 30’000 Franken, die Jahresbeiträge zwischen 2000 und 3000 Franken.
Die unabhängigen Golfer im ASGI müssen dagegen pro Jahr nur 300 Franken hinlegen.
Golf – ein englisches Importprodukt
1891 entstand in der Schweiz der erste Golfplatz, und zwar im Bündner Ferienort St. Moritz. Dies, weil englische Feriengäste nur ungern auf ihr Hobby verzichten wollten. Es folgten Anlagen in Samedan (1898) und in Montreux (1900) – alles 9-Loch-Plätze.
Vor dem ErstenWeltkrieg gab es in der Schweiz 7Anlagen, vor dem Zweiten 24. Während des Krieges wurden dann viele Plätze zu Landwirtschafts-Flächen umfunktioniert.
Erst 1964 gab es wieder 24 Klubs, zwanzig Jahre später bereits 30 Klubs mit 11’000 Mitgliedern.
Umweltschutz und Golfplatz
In den frühen 80er Jahren des letzten Jahrhunderts sei dann jedes neue Golfprojekt von Bauern und Umweltorganisationen systematisch bekämpft worden, erklärte ASG-Präsident Christian Grand in einem Bericht des «TagesAnzeigers».
«Mittlerweile hat sich die Doktrin der Landwirtschaft geändert. Man ist froh um jeden Betrieb, der in einen Golfplatz umfunktioniert wird. Zudem haben die meisten Golfplatz-Initiatoren erkannt, dass sie am vorteilhaftesten von Beginn weg mit Naturschutz-Organisationen zusammenarbeiten.»
Auch wenn es am European Masters von Crans-Montana, einem der grössten Sportanlässe der Schweiz, noch nie einen Schweizer Sieg gegeben hat, hat doch der Golfsport als solches sein Image als Altherrensport hierzulande weitgehend ablegen können.
swissinfo, Gaby Ochsenbein
10 Schweizer Spieler in Crans-Montana
(5 Profis, 5 Amateure)
46’000 organisierte Golfer in der Schweiz
Über 80 Golfplätze
Erste Golfanlage: 1891 in St. Moritz
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