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Neun Stunden in Kabul

Bundesrat Deiss in einer kleinen, improvisierten Bäckerei. Keystone

Der Schweizer Aussenminister besuchte am Dienstag die afghanische Hauptstadt. Joseph Deiss brachte Unterstützung mit: Die Schweiz erhöht ihre Hilfe um eine Million Franken.

Das Ziel der Reise von Aussenminister Joseph Deiss nach Afghanistan war klar: «Wir wollten der neuen Regierung ein starkes politisches Signal geben.» Es gehe darum, die Verbindungen mit den Partnern der schweizerischen humanitären Hilfe zu intensivieren.

Deiss kam nicht mit leeren Händen: Die Schweiz werde die Hilfe für Afghanistan um eine Million Franken erhöhen, wie der Aussenminister bei seinem Besuch in Kabul ankündigte. Die Schweiz budgetierte für die Afghanistan-Hilfe im Jahr 2002 bereits 20 Mio. Franken.

Hilfe dringend nötig

Die Not ist gross in Kabul, Hilfe dringend nötig. Davon konnte sich die Schweizer Delegation nun selbst überzeugen. Schon kurz nach der Ankunft, noch beim Flughafen, wurden die Schweizer mit Bildern der Zerstörung konfrontiert: Zerbombte Häuser, Felder voller Löcher von Bomben und Granaten.

Die Sicherheit spielte eine grosse Rolle beim Besuch der Schweizer Delegation in Kabul: Wo auch immer der Aussenminister und seine Entourage sich hinbewegten, bewaffnete Soldaten blieben immer mit dabei.

Sicherheit ist in ganz Afghanistan ein riesiges Problem. So gehen in Kabul beispielsweise Delegierte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) am Abend nicht alleine aus dem Haus.

Vorbereitungen für den König

Der Besuch der Schweizer wurde für die Behörden in Kabul sozusagen zur Hauptprobe für die Rückkehr des ehemaligen afghanischen Königs. Nach Jahren in Italien ist er zur Zeit auf dem Weg zurück in sein Land. In den nächsten Tagen wird er in Kabul erwartet.

Zaher Shah wird am 10. Juni die Loya Jirga eröffnen, die grosse Versammlung der afghanischen Stammesführer. Sie soll eine neue Regierung wählen.

Gegenüber dem Präsidenten der Loya-Jirga-Kommission, Mohammad Ismael Qasimyar, erläuterte Deiss die Eigenheiten der direkten Demokratie in der Schweiz. Die Loya Jirga kennt ebenfalls direktdemokratische Elemente.

Unterstützung der Deza

Neben politischen Gesprächen (unter anderem auch mit der Frauenministerin Sima Samar) machten sich die Schweizer auch ein Bild von momentanen Alltag in Kabul: In einem Quartier, das beim Kampf gegen die Taliban durch die USA beinahe vollständig zerstört worden war, backten Frauen auf dem blossen Steinboden Brot: eine kleine, improvisierte Bäckerei.

Die Deza, die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, unterstützt dieses und ähnliche Projekte. Was bescheiden aussieht, ist oft aber sehr wichtig: Mit solcher Hilfe erhalten einige der Witwen aus den Kriegswirren die Möglichkeit, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

«Für die Frauen ist es praktisch unmöglich, ohne den Schutz eines Mannes zu leben und nicht betteln gehen zu müssen», berichtete Vreni Frauenfelder, Verantwortliche einer kleinen Entwicklungs-Organisation aus Schaffhausen, die in Kabul arbeitet.

Frauenfelder setzt grosse Hoffnungen in Sima Samar, die «grande dame de l’Afghanistan». Innert nur 6 Monaten hätten die Frauen gelernt, dass es möglich sei, anders zu leben als nach den fundamentalistischen Vorschriften der Taliban.

Auf gutem Weg

Auch Jean-Pascal Moret vom IKRK betonte, es werde wieder gelebt: «Die Strassen sind belebt, man hört Musik und die Kinder spielen», erzählte er. Vieles ist auch wieder in Schwung gekommen: Barbiere und andere Kleinst-Unternehmerinnen und -unternehmer beginnen wieder, Geschäfte zu machen.

Moret kannte das Land auch unter der Taliban-Herrschaft. Für ihn gibt es keinen Zweifel: Trotz aller Probleme ist das Land auf dem richtigen Weg.

Marc-André Miserez, Islamabad und Agenturen

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