Zivildienst ohne Gewissens-Prüfung
Das Schweizerische Zivildienst-Komitee fordert die Abschaffung der Gewissens-Prüfung. Ein Verurteilter tritt aus Protest in Hungerstreik.
Nach wie vor würden Militärdienst-Verweigerer zu harten, unbedingten Strafen verurteilt, kritisierte das Komitee. Zehn Jahre nach dem Ja des Schweizer Stimmvolks zur Einführung eines Zivildienstes sei das Problem der Militärdienst-Verweigerung nach wie vor nicht gelöst, kritisierte das Komitee am Mittwoch in Luzern.
Das Gesetz weise grosse Mängel auf. Wer Zivildienst leisten wolle, müsse sich einem aufwendigen Zulassungs-Verfahren stellen. Darin eingeschlossen sei eine Gewissens-Prüfung, obwohl der Zivildienst die Hälfte länger daure als der noch zu leistende Militärdienst.
Der blaue Weg
Statt ein Zivildienst-Gesuch einzureichen, suchten viele den Psychiater auf. Die hohen Ausmusterungs-Quoten aus dem Militärdienst und insbesondere die vielen Entlassungen aus den Rekrutenschulen zeigten dies überdeutlich.
Wer trotzdem ein Zivildienst-Gesuch einreiche, habe statistisch gesehen zwar gute Chancen. Acht von zehn Gesuchen würden bewilligt. Doch hinter den abgelehnten Gesuchen stünden Menschen mit einer Überzeugung, die nicht in das Schema der Kommissionen passten.
Wer nicht einen Gewissenskonflikt mit dem Militärdienst glaubhaft machen könne, falle durch. Akzeptiert würden nur moralisch-ethische Begründungen.
Gefängnis statt Zivildienst
Die Konsequenz davon sei eine Verurteilung. Sie wurde am Beispiel des Verweigerers Marino Keckeis illustriert: Er wollte laut eigenen Aussagen auf Grund aufrichtiger Gewissens-Konflikte den Militärdienst nicht absolvieren, war aber bereit, Zivildienst zu leisten. Sein Zivildienst-Gesuch wurde abgelehnt, und er wurde zu fünf Monaten Gefängnis unbedingt verurteilt.
Hungerstreik angekündigt
Keckeis sitzt seit vergangenem 15. Januar im Strafvollzu. Er fordert das Parlament auf, in der kommenden Märzsession bei der Revision des Zivildienst-Gesetzes die Gewissens-Prüfung abzuschaffen. «Wer Zivildienst leisten will, soll dies auch tun dürfen», forderte er. Das eigene Gewissen könne nicht be- und verurteilt werden. Um der Forderung Gewicht zu verleihen, kündigte Keckeis an einer Medienkonferenz den Beginn eines Hungerstreiks für Mittwochabend an.
Laut dem Komitee ist Keckeis kein Einzelfall. In diesen Tagen sei ein Militärdienst-Verweigerer im Tessin zu acht Monaten Gefängnis verurteilt worden, obwohl auch er bereit gewesen sei, Zivildienst zu leisten.
swissinfo und Agenturen
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