«Erben können ja drei oder vier Villen verkaufen»
Die Juso will mit ihrer Erbschaftsinitiative hohe Vermögen radikal besteuern. Ist das Anliegen berechtigt? Oder schadet es uns allen? Darum geht's in Let's talk, der Polit-Debatte für Auslandschweizer:innen.
In der Schweiz besitzt das reichste Prozent mehr als 40% der Vermögen. Während die ärmsten 50% nur rund 1% haben. Die Ungleichheit wächst und die Superreichen werden immer reicher.
Diese wachsende Ungleichheit adressieren die Jungsozialist:innen mit ihrer Erbschaftssteuer-Initiative.
Wir haben die Initiative hier erklärt:
Mehr
Erbschaftssteuer für Superreiche: Die Juso-Initiative kurz erklärt
Im Let’s talk-Studio kreuzen Mirjam Hostetmann, die Präsidentin der Juso Schweiz, und Jonas Lüthy, der Präsident der Jungfreisinnigen, die Klingen.
Die Erbschaftssteuer-Initiative will eine Steuer von 50% für Vermögen über 50 Millionen Franken einführen, die an Nachkommen vererbt oder verschenkt werden. Die dadurch eingenommenen Gelder sollen zur Bekämpfung des Klimawandels eingesetzt werden.
Hält die Erbschaftssteuer, was sie verspricht?
Für Initiantin Mirjam Hostetmann ist klar: «Je mehr Geld man hat, desto klimaschädlicher investiert man.» Sie fordert: «Dann sollte man zumindest nach dem Tod einen Teil zum Klimaschutz beitragen.»
Denn die Klimakrise verursache künftig enorme Kosten. «Die breite Bevölkerung, die diese Krise unter dem Strich nicht verursacht hat, soll nicht bezahlen müssen», sagt die Juso-Politikerin.
Ob dies mit der Erbschaftssteuer-Initiative erreicht werden kann, zweifelt Jonas Lüthy an. Er befürchtet weniger Wohlstand und weniger Arbeitsplätze.
«Letztlich führt die Initiative zu Steuerausfällen. Damit muss der Mittelstand mehr bezahlen.» Doch nicht nur das: «Die Initiative führt dazu, dass der Standort geschädigt wird», argumentiert Lüthy als Vertreter der Gegnerschaft der Erbschaftssteuer-Initiative.
Zudem befürchtet er, dass die von der Steuer betroffenen Vermögenden abwandern. «Wenn Sie wohlhabend sind, sind Sie sehr mobil», sagt er und verweist auf den Steuerwettbewerb innerhalb der Schweiz. Ein solcher Wettbewerb spiele auch international: «Die Leute gehen dorthin, wo die Steuern tief sind.»
«Natürlich werden einige Leute gehen», beschwichtigt Initiantin Hostetmann. Aber Reiche zu besteuern, das habe sich für den Staat noch immer ausbezahlt.
Steuergeschenke an die Reichen?
Die Jungsozialistin dreht das Argument von Lüthy um und sagt, was ihrer Meinung nach wirklich Geld kostet: «Steuerwettbewerb, Steuergeschenke an Reiche, Pauschalbesteuerung und keine Steuern auf Kapitaleinkommen.» Das alles koste die Bevölkerung in der Schweiz Milliarden.
Lüthy hingegen hegt Sorgen, was die Familienunternehmen anbelangt, denn die Vermögenswerte steckten praktisch immer gebunden in Unternehmen. «Wenn diese Steuer kommt, muss man seine Anteile am Unternehmen verkaufen», sagt er.
Auch hier beschwichtigt Hostetmann. «Die Erben können drei oder vier Villen verkaufen, wenn die Steuer beglichen werden muss.» Mit gesunden Renditen habe man dieses Geld auch schnell wieder reingeholt. Zudem seien Unternehmen mit einem Wert über 50 Millionen in der Regel keine KMUs.
Mehr
Da eröffnet Lüthy den nächsten Angriff: «Eure Initiative sieht keine einzige konkrete Massnahme vor», wirft er Hostetmann vor.
Er anerkennt, dass ein Teil des Wirtschaftswachstums derzeit auf Kosten der Umwelt gehe. «Doch dann müsste man das CO2 dort bepreisen, wo es ausgestossen wird», sagt er – gemäss dem Verursacherprinzip.
Hostetmann wiederum ist es ein Anliegen, dass die Vermögensungleichheit früh bekämpft wird. Denn sie sieht einen neuen Feudalismus, der sich weltweit breit macht.
«Dieser Geldadel destabilisiert die Demokratie», sagt sie. «Ich möchte keine US-amerikanischen Verhältnisse.»
Der Jungfreisinnige Jonas Lüthy gesteht: «Diese Schere tut sich auf. Es hat ein Ausmass erreicht, wo auch ich mir Fragen stelle.»
Zugleich seien in den letzten Jahrzehnten aber auch die globale Armut und die Kindersterblichkeit drastisch reduziert worden. «Das ist ein Argument für das System, in dem wir leben.»
In einer ersten Umfrage zu den Abstimmungsabsichten erhält die Erbschaftssteuer-Initiative der Jungsozialist:innen wenig Zuspruch.
Wir haben hier darüber berichtet:
Mehr
SRG-Umfrage: Erbschaftssteuer fällt durch, Service citoyen hat es schwer
Editiert von Samuel Jaberg
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch