SRG-Umfrage: Erbschaftssteuer fällt durch, Service citoyen hat es schwer
Die erste SRG-Umfrage zu den beiden Abstimmungsvorlagen vom 30. November zeigt eine deutliche Ablehnung der Reichensteuer sowie einige Skepsis gegenüber einem allgemeinen Dienst für alle Bürgerinnen und Bürger.
Wäre bereits am 10. Oktober 2025 über die Erbschaftssteuer-Initiative der Jungsozialist:innen Juso abgestimmt worden, wäre diese abgelehnt worden.
Bei der Service-citoyen-Initiative hätte es ein Patt gegeben. Das ist das Ergebnis der ersten SRG-Umfrage zu den Vorlagen vom 30. November, die von gfs.bern durchgeführt wurde.
Derzeit trifft die Initiative «Für eine engagierte Schweiz (Service-citoyen-Initiative)» auf Zustimmung: 48 Prozent der Teilnehmenden hätten für die Vorlage gestimmt, 46 Prozent dagegen, 6% sind unentschieden
Bei den befragten Auslandschweizer:innen unterscheidet sich die Meinungsbildung zu dieser Initiativen nur in Nuancen. Bei ihnen liegt die kumulierte Ablehnung jedoch bereits bei 49%.
Verunsicherte Auslandschweizer:innen
Die Service-Citoyen-Initiative will die Wehrpflicht für Männer zu einer allgemeinen Dienstpflicht für alle Schweizer Staatsbürger:innen ausweiten. Somit müssten auch Frauen einen Dienst für die Allgemeinheit und die Umwelt leisten. Der Dienst könnte in der Armee, im Zivilschutz oder in anderen Bereichen absolviert werden.
Zum Nachlesen: Wir haben diese Initiative hier erklärt.
Mehr
Ein Milizdienst für alle? Die Schweiz entscheidet an der Urne
In Teilen der Diaspora besteht derzeit noch Unsicherheit darüber, ob auch Auslandschweizer:innen von dieser möglichen Bürgerpflicht betroffen wären.
Bereits heute gilt auch die Wehrpflicht für «jeden Schweizer» – im Wortlaut also gleich wie im Initiativtext. Eine explizite Ausnahme für Auslandschweizer:innen sieht auch der Initiativtext nicht vor. Dennoch ist die Situation der Auslandschweizer pragmatisch geregelt und bewährte Praxis: Sie haben keine Dienstpflicht.
Noémi Roten, die Präsidentin des Initiativ-KomiteesExterner Link, sagt gegenüber Swissinfo: «Die Situation der Auslandschweizerinnen und -schweizer ändert sich faktisch nicht im Vergleich zu heute.»
Das Muster weist auf ein Nein hin
Die Chancen für die Initiative sind zwar noch intakt, aber gut sieht es nicht aus. Das Resultat der ersten Abstimmungsumfrage im Auftrag der SRG entspricht zwar einer Pattsituation. Allerdings neigen Volksinitiativen im Laufe des Abstimmungskampfs dazu, an Zustimmung zu verlieren.
Dieses Muster dürfte es auch der Service-citoyen-Initiative schwer machen, den gegenwärtigen Ja-Anteil in den verbleibenden fünf Wochen zu halten. «Sollte sich der übliche Verlauf auch im Fall der Service-citoyen-Initiative einstellen, wäre ein Nein am Abstimmungssonntag wahrscheinlich», urteilt gfs.bern
Zudem stellen die Meinungsforscher:innen fest, dass die Contra-Argumente in der öffentlichen Debatte stärkeres Gewicht erhalten. «Das verstärkt bestehende Zweifel an der Vorlage.»
Sympathisanten von GLP, SP und GPS stellen sich mehrheitlich hinter die Vorlage. Die deutlichsten Stimmen gegen die Vorlage kommen aus den Reihen der FDP.
Erbschaftssteuer vor dem Nein
Eindeutig auf ein Nein steuert die Erbschaftssteuer-Initiative der Juso zu. Hier sind 49% der Befragten klar dagegen und weitere 13% eher dagegen. Nur 38% sind dafür.
Gesicherte Zustimmung kommt lediglich aus der Anhängerschaft von SP und Grünen.
Die Erbschaftssteuer-Initiative will eine Steuer von 50 Prozent für Vermögen über 50 Millionen Franken einführen, die an Nachkommen vererbt oder verschenkt werden. Die dadurch eingenommenen Gelder sollen zur Bekämpfung des Klimawandels eingesetzt werden.
Zum Nachlesen: Wir haben diese Initiative hier erklärt.
Mehr
Erbschaftssteuer für Superreiche: Die Juso-Initiative kurz erklärt
Rund zwei Drittel der Befragten zweifeln jedoch an der Wirksamkeit der geplanten Steuer. Sie befürchten, dass Vermögende diese umgehen oder ins Ausland abwandern könnten. In ähnlichem Ausmass bestehen gemäss der Umfrage Sorgen, dass Firmenerben in Liquiditätsschwierigkeiten geraten und Familienunternehmen gefährdet werden könnten.
Skeptische Auslandschweizer:innen
Die Ablehnung bei den Befragten aus dem Ausland ist mit kumulierten 57% ebenfalls deutlich, aber nicht ganz so ausgeprägt wie im Inland, wo die Ablehnung 62% beträgt.
Das Argument der Befürworter:innen, dass Reiche stärker zum Klimaschutz beitragen sollen, stösst auf breite Sympathien. Die Initiative geniesst zudem gewisse Resonanz bei Frauen und bei jungen Menschen sowie im Tessin.
Dennoch erwarten die Profis von gfs.bern auch hier das klassische Schicksal der Volksinitiativen, «Die Wahrnehmung dürfte sich weiter weg von der Problemdefinition hin zu den Schwächen und Risiken des Lösungsansatzes verschieben. Erfahrungsgemäss lässt dies den Nein-Anteil weiter steigen», schreibt gfs.bern dazu.
Die Umfrage im Auftrag der SRG fand zwischen 6. und 20. Oktober statt mit dem 10. Oktober als mittlerem Befragungstag. Befragt wurden 14785 stimmberechtigte Schweizerinnen und Schweizer. Der Stichprobenfehler liegt bei plus minus 2.8 Prozentpunkten.
Editiert von Samuel Jaberg
Mehr
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch