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E-ID vor einem Ja, Eigenmietwert auf der Kippe

E-ID Eigenmietwert Abstimmung
Die Abstimmung vom 28. September rückt näher. Beim Eigenmietwert wird es knapp. Keystone / Salvatore Di Nolfi

Zwei Wochen vor der Abstimmung zeigt die zweite Befragung der SRG: Die E-ID dürfte kommen, beim Eigenmietwert ist alles offen.

Aufatmen bei einem Grossteil der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland: Die elektronische Identität E-ID scheint im Trockenen. «Wir gehen von einer hohen Wahrscheinlichkeit der Annahme aus», sagt Meinungsforscher Lukas Golder von gfs.bern. Das Institut hat die Befragung im Auftrag der SRG durchgeführt, der Muttergesellschaft von Swissinfo.

Die Einführung einer E-ID ist ein traditionelles Anliegen der Auslandschweizer-Organisation. Sie verspricht sich davon Erleichterungen im Umgang mit den Schweizer Behörden, allenfalls auch im Bankverkehr.

Umso erstaunlicher war bei der ersten Befragungswelle die relative Zurückhaltung dieses Elektorats zur entsprechenden GesetzesvorlageExterner Link. Dies hat sich inzwischen entwickelt: Die Zustimmung ist von 52% auf 60% angestiegen, die Ablehnung ist gleichzeitig gesunken.

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Damit entspricht das Elektorat der Schweizer Diaspora wieder dem erwarteten Muster. Gründe für die verfestigte Zustimmung bleiben spekulativ. Doch in den einschlägigen Facebook-Gruppen wird das Thema diskutiert und Mitglieder des Auslandschweizer-Rats machen lautstark auf den Urnengang aufmerksam.

Damit befürwortet die Schweizer Diaspora die E-ID auch leicht stärker als die Gesamtheit der Stimmberechtigten.

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Auch gesamthaft gesehen liegt die Zustimmung bei 59%. Die Meinungsforschenden sprechen von einer verfestigten Zustimmung.

E-ID «eine Frage des Vertrauens»

Die Meinungsbildung, die bei der E-ID-Vorlage zwischen der ersten und zweiten Umfragewelle erfolgt ist, zeigt deutliche Muster. So ist die Kritik an der E-ID bei der ländlichen Bevölkerung deutlich gewachsen. Zugenommen hat sie auch bei jenen, die den Institutionen misstrauisch gegenüberstehen sowie bei den SVP-nahen Stimmberechtigten und bei Parteiungebundenen.

E-ID Abstimmung
Pilotprojekt für einen Lernfahrausweis auf Basis der E-ID. Keystone / Cyril Zingaro

«Es ist letztlich eine Frage des Vertrauens in die Institutionen», sagt Golder von gfs.bern. «Wer wenig Misstrauen hat, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür stimmen.»

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Gastgeber/Gastgeberin Katy Romy

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Männer stehen deutlich hinter dieser Behördenvorlage, Frauen sind kritischer. Das entspricht einem in der Politikforschung bekannten Muster, welches sich bei Vorlagen betreffend Armee, Umweltpolitik oder Technologie immer wieder zeige.

Für die zweite Umfrage zu den eidgenössischen Abstimmungen vom 28. September 2025 befragte das Institut gfs.bern zwischen dem 3. und 11. September 14’461 Stimmberechtigte. Die statistische Fehlermarge liegt bei +/-2,8 Prozentpunkten.

Auffallend ist schliesslich auch, dass die Frage um die E-ID von lediglich zwei starken Argumenten geprägt wird, die alles dominieren. Das stärkste Ja-Argument lautet: «Die E-ID ist wichtig, damit die Schweiz mit der Digitalisierung mithalten kann.»

Das stärkste Argument für ein Nein heisst: «Die E-ID ist nicht sicher und schützt die Privatsphäre nur ungenügend.» Die Debatte verlaufe bisher aber «relativ schwach ausgeprägt», wie eine Auswertung der Medienberichterstattung gezeigt habe, sagt Golder.

Eigenmietwert verliert Zustimmung

Viel weniger eindeutig als bei der E-ID präsentiert sich die Lage bei der Vorlage zur «kantonalen Liegenschaftssteuer»Externer Link, die inzwischen besser als «Abschaffung des Eigenmietwerts» bekannt ist.

Die Zustimmung ist seit der ersten Welle unter Druck geraten. Sie beträgt kumuliert – «klar dafür» plus «eher dafür» – noch 51%. Das sind sieben Prozentpunkte weniger als bei der ersten Umfragewelle im August. Bei den Auslandschweizer:innen ist die Zustimmung tiefer, sie liegt bei 49%.

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«Die Ablehnung ist angestiegen, die Zustimmung ist gleichzeitig gesunken», sagt gfs.bern-Politologin Martina Mousson. «Deshalb sprechen wir von einem Nein-Trend, auch wenn die Mehrheit zustimmend bleibt.»

Das heisst aber nicht, dass gfs.bern ein Nein erwartet. Denn noch verfangen die Argumente der Pro-Seite stärker. «Wir sehen mehr Zustimmung für die Pro Argumente und auch eine stärkere Wirkung dieser Argumente», erklärt Mousson. Das spreche für ein Ja. «Deshalb müssen wir es offen lassen», so Mousson.

Gleichzeitig haben seit August alle Pro Argumente an Zustimmung eingebüsst und alle Gegen-Argumente zugelegt. Kurz vor der Schlussmobilisierung hat die Kampagne der Gegnerschaft also bereits gegriffen.

Mietende versus Wohneigentümer:innen

Das stärkste Argument der Gegnerseite heisst: «Die Abschaffung des Eigenmietwerts entlastet vor allem Reiche.» Das Pro-Argument, das bei den Befragten am stärksten punktet, lautet: «Wohneigentum wird breiter erschwinglich.»

Dass diese beiden Argumente die Spitze bilden, passt zu einer weiteren Feststellung der Meinungsforschenden: Die primäre Konfliktlinie verläuft bei dieser Vorlage zwischen Mietenden und Wohneigentümer:innen. Beide sind mit je 62% klar dagegen, beziehungsweise klar dafür.

Politisch liegen die Pole im entsprechenden Links-Rechtsschema mit den Grünen auf der linke Seite, deren Wählerschaft am geschlossensten gegen den Systemwechsel ist und den SVP-Wählenden am andern Pol, die am geschlossensten dafür sind.

Deutlicher Röstigraben beim Eigenmietwert

Klar ausgeprägt ist auch ein Röstigraben. Die Romandie ist gegen die Vorlage, die Deutschschweiz dafür. Auch wenn sich die Umfrage-Daten von gfs.bern für eine Analyse der Kantone nicht ideal eignen, zeigt der aktuelle Stand doch einen knappen Ja-Anteil in den Kantonen. Fünf Kantone, hauptsächlich in der Romandie, liegen im Nein, 15 tendenziell im Ja und sechs sind offen. «Es könnte für das Ständemehr reichen», folgern die Meinungsforschenden.

Eine Vorlage für «Falsch-Stimmen»

Für exakte Prognosen erschwerend sei die Komplexität der Vorlage, sagt Martina Mousson. Ihr Kollege Lukas Golder geht zudem davon aus, dass einige Stimmberechtigte die Vorlage falsch verstehen könnten. Etwa darum, weil auf den Stimmzetteln nicht explizit von «Abschaffung des Eigenmietwerts» die Rede sei. Oder weil die «Einführung einer Steuer» befürwortet werden könnte, auch wenn erstmal eine Steuer abgeschafft werde.

Eigenmietwert Abstimmung
Verwirrende Vorlage: Ist das Kreuz am rechten Ort? Keystone / Martial Trezzini

Die Forschung spricht bei derart verwirrenden Vorlagen von sogenannten «Falsch-Stimmen». Das sind Stimmen, die Stimmberechtigte aus einem Missverständnis hinaus entgegen dem eigenen Wertekompass in die Urne legen.

Laut Golder gibt es Beispiele von Urnengängen mit einem «Falsch-Stimmen»-Anteil von 20%. Ein demokratiepolitisches Problem sieht der Politologe darin aber nicht. Denn: «Die Falsch-Stimmen beider Lager können sich aufheben», sagt er.

Editiert von Samuel Jaberg

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