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Statt Spenden: Stiftungen und NGOs entdecken Impact Investing

Keystone-SDA

Immer mehr Schweizerinnen und Schweizer wollen mit ihrem Geld nicht nur Gutes tun, sondern auch die Wirkung messen. Stiftungen und klassische Hilfswerke müssen sich anpassen.

(Keystone-SDA) Als ihr Mann während der Pandemie seinen Job verlor, begann eine Hausfrau in einer kleinen Garage in Indonesien, für ihre Nachbarschaft zu kochen. Heute beschäftigt sie elf Hilfskräfte und liefert täglich bis zu 800 Mahlzeiten aus, unter anderem an Hotels.

Sie ist eine von rund 4000 sogenannten Home-Chefs, die der Onlineplattform Bukapo angehören. Diese verbindet Köchinnen und Köche auf einem digitalen Marktplatz mit Privatkunden und Unternehmen.

Das Geschäftsmodell fasziniert den Schweizer Peter Wuffli. Der frühere UBS-Chef hat vor 20 Jahren die gemeinnützige Elea-Stiftung gegründet. Über diese ist er in rund 30 junge Unternehmen in armutsbetroffenen Ländern investiert, darunter auch Bukapo.

Klassische Spenden verlieren den Reiz

«Wir sehen eine steigende Nachfrage von Menschen und Institutionen, die ihr Geld so einsetzen wollen, dass es messbar eine soziale Wirkung erzielt», sagt Wuffli im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Gerade die jüngere Generation wolle heute «unternehmerischer» unterwegs sein, also ihr Geld nicht einfach nur spenden.

Mit gutem Grund, findet Wuffli. Für die Bekämpfung von absoluter Armut seien unternehmerische Modelle besser geeignet. Denn diese seien langfristiger ausgelegt. «Ein Unternehmer denkt in Dekaden, wenn nicht gar in Generationen», sagt er. Die Entwicklungszusammenarbeit folge hingegen einer Projektlogik mit einem Budget für wenige Jahre.

Die Stiftung Elea hat ihr Gründungskapital von 20 Millionen Franken seit der Gründung durch externe Zuwendungen mehr als verdreifacht. Damit hat die Stiftung heute also mehr Geld für Beteiligungen zur Verfügung. «Unser Anspruch ist es, bei Investitionen wie Bukapo 80 bis 100 Prozent des Kapitals zurückzuerhalten», so Wuffli.

Über eine Billion Dollar im Sektor

Laut einer Auswertung des Global Impact Investing Network verwalteten zuletzt knapp 4000 Organisationen weltweit Impact-Investment-Vermögenswerte von rund 1,6 Billionen Dollar. Seit 2019 ist der Sektor jährlich um gut ein Fünftel gewachsen.

Die Schweiz gilt als spendenfreudiges Land. Laut dem «Jahrbuch der Hilfswerke 2025» der Universität Basel haben im vergangenen Jahr 82 Prozent der Haushalte gespendet. Im Schnitt ist das viermal so viel pro Kopf wie in den Nachbarländern.

Doch die klassische Spendenlogik gerät unter Druck. «Im Non-Profit-Sektor wird es zunehmend schwieriger, ausreichend Gelder zu akquirieren», sagt Georg von Schnurbein, Professor für Stiftungsmanagement an der Universität Basel.

Hingegen setzten manche Stiftungen und Investoren vermehrt auf Darlehen oder Defizitgarantien, bei denen sie potenziell einen Teil des Geldes zurückerhalten. «So können sie ihr Geld mehrfach einsetzen und die Wirkung erhöhen», erklärt der Professor. Laut ihm sollten auch NGOs solche Finanzierungsmodelle entwickeln.

Heks als Investing-Vorreiterin

Eine Organisation, die das tut, ist das Hilfswerk der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (Heks). Dieses gründete bereits 2021 ein Impact-Investment-Vehikel. Damit werden kleine und mittlere Unternehmen im ländlichen Subsahara-Afrika gefördert, die das Leben von Kleinbauern und deren Familien verbessern.

Vergangenes Jahr hat Heks zusammen mit der Somaha Stiftung und dem Zürcher Unternehmen iGravity zudem die eigenständige Impact-Investment-Firma Balim gegründet. «Der Prozess, als traditionelles Hilfswerk ein Impact-Investment-Unternehmen aufzubauen, war nicht einfach», erzählt Marisa Althaus, Teamleiterin Akquisition und Partnerschaften bei Heks.

Dennoch lohne sich der Schritt: «Wir brauchen Impact Investing, um mittelfristig andere Finanzierungsquellen zu erschliessen.» Damit werde man unabhängiger von oft volatilen Spenden und Entwicklungsgeldern.

«Für Mehrheit der Projekte nicht möglich»

Auch Caritas Schweiz verfolgt derzeit die Entwicklungen in dem Bereich. «Impact Investment kann in der internationalen Zusammenarbeit eine sinnvolle Ergänzung darstellen», sagt Martina Weber von der Organisation.

Laut Weber könnte Caritas künftig Unternehmen in Projektländern begleiten und Investoren fachlich beraten. Allerdings seien die Einsatzmöglichkeiten begrenzt: «Die grosse Mehrheit unserer Projekte findet in Kontexten statt, in denen Investitionen nicht möglich oder nicht verantwortbar sind.» Also zum Beispiel in wirtschaftlich instabilen Ländern, die für Unternehmen wenig attraktiv seien.

Für die Impact-Investing-Branche ist nun wichtig, dass neue Rahmenbedingungen entstehen – sowohl für Stiftungen als auch für NGOs. Bisher war beispielsweise in vielen Kantonen unklar, ob steuerbefreite Stiftungen Social Investing auf der Anlageseite oder auf der Förderseite verbuchen können.

Die Schweiz bietet gemäss Experte von Schnurbein mit ihrem starken Finanzmarkt, dem grossen Anteil an humanitärem Kapital und der flexiblen Rechtsprechung gute Voraussetzungen für den Sektor. «Es braucht nur noch die entsprechenden Volumina, um das effizient gestalten zu können», so der Professor.

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