Die Woche in der Schweiz
Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland
In der Woche, in der die ersten Schneeflocken im Schweizer Mittelland fielen, blieben die Temperaturen hoch. Die Schweizer Zeitungen analysierten das kürzlich vereinbarte Zollabkommen zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten aber eher kühl. Sie brauchten dafür Wörter wie «Demütigung», «Kotau» und «Unsicherheit».
Journalistinnen und Journalisten – und auch alle anderen – wurden jedoch durch ein Ereignis im Kosovo am Dienstagabend aufgemuntert: Die Schweiz qualifizierte sich mit einem Unentschieden souverän für die Fussball-Weltmeisterschaft 2026.
Letzten Freitag gaben die Schweiz und die Vereinigten Staaten bekannt, dass sie eine Vereinbarung über Zölle für Schweizer Exporte erzielt haben. Ist das gut? Die meisten begrüssten die Nachricht mit resigniertem Unterton: Der neue Satz von 15% ist besser als 39%, aber noch weit entfernt vom Ideal.
«Von Anfang an wurde die Schweizer Regierung vom Bewohner des Weissen Hauses gedemütigt. In der Gewissheit seiner Stärke führte er den Bundesrat an der Nase herum – dieser hatte keine andere Wahl, als an den Verhandlungstisch zurückzukehren und dabei Qualen und Spott zu erleiden», schrieb La Liberté in Fribourg, die von einem «Pyrrhussieg» sprach.
Sie wies darauf hin, dass Schweizer Unternehmen im Rahmen des Abkommens gezwungen würden, bis 2028 200 Milliarden US-Dollar (160 Milliarden Franken) in den USA zu investieren, «was unweigerlich die Verlagerung von Arbeitsplätzen über den Atlantik mit sich bringen wird», und die Schweiz müsse Importe von «kontroversen landwirtschaftlichen Produkten wie hormonbehandeltem Rindfleisch oder chloriertem Hühnerfleisch» akzeptieren.
Michel Darbellay, stellvertretender Direktor des Schweizer Bauernverbands, spielte die potenziellen Auswirkungen des Abkommens herunter. «Es ist in erster Linie eine Erleichterung für den Milchmarkt, für Käseexporte, aber auch für Schweizer Schokolade», sagte er gegenüber dem Schweizer Radio und Fernsehen SRF. Er wies darauf hin, dass «chlorbehandeltes Hühnerfleisch verboten ist» in der Schweiz und sagte, die Vorstellung, dass Schweizer Supermärkte mit amerikanischem Fleisch überschwemmt würden, sei übertrieben. «Wir haben die strengsten Tierschutzbestimmungen der Welt.»
Die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) schrieb, die Zölle mögen auf 15% reduziert worden sein, aber dies liege deutlich über dem Durchschnitt von 3%, der zu Jahresbeginn in Kraft war. Sie fügte hinzu, dass es immer noch viel Unsicherheit bezüglich Trumps nächster Absichten gebe. «Die Politik in Washington ist und bleibt ein grosses Risiko für die Schweiz, mit oder ohne Trump», so die NZZ.
Verhandlungen müssen nun die die Absichtserklärung in eine detaillierte konkrete Vereinbarung übersetzen. «Der Weg vorwärts scheint voller Hindernisse», prognostizierte die NZZ am Sonntag.
Eine Mehrheit der Schweizer Stimmberechtigten sowohl im Inland als auch im Ausland wird am kommenden Sonntag voraussichtlich zwei Volksinitiativen – zur Erbschaftssteuer und zur allgemeinen Dienstpflicht – ablehnen.
Es sieht nach einer schweren Niederlage für die Jungsektion der Sozialdemokratischen Partei aus, die Superreiche in der Schweiz auf ihr Erbe besteuern und das Geld zur Bekämpfung der Klimakrise einsetzen will. Nur 30% der befragten Stimmberechtigten wollen den Vorschlag unterstützen, so das Resultat der zweiten Abstimmungsumfrage des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag der SRG, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Die Idee findet auch bei den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern keinen Anklang, obwohl diese tendenziell eher für Massnahmen zum Schutz der Umwelt stimmen als die Schweizerinnen und Schweizer im Inland. Insgesamt sind 64% der befragten Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer gegen den Plan, 33% unterstützen ihn und 3% sind unentschlossen.
Die andere Vorlage, über die am 30. November abgestimmt wird – die allgemeine Dienstpflicht für alle, einschliesslich Frauen – ist kaum erfolgreicher, da die Zustimmung während des Abstimmungskampfs eingebrochen ist.
Gemäss der gfs.bern-Umfrage sind 64% der Befragten dagegen, 18 Prozentpunkte mehr als vor einem Monat. Nur 32% sind noch dafür, und 4% haben sich noch keine Meinung gebildet. Die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sind in ähnlichem Ausmass dagegen: 62% geben an, Nein zu stimmen, 34% unterstützen das Vorhaben und 4% sind unentschlossen.
Tut sie es? Tut sie es nicht? Seit Monaten kursieren Gerüchte, dass die Schweizer Grossbank UBS ihren Hauptsitz in die Vereinigten Staaten verlegen wird, wenn die Schweizer Regierung bei den neuen Eigenkapitalvorschriften nicht nachgibt. Diese Woche wurde bekannt, dass UBS-Präsident Colm Kelleher und US-Finanzminister Scott Bessent die Angelegenheit privat besprochen hatten.
Die Trump-Regierung sei «offen dafür, einen der wertvollsten Vermögenswerte der Schweiz willkommen zu heissen», schrieb die Financial Times, welche die Nachricht am Montag veröffentlichte und dabei «drei mit dem Gespräch vertraute Personen» zitierte.
Die offizielle Position der UBS hatte sich nicht geändert: «Wie wir wiederholt gesagt haben, wollen wir weiterhin erfolgreich als globale Bank von der Schweiz aus operieren.»
Thomas Jordan, ehemaliger Präsident der Schweizerischen Nationalbank, sagte am Dienstag im Schweizer Fernsehen SRF, er könne nicht beurteilen, ob ein solcher Schritt der UBS realistisch sei, aber er machte deutlich: «Wichtig ist, dass man nicht mit solchen Drohungen kommt.» Er ergänzte, es brauche einen objektiven Dialog zwischen der Regierung und der Bank über die Eigenkapitalvorschriften, ohne Emotionen. Stabilität sei einerseits nötig und ein lebensfähiger Finanzsektor andererseits. «Das ist nicht nur für die UBS und den Finanzsektor wichtig, sondern für die gesamte Wirtschaft», sagte Jordan.
Die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft der Männer hat sich für die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr in Nordamerika qualifiziert, obwohl sie am Dienstag gegen Kosovo nur 1:1 spielte.
«Solide, ohne brillant zu sein», lautete das Urteil des Westschweizer Fernsehens RTS. «Die Schweizer Mannschaft musste sich mit einem Unentschieden begnügen, das es ihr ermöglichte, das Kalenderjahr zum ersten Mal seit… 1945 ungeschlagen zu beenden! Es bedeutet auch, dass sie sich direkt für eine sechste WM in Folge qualifiziert hat, nach 2006, 2010, 2014, 2018 und 2022.»
«Das ist wahrlich beeindruckend», schrieb Blick. «Die Schweiz, dieses kleine Land auf dieser grossen, weiten Welt, qualifiziert sich zum siebten Mal in Serie für ein grosses Turnier.» Die Schweizer schafften es letztmals nicht zur Euro 2012, haben aber seither an jeder Europa- und Weltmeisterschaft teilgenommen.
Die Mannschaft von Trainer Murat Yakin beendete die Gruppe B auf dem ersten Platz und schloss damit eine ungeschlagene Qualifikationsrunde ab. Die Schweiz nimmt nun als eines von 48 Teams – das Format wurde von 32 Teams erweitert – an der WM 2026 teil, die vom 11. Juni bis 19. Juli 2026 in den USA, Mexiko und Kanada stattfindet.
Die kommende Woche
Am Montag findet der diesjährige Berner Zibelemärit statt, ein Zwiebelmarkt mit jahrhundertealter Tradition. Lokale Bäuerinnen und Bauern kommen mit rund 50 Tonnen sorgfältig geflochtener Zwiebeln in die Hauptstadt.
Am Dienstag führt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz eine Konferenz über globale Megatrends und deren Umsetzung im spezifischen Fall der Erdbebensicherheit durch.
Am Mittwoch und Donnerstag findet im KKL in Luzern Das European Economic Forum statt, «Europas führende Wirtschaftskonferenz für aktuelle und zukünftige Führungskräfte».
Am Sonntag stimmen die Schweizerinnen und Schweizer über zwei nationale Vorlagen ab: eine Erbschaftssteuer und eine obligatorische Milizpflicht. Swissinfo wird Ihnen alle Resultate und Analysen liefern.
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