Heute in der Schweiz
Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland
Das Schweizer Parlament kennt zwar keinen eigenen Wahlkreis für Auslandschweizerinnen und -schweizer – dennoch hat nun ein Vertreter der «Fünften Schweiz» Einzug in den Nationalrat gehalten.
In dieser Ausgabe berichten wir ausserdem über eine neue Studie zur Feindseligkeit gegenüber gewählten Politikerinnen und Politikern sowie über aktuelle Entwicklungen zur Schweizer Beteiligung an den EU-Programmen Horizon und Erasmus+. Zum Schluss stellen wir Ihnen ein ethisches Dilemma rund um das Lebensende zur Diskussion.
Viel Vergnügen bei der Lektüre.
Nach der Wahl von Nicolas Walder in die Regierung des Kantons Genf wird Rudi Berli, ein in Frankreich lebender Schweizer, seinen Platz im Nationalrat einnehmen.
Der aus Zürich stammende Gärtner, der seit Langem in der Gewerkschaft Uniterre engagiert ist, lebt in Pougny – etwa einen Kilometer von der Grenze entfernt. Täglich überquert er die Grenze, um in den Jardins de Cocagne in der Nähe von Genf zu arbeiten – und wird dies auch weiterhin tun. «Ich muss weiterhin auf den Feldern bleiben, sonst wird es in Bern schwierig», sagt der Vertreter der Grünen (Ökologische Linke), der sich für ein demokratisches, von unten verwaltetes Europa der Regionen und Gebiete einsetzt.
Berli ist der vierte im Ausland lebende Abgeordnete, der einen Sitz im Nationalrat innehat. Vor ihm waren es Ruedi und Stephanie Baumann – ein Ehepaar, das den Kanton Bern in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren im Bundeshaus vertrat und während seiner letzten Legislaturperiode nach Frankreich zog.
Ein weiteres Beispiel ist Tim Guldimann, ehemaliger Schweizer Botschafter im Iran und später in Deutschland, der 2015 für Zürich in den Nationalrat gewählt wurde – während er in Berlin lebte. Er gab sein Amt nach zwei Jahren auf, da es ihm schwerfiel, seine parlamentarischen Aufgaben mit seinem weit entfernten Wohnort zu vereinbaren.
Die Mehrheit der in die Schweizer Legislative gewählten Personen berichtet, Opfer feindseliger Handlungen oder Äusserungen geworden zu sein. Dies geht aus einer Studie der Universität Zürich hervor, die im Auftrag des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements durchgeführt wurde.
Für die Erhebung befragte die Universität über 3’500 Amtsträgerinnen und Amtsträger auf kommunaler, kantonaler und Bundesebene. Viele von ihnen gaben an, während ihrer Amtsausübung beleidigt, bedroht, mit Hassrede konfrontiert oder sogar körperlich angegriffen worden zu sein.
Auf Bundesebene sind nahezu alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier betroffen. Auf kommunaler Ebene trifft es insbesondere Frauen sowie Angehörige religiöser, ethnischer oder sexueller Minderheiten.
Diese Entwicklung hat auch demokratiepolitische Folgen: Je sichtbarer eine gewählte Person ist, desto häufiger wird sie Ziel feindseliger Handlungen. Aus diesem Grund meiden Frauen und Minderheiten öffentliche Auftritte eher als Männer und Angehörige der Mehrheitsgesellschaft.
Die EU-Mitgliedstaaten haben die Europäische Kommission ermächtigt, das Abkommen über europäische Programme (EUPA) mit der Schweiz zu unterzeichnen. Dieses regelt die Teilnahme der Schweiz unter anderem an den Programmen Horizon, Euratom, ITER und Erasmus+.
Die Unterzeichnung des Abkommens ist für den 10. November in Bern vorgesehen, wie der Rat der Europäischen Union bekannt gab. «Ich bin sehr froh darüber», kommentierte Bundesrat Guy Parmelin kurz darauf auf X.
Durch die Unterzeichnung kann die Eidgenossenschaft rückwirkend per 1. Januar 2025 am Forschungsprogramm Horizon teilnehmen. Obwohl Forscherinnen und Forscher bereits Fördermittel beantragen können, werden diese erst nach der Unterzeichnung ausgezahlt.
Die Schweiz wird dann schrittweise an den anderen Programmen teilnehmen, beispielsweise an ITER (zum Bau eines thermonuklearen Versuchsreaktors) ab 2026 und am Forschungs- und Ausbildungsprogramm Erasmus+ ab 2027.
Damit das EUPA jedoch endgültig umgesetzt werden kann, muss die Schweiz bis Ende 2028 die Verfahren für das Inkrafttreten des gesamten Abkommenspakets mit der EU abschliessen, um das sich eine intensive politische Debatte abzeichnet.
Die französischsprachige Tageszeitung 24 Heures widmet sich heute der heiklen Debatte um Sterbehilfe und Organspende. Obwohl beides in der Schweiz legal ist, wirft die Frage nach der Organspende nach einem Freitod komplexe ethische Fragen auf, sagt Paul Hoff, Präsident der Zentralen Ethikkommission der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW)Externer Link.
Hoff betont die Wichtigkeit der Selbstbestimmung, befürchtet jedoch, dass die Aussicht auf eine Organspende Menschen bei der Entscheidung über ihren Tod beeinflussen könnte.
In einer Stellungnahme aus diesem Jahr schlägt die Ethikkommission keine verbindlichen Richtlinien vor, sondern ruft zu einer breiten öffentlichen Debatte darüber auf, wie Sterbehilfe und Organspende miteinander vereinbar sind.
Derzeit ist in der Schweiz die Organspende nach einem assistierten Suizid erlaubt, aber konkret wurde sie noch nie praktiziert. Etwa 10% aller Menschen, die Sterbehilfe in Anspruch nehmen, könnten medizinisch für eine Spende geeignet sein. In der Schweiz sind das etwa 170 Personen pro Jahr.
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