
Wie aus «Muni Max» «Max der Uristier» wurde

Er ist riesig – und gross war auch die Kontroverse um den 21 Meter hohen Stier aus Holz: Der «Muni Max», das spektakuläre Wahrzeichen des Eidgenössischen Schwing- und Älplerfests 2025 in Glarus, zieht nach Uri. Ein kultureller Verlust, der in Glarus für Kritik und politische Unruhe sorgte.
Das Eidgenössische Schwing- und ÄlplerfestExterner Link ESAF findet nur alle drei Jahre statt. Entsprechend imposant sollte deshalb das Wahrzeichen der diesjährigen Ausgabe werden, die Ende August in Mollis im Kanton Glarus durchgeführt wurde.
Der Stier, im Schwinger-Jargon ein Muni, sprengte denn auch alle Vorstellungen: 21 Meter in der Höhe, 36 Meter in der Länge und etwa 10 Meter in der Breite. Sein Gewicht: satte 182 Tonnen. Schon während dem Aufbau wurde er zu einer grossen Attraktion.
220 Firmen und rund 500 Holzbau-Lernende aus der Ostschweiz beteiligten sich an der Konstruktion des Riesenstiers. Er besteht aus mehr als 1200 Kubikmetern Schweizer Holz. 437 vorgefertigte Teile sind mit fast 19’000 Schrauben verbunden.

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Aber genug der Zahlen. Das symbolträchtige Kunstwerk sollte laut den Initiantinnen und Initianten die perfekte Verbindung von traditioneller Handwerkkunst und moderner Holzbau-Technologie zum Ausdruck bringen und für den kulturellen Wert des Schwingens in der Schweiz stehen.
Was aber hat ein Stier oder eben ein Muni mit dem inoffiziellen Schweizer Nationalsport Schwingen zu tun? Ganz einfach: Der Sieger des ESAF gewinnt traditionell einen Muni, dieses Jahr war es der Bündner Armon Orlik, der Muni hiess «Zibu».

«Muni Max» sollte aber keine Eintagsfliege bleiben. Nach dem Fest stellte sich die Frage, wo dieser Gigant künftig eine neue Heimat finden sollte. Verschiedene Gemeinden und Kantone zeigten Interesse, darunter Glarus, St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden, Schwyz, Graubünden und Uri.
Uri gewinnt den Stierkampf
Der Kanton Uri allerdings konnte einen gewichtigen Trumpf ausspielen: Sein Kantonswappen ziert ein Stierkopf. Rasch wurde der Verein «Max der Uristier» aus der Taufe gehoben, der sich für einen Kauf des Riesentiers einsetzte und rasch die nötige Finanzierung sichern konnte.
«Der grösste Muni der Schweiz für den Kanton mit dem mächtigen Stier im Wappen – es könnte kaum passender sein», kommentierte der BlickExterner Link.

Insgesamt rechnen die Projektverantwortlichen mit Kosten von etwa 1,85 Millionen Franken, wobei sich der Kaufpreis für den Stier auf 1,2 Millionen Franken beläuft.
Viele Firmen aus Uri und der Zentralschweiz trugen zur Finanzierung bei. Darunter auch der ägyptisch-montenegrinische Unternehmer Samih Sawiris, der in Andermatt ein Tourismusprojekt mit mehreren Hotels, Ferienhäusern und Ferienwohnungen errichtet hat. «Er ist wichtig, aber nicht der Hauptzahler», sagte Vereinspräsident Franz-Xaver Simmen gegenüber 20 MinutenExterner Link.
Ein neuer Name
Weil aber niemand im Kanton Uri einen Stier «Muni» nennt, wird Max einen neuen Namen erhalten. Als «Max der Uristier» soll er zudem in seinem Innern zugänglich gemacht werden. So ist ein Lift geplant, der Besuchende in die vier Etagen des Kolosses hochbringen soll.
Zudem ist vorgesehen, dass Max analog zum Wappentier des Kantons Uri einen Nasenring verpasst erhalten soll. Dieser werde aus regionalem Holz hergestellt und wie auf dem Kantonswappen rot eingefärbt.
Max soll künftig permanent im Gebiet Nätschen oberhalb von Andermatt stehen und dort Interessierte anlocken, einen touristischen Impuls setzen und als Symbol für Tradition und Innovation dienen.

Glarus ist nicht happy
Der Entscheid für Uri löste in Glarus und Umgebung heftige Reaktionen aus. Regionale Politikerinnen und Politiker zeigten sich enttäuscht, ja sogar frustriert.
Die Befürchtung: Mit dem Wegzug nach Uri würde nicht nur ein spektakuläres Kunstwerk, sondern auch ein wirtschaftlicher und kultureller Gewinn verloren gehen.
«Es ist schade, dass Max nicht bleibt. Wir hätten auch in fünfzehn Jahren noch was von ihm gehabt», sagte der Glarner Landrat Andreas Luchsinger von der Mittepartei gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Simone Eisenbart, Geschäftsführerin der Glarner Wirtschaftskammer, wurde gegenüber Watson emotionalExterner Link: «Ich bin sicher: Wenn Muni Max selbst reden könnte, würde er bei uns bleiben wollen.»

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Für viele Glarnerinnen und Glarner war Muni Max weit mehr als ein Holzgebilde – er war in kurzer Zeit zu einem lokalen Wahrzeichen geworden, zu einem Symbol für die Region und ihre Handwerkkunst.
Zudem hatten einige Umweltgruppen vorgeschlagen, Max im verkehrsfreien Glarner Ferienort Braunwald permanent aufzustellen. Diese Idee fand allerdings keine breite Unterstützung.
Viele bemängeln, dass dem Kanton Glarus eine klare Vision für eine künftige Nutzung des Riesenstiers gefehlt habe. Den Ausschlag für den Verlust von Muni Max habe letztlich das mangelnde Zusammenstehen in der Region gegeben.
Jakob Kamm, Präsident des ESAF-Organisationskomitees, versuchte die Wogen mit einem schweizerisch konzilianten Votum zu glätten: «Es ist egal, wo Max hinkommt. Er wird immer in Verbindung mit unserem wunderbaren Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest stehen», sagte er gegenüber Keystone-SDA.

In Uri sind auch nicht alle happy
Unterdessen wurde Max in 32 Lastwagen mit Polizeieskorte in den Kanton Uri gefahren. Man sehe den Kauf als Chance, den Holzstier als kulturelles und touristisches Wahrzeichen im Kanton zu etablieren, hiess es in Medienberichten.
Allerdings wurden in Andermatt auch kritische Stimmen laut, weil die Baubewilligung im Schnellverfahren erteilt werden soll. Andere Bauprojekte müssten viel länger auf Entscheide warten. Zudem ist in Andermatt, dessen Dorfwappen ein schwarzer Bär ist, ein Streit um die Symbolik entbrannt, wie der Sonntagsblick berichtetExterner Link.
Editiert von Balz Rigendinger
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