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Hausaufgaben vor Mattarellas Schweizer Staatsbesuch

ASO-Präsident Filippo Lombardi und die Schweizer Botschafterin in Rom, Monika Schmutz Kirgöz, am 14. Mai in Florenz. Balz Rigendinger

Endlich wieder direkte Begegnungen und Austausch: Der Auslandschweizer:innen-Kongress am Wochenende in Florenz war für viele ein dankbarer Anlass, gesellig und informativ. 

56’000 Schweizerinnen und Schweizer leben in Italien. Über hundert von ihnen fanden sich am Wochenende in Florenz zusammen. Die neue Schweizer Botschafterin in Rom, Monika Schmutz Kirgöz, unterstrich dabei die enge Bande, welche die Schweiz mit Italien eint.

Die Schweiz kauft in Italien gleichviel ein wie die drei Volkswirtschaften von China, Indien und Russland zusammen, nannte sie als Beispiel – die Statistik stamme noch von vor dem Angriffskrieg Russlands, fügte sie in perfektem Italienisch an.  “Beide Staaten teilen sich eine 800 Kilometer lange Landesgrenze, die mehr verbindet als trennt”, sagte die Botschafterin.

Endspurt beim Grenzgänger-Abkommen

Ganz ungetrübt ist das Verhältnis der Schweiz und Italien aber nicht. Beide Länder schieben seit Jahren ein Grenzgänger-Besteuerungsabkommen vor sich her. Derweil zeigt sich das Tessin von den 75‘000 Grenzgänger:innen, die täglich aus Italien dorthin zur Arbeit pendeln, zunehmend herausgefordert. Beide Länder möchten eigentlich eine verbindliche Regelung zur Besteuerung dieser Pendler:innen, aber der Vorgang ist komplex. 

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Zudem figuriert die Schweiz seit mehr als 20 Jahren auf einer Schwarzen Liste Italiens, es ging ursprünglich um Steuern und Fluchtgelder. Dies hat laut Bundesrat zwar keine direkten Auswirkungen auf die Schweizer Banken. Die Liste habe aber einen “negativen Beigeschmack” für das Image der Schweiz. Erst Ende April hat Bundespräsident Ignazio Cassis Italien aufgefordert, die Schweiz endlich von dieser Liste zu streichen. “Es spielt keine Rolle, aber es ist hässlich, dort zu stehen”, sagte er.

Mattarellas Staatsbesuch steht fest

Im Herbst nun kommt Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella zum Staatsbesuch in die Schweiz. Bis auf das genaue Datum steht laut Botschafterin Schmutz-Kirgöz alles fest, ein Tag Bern mit dem Gesamtbundesrat und ein Tag in Zürich soll es werden. Es gibt somit Gelegenheit und Anlass, die letzten Störfaktoren aus der Welt zu schaffen. 

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Doch der Zeitplan wirkt ambitioniert. In der Schweiz ist zwar alles aufgegleist, um das Grenzgänger-Besteuerungsabkommen bis Ende Jahr durch die beiden Parlamentskammern zu bugsieren. Italien tut sich damit aber schwer. Das Geschäft war bis vor kurzem noch nicht mal auf der Agenda des Parlaments in Rom. Die Schweiz spricht Italien nun bei jeder Gelegenheit darauf an.

Italien hat ein Problem: Die aussenpolitische Kommission des Römer Senats, die das Abkommen ratifizieren muss, hat sich aufgelöst. All ihre Mitglieder sind aus Protest zurückgetreten, weil der Kommissionspräsident – ein glühender Putin-Verehrer – sich selbst nicht zum Rücktritt bewegen liess. So existiert die Equipe, die diesen bilateralen Vertrag eigentlich zur Vollendung führen sollte, derzeit nicht einmal. Ziel bleibt aber, dass das Abkommen am 1. Januar 2023 in Kraft treten kann.

ASO-Präsident Filippo Lombardi im Gespräch mit Gianfranco Definti, ASO-Delegierter für Italien. Balz Rigendinger

Besonders geschätzt wurde in Florenz die Anwesenheit von ASO-Präsident Filippo Lombardi. Es sei eine Weile her, dass sich ein ASO-Präsident in Italien gezeigt habe, bemerkte Gianfranco Definti, Vorstandsmitglied der ASO. Er führte mit Lombardi vor der Versammlung ein launiges Interview, das dem Präsidenten die perfekte Bühne für Ansichten und Anekdoten bot. Zum Thema E-Voting sagte er: “Es geht um mehr als das Wahlrecht, es geht um das Teilhaben an dieser wunderbaren direkten Demokratie.” 

Lombardi will Fachkräfte rufen

Es folgten Ausflüge in die Geschichte des Tessins, Lombardis Rolle beim mythischen Eishockey-Klub Ambri Piotta und ein deutlich geäusserter Wunsch, die ASO möge sich verjüngen. Er verriet auch, welche Überlegungen die ASO diesbezüglich anstellt. Mit einer neuen Initiative unter dem Titel “Back to Switzerland” will sie künftig junge Auslandschweizer:innen der zweiten oder der dritten Generation ansprechen, damit diese in die Schweiz kommen. Lombardi sieht in der geplanten Initiative eine Speerspitze gegen den Fachkräftemangel.

Für einen kurze Dankesrede extra aus der Schweiz ist auch Alex Hauenstein nach Florenz gereist, der Präsident der Stiftung für den Auslandschweizerplatz in Brunnen. Hauenstein informierte über die jüngsten Verbesserungen an diesem Ort am Vierwaldstättersee. Ein grosser Teil der Spenden, mit denen die Arbeiten finanziert wurden, kommen aus der Schweizer Diaspora in Italien – auch das ist ein deutliches Zeichen für die Verbundenheit der dort lebenden Schweizer:innen mit ihrer Heimat.

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