
30 Jahre nach dem Urschrei: Die Primärtherapie nach Janov lebt noch – auch in der Schweiz!
1970 unterzog sich Ex-Beatle John Lennon in den USA der Primärtherapie und machte damit deren Begründer Arthur Janov (Buch: "Der Urschrei") weltbekannt. In der Schweiz praktiziert heute noch die Psychotherapeutin Esther Odermatt nach Janov.
Im Dezember vor 19 Jahren wurde in New York der ex-Beatle John Lennon erschossen. Noch heute ein Schock für all diejenigen, die mit den Beatles gross und mit Lennon älter geworden sind. John Lennon steht nicht nur für unvergessliche Musik sondern auch für eine Zeitepoche und ihr Lebensgefühl. So war es auch Lennon, der in Los Angeles die „Urschrei-Therapie“, die eigentlich Primärtherapie heisst, besuchte und damit deren Begründer Arthur Janov bekannt machte und die Psychotherapie für breite Bevölkerungsschichten zum Thema machte. In der Schweiz praktiziert heute noch die Psychotherapeutin Esther Odermatt die «Original»-Therapie nach Janov (in Genf).
Zurück zu den Wurzeln von Janovs Primartherapie: Das Jahrzehnt wechselte. Aus den 60er Jahren wurden die 70er. Rückblickend mehr als ein Jahrzehnt, das zu Ende ging.
Die 60er stehen für den Aufbruch zahlreicher Menschen. Weg von den gesellschaftlichen Zwängen hin zur Selbstverwirklichung. Autoritäten werden in Frage gestellt. Neue Lebensformen ausprobiert. Der Protest gegen das Establishment ist mehr als „nur“ lange Haare. In den USA bestimmen die Proteste gegen den Vietnamkrieg das ausgehende Jahrzehnt und eine Lebensform: die „Hippies“ werden weltweit als Blumenkinder, die für Liebe und Frieden einstehen, herumgeboten. Die Kehrseite: der Drogenkonsum – LSD als Modedroge – nimmt ständig zu. Man spricht verklärend von Bewusstseinserweiterung.
In diese allgemeine Endsechziger-Stimmung, dringt die Kunde, dass John Lennon in Los Angeles eine Psychotherapie belegt habe, dass er dem „Urschrei“ auf der Spur sei. Der Urschrei – ein Buch des Los Angeles Psychologen Arthur Janov wurde zum Bestseller. Der neue Weg der Psychotherapie – wie Janov ausführte – zum Renner.
In der Öffentlichkeit erhielt die „Urschreitherapie“ ein Hippie- und Guru-Image. Das wiederum verklärte etwas den Blick auf das, was Janov wirklich meinte. Seine Primärtherapie, wie die Therapie wirklich heisst, geht auf die frühkindlichen Verletzungen ein, die unsere Neurosen verursachen. Eine Neurose kennen, heisst alle kennen, meinte Janov und das meint er bis heute.
Damit hat er allerdings, ein anderes Establishment aufgeschreckt, das der etablierten Psychiatrie. Janovs These ist gesellschaftspolitisch, überträgt sie doch die Verantwortung für die Leiden (und Lebensfreuden) den Alten, denn nur sie können Kinder verletzen oder nicht. Und wir alle waren mal Kinder und wir alle sind „Alte“.
Janov droht heute in Vergessenheit zu geraten. Dies obwohl seine Theorien, vielfach ohne Angabe der Quelle, geklaut und zu neuen Therapien umfunktioniert wurden. Therapien, die nicht selten auch den Namen Primärtherapie tragen. Auch in der Schweiz existieren solche „Ableger“. Janov kämpft noch heute dagegen und auf seiner Homepage nennt er auch die Namen.
Kein Ableger ist die Schweizer Psychotherapeutin Esther Odermatt. Sie hat ihre Praxis in Genf und hat bei Janov selber, in Los Angeles, studiert und wurde von ihm selber ausgebildet.
Urs Maurer (SRI)

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