Maria Caputo Mazzarella: Auch nach Arbeitsschluss im Tessin
Seit 13 Jahren fährt die italienische Journalistin und Bühnen-Schauspielerin Maria Caputo Mazzarella jeden Tag über die Grenze zur Arbeit ins Tessin. Sie beklagt sich nicht über die vielen Stunden, die sie in der Autokolonne verbringt: Sie hört Musik und geniesst die Landschaft.
«Grenzgängerin»: Ich habe mit der Definition dieses Begriffes keine Mühe. Für mich bedeutet er ganz einfach, dass ich aus naheliegenden Gründen jeden Morgen den italienisch-schweizerischen Zoll passiere. Vor und hinter mir liegen viele Kilometer Strasse, die es jeden Tag zurückzulegen gilt, und dies oft in einer langen Kolonne. Heute trifft das allerdings auf viele Arbeitende zu, nicht nur auf die Grenzgänger.
Es heisst, dass ich der italienischen Journalistin Lilly Gruber ähnlich sehe. Doch ehrlich gesagt gleicht sie eher mir. Uns beiden gemeinsam ist vielleicht die kämpferische Natur, abgesehen vom Beruf. Ich bin Journalistin und Direktorin des Lokalradios von Mendrisio.
Den 13 Jahren Arbeit im Tessin verdanke ich ein Stück Leben, Freundschaften, ein Hobby und hie und da eine Pizza mit meiner Theatergruppe «I Girondini», in der sich bühnenbegeisterte Schweizer und Italiener zusammenfinden. Eine höchst angenehme Beschäftigung, die oft an Arbeit grenzt, aber keinen Lohn abwirft. Ich bin also auch nach Ende meiner Arbeitszeit noch im Tessin.
In meinem beruflichen Umfeld stelle ich hier eine bessere Organisation und mehr Disziplin fest. Die Unterschiede zum Comasco – meinem Geburtsort, wo ich heute auch lebe – sind allerdings gering.
In meinem Beruf befasse ich mich tagtäglich mit dem Tessin und all seinen Aspekten. Könnte ich etwas ändern, würde ich beim Lohn ansetzen. Wäre ein Schweizer an meiner Stelle, würde er wahrscheinlich besser verdienen; dies trifft wohl auf alle Grenzgänger zu.
Doch ehrlich gesagt fühle ich mich nicht unterbezahlt. Die Grenzgänger-Situation kommt allen zugute: den Italienern, die im Tessin mehr Lohn beziehen als dies in Italien üblich ist, und ebenso den Schweizer Unternehmen. Sicher ist auch, dass die Italiener Arbeiten verrichten, die ein Tessiner ablehnen würde. Aber dieses Thema ist ja nicht neu.
Ich will zwar keine Klischees pflegen, doch würde ich mir vom Tessin etwas mehr Phantasie wünschen. Ideal wäre ein Mittelding zwischen italienischem Einfallsreichtum und Tessiner Disziplin. Ich liebe in diesem Kanton die Landschaft, die gute Luft, seine touristische Seite. Auch dies ein Klischee, aber ein sehr positives.
Wenn eines – hoffentlich fernen – Tages meine Laufbahn im Tessin zu Ende ist, wünschte ich mir, dass man die «Grenzgängerin-Journalistin» Maria Caputo Mazzarella als jemanden in Erinnerung behält, die sich dem Tessiner Tagesgeschehen mit Engagement, Anstand und Herz gewidmet hat. Das Herz kennt keine Grenzen.
Maria Caputo Mazzarella
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