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Wollen Sie alles über Allergien wissen? aha!

In Bern unterwegs - das Allergietram. www.ahaswiss.ch

Jede fünfte Person in der Schweiz leidet an einer Allergie, was Kosten von einer Milliarde Franken pro Jahr verursacht. Und laut Experten nimmt diese Entwicklung zu.

Aus diesem Grund wurde in Bern eine nationale Allergie-Kampagne gestartet.

Seit Mittwoch fährt in der Bundes-Hauptstadt ein neues Tram: jenes der Patientenorganisation aha! Schweizerisches Zentrum für Allergie, Haut und Asthma.

Die von Bernmobil zur Verfügung gestellte Tramkomposition ist in den Monaten März und April in Bern unterwegs. Auf den Tramwagen sind grosse Bazillen, Milben und Pollen aufgemalt und Slogans wie “Heuschnupfen? aha! hilft” zu lesen. Damit soll die Berner Bevölkerung daran erinnert werden, dass die Patientenorganisation in Sachen Allergien Auskunft und Ratschläge erteilt.

Aber nicht nur die Bewohner der Stadt Bern sollen von der Allergie-Sensibilisierungs-Kampagne profitieren. Bis Ende September ist ein aha!-Team in der ganzen Schweiz unterwegs und nimmt mit Standaktionen an Breitensport-Anlässen, wie den “slowUp events” teil.

Bei verschiedenen Gelegenheiten, wie am Grand Prix von Bern und den Aktionstagen von Zürich und Basel, kann sich das Publikum einem Allergierisiko-Test unterziehen. In weniger als einer Viertelstunde kann jede Person in Erfahrung bringen, ob sie allergisch ist auf Nahrungsmittel, Insektengift, Pollen oder Hausstaub-Milben.

Ungenügende Information

“Obwohl Allergien sehr verbreitet sind, sind die Leute darüber immer noch schlecht informiert”, sagt Annelise Lundvik, aha!-Kommunikations-Verantwortliche, gegenüber swissinfo. “Viele wissen nicht, dass die Lebensqualität von Allergikern mit gezielten gesundheitlichen Vorsichtsmassnahmen wesentlich verbessert werden kann.”

Zum Beispiel könnte mit geeigneten Massnahmen verhindert werden, dass ein so genannter Heuschnupfen zu Asthma führt, wie das in 30 Prozent der Pollen-Allergiefälle geschieht. Und mit ein paar wenigen Veränderungen in der Wohnung könnte das Leiden von Leuten mit einer Hausstaub-Milben-Allergie erleichtert werden.

“Tatsache ist, dass der grösste Teil der Patienten nicht einmal die Ursachen ihres Heuschnupfens kennt”, beklagt Anelise Lundvik. Deshalb sei die Informations-Kampagne so wichtig.

Im übrigen kann gute Beratung auch zur Eindämmung der Gesundheitskosten beitragen, die in Sachen Allergien nicht unbedeutend sind: Allergien verursachen in der Schweiz nämlich jährlich Kosten von mindestens einer Milliarde Franken.

Allein nur für Asthma-Kuren werden pro Jahr mehr als 200 Millionen Franken ausgegeben. “Und wenn man jegliche Formen von Allergie und die indirekten Kosten wie Einkommens-Verluste und Invalidität mit berücksichtigt, dann kommt man rasch auf eine Milliarde”, so Lundvik weiter.

Selten, aber gefährlich

Wie in den meisten anderen Ländern sind auch in der Schweiz die Pollen in der Luft der hauptsächliche Allergie-Faktor. Die verschiedenen Pollen-Allergien , darunter auch der so genannte Heuschnupfen, betreffen 15 bis 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung. Und von Staubmilben-Allergien sind 400’000 Personen direkt betroffen.

Die aha!-Allergie-Kampagne will die Bevölkerung auch über seltenere Allergie-Formen informieren, wie die Nahrungsmittel- oder die Insektengift-Allergie, obwohl von diesen nur vier Prozent der Bevölkerung betroffen sind.

“Gewisse Nahrungsmittel-Allergien können Schock-Zustände auslösen”, sagt Professor Brunello Wüthrich, renommierter Allergologe, gegenüber swissinfo. “Wie zum Beispiel Bienen- und Wespen-Stiche. Darüber sollten die Leute unbedingt informiert werden.”

In der Schweiz sterben jedes Jahr drei bis fünf Menschen an Insektenstichen. “Dabei handelt es sich meistens um Leute, die ungenügend informiert waren und über keine Notfall-Apotheke verfügten”, erklärt Annelise Lundvik. Und Nahrungsmittel wie Nüsse, Eier, Krustentiere oder Sellerie könnten schwere Allergien verursachen, fügt sie bei.

Die Zahl der Allergiker nimmt zu

Trotz grosser medizinischer Fortschritte hat sich die Anzahl der Allergiker in den letzten Jahren stetig erhöht.

“1926 war weniger als einer auf hundert Schweizer allergisch auf Pollen, 1958 war es schon eine auf zwanzig Personen, und heute spricht man von mindestens einer auf sieben Personen”, erklärt Professor Wüthrich. “Gleichzeitig gibt es auch immer mehr Hautkrankheiten, insbesondere Neurodermitis.”

Die Gründe für die Zunahme dieser Krankheiten sind laut Experten vielfältig. Das geht von genetischen Charakteristiken bis zu Klimaveränderung, vom “westlichen Lebensstil” bis zu Veränderung des Lebensrhythmus und zu Stress, vom zunehmenden motorisierten Strassenverkehr bis zu neuen Ernährungs-Gewohnheiten.

Eine ganze Palette von Faktoren also. Auch wenn die neue aha!-Allergie-Kampagne diese kaum alle ausmerzen kann, erhofft sie sich doch eine Sensibilisierung der Bevölkerung in dieser Sache.

swissinfo, Fabio Mariani
(Übertragung aus dem Italienischen: Jean-Michel Berthoud)

Am verbreitesten in der Schweiz ist die Pollen-Allergie. Rund 15 – 20% der Bevölkerung sind davon betroffen.
Weitere 400’000 Personen leiden an einer Staubmilben-Allergie.
Weniger verbreitet sind Insektengift- und Nahrungsmittel-Allergien, die Schockzustände bewirken können.
Jedes Jahr sterben in der Schweiz 3 bis 5 Personen an Insektenstichen.

Das Schweizerische Zentrum für Allergie, Haut und Asthma aha! informiert via Broschüren und auf Internet und macht telefonische Beratungen (infoline: 031/359 90 50).

aha! organisiert zudem Ferienlager für Kinder, die an Allergien oder Asthma leiden, und hilft Patienten dabei, ihre Lebensqualität zu verbessern.

Die Patientenorganisation aha! wurde im Jahr 2000 gegründet und ist als unabhängige Stiftung organisiert.

Finanziert wird sie mit Spendengeldern und vom Bundesamt für Sozialversicherungen.

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