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Lage in Odessa spitzt sich nach Muster russischer Krim-Annexion zu

(Keystone-SDA) Die Lage in der südukrainischen Schwarzmeer-Metropole Odessa spitzt sich weiter zu: Prorussische Kräfte haben am Sonntagnachmittag die Zentrale der Polizei angegriffen. Die mehr als 2000 Demonstranten riefen “Faschisten, Faschisten”, als sie das Gebäude stürmten.

Zugleich forderten sie die Freilassung einiger Gesinnungsgenossen, die nach den Zusammenstössen am Freitag mit Dutzenden Todesopfern festgenommen worden waren. Die Angreifer waren mit Knüppeln bewaffnet und durchbrachen ein Tor mit zwei Lastwagen.

Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk bezeichnte die tödliche Gewalt und den Brand in Odessa als Teil eines russischen “Planes zur Zerstörung der Ukraine”: Es sei Russlands Ziel gewesen, “in Odessa zu wiederholen, was sich im Osten des Landes ereignet.”

Eine Sonderkommission der Generalstaatsanwaltschaft soll nach Jazenjuks Worten die schweren Unruhen in der südukrainischen Hafenstadt mit mindestens 46 Toten und mehr als 200 Verletzten untersuchen. Er warf prorussischen Demonstranten vor, die Gewalt “wesentlich provoziert” zu haben. “Wir werden alle Anstifter und alle Organisatoren finden”, sagte Jazenjuk am Sonntag bei einem Besuch in der Millionenstadt am Schwarzen Meer.

Für die Strassenschlachten in Odessa machte Jazenjuk auch die Sicherheitskräfte mitverantwortlich. Wenn die Polizei richtig arbeiten würde, hätte sie die Lage rechtzeitig entschärft, sagte er in Odessa. Die komplette Führung der örtlichen Miliz werde entlassen, denn sie sei “ineffizient” und habe Vorschriften verletzt, sagte der Regierungschef weiter.

Der ukrainische Geheimdienst SBU macht die einstige Führung um den entmachteten Präsidenten Viktor Janukowitsch für die Gewalt verantwortlich. Von seinem Exil in Russland aus habe insbesondere Ex-Regierungschef Sergej Arbusow die Zusammenstösse organisiert, hatte eine Sprecherin gesagt. Arbusow wies die Vorwürfe am Sonntag als “zynisch und frech” zurück.

Burkhalter trifft Putin in Moskau

Unterdessen schaltete sich die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ein. Wie das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Sonntagabend mitteilte, wird Bundespräsident Didier Burkhalter in seiner Funktion als OSZE-Vorsitzender am Mittwoch in Moskau mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammentreffen, um nach Auswegen aus dem Konflikt in der Ukraine zu suchen.

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