Beltrametti querschnittgelähmt

Nach einem schweren Sturz in der Abfahrt von Val d'Isère ist der 22-jährige Bündner Silvano Beltrametti vom 7. Rückenwirbel an abwärts gelähmt.
Die offizielle Diagnose der Ärzte im Universitätsspital von Grenoble, wohin Beltrametti nach seinem Sturz am Samstag geflogen worden war, lautet auf «verschobenen Bruch in der Höhe der Brustwirbel sechs bis sieben». Will heissen: Querschnittlähmung. Beltrametti wird sich künftig im Rollstuhl bewegen müssen.
Einige Zeit musste sogar um das Leben des Rennfahrers gebangt werden. Neben seiner Wirbelfraktur hatte er sich auch innere Verletzungen zugezogen. Blut floss in einen Lungenflügel. Glücklicherweise konnten diese Blutungen von den Ärzten in Grenoble unter Kontrolle gebracht werden.
Inzwischen befindet sich Beltrametti ausser Lebensgefahr. Sein Zustand wird als stabil bezeichnet. Kreislauf und Atmung werden auf der Intensivstation überwacht. Silvano Beltrametti ist ansprechbar und über seinen Zustand informiert.
«Ich bin gelähmt.»
Der folgenschwere Unfall hatte sich im Mittelteil der Strecke ereignet. Nach einem «Verschneider» fuhr Beltrametti mit etwa 120 km/h direkt auf eine Werbe-Banderole zu, durchschlug diese wie auch das dahinter fixierte Netz und rutschte knapp zehn Meter in einen steilen Wald mit Geröll.
Zwischen zwei Bäumen, mit dem Kopf nach unten und dem Rücken auf einem grossen Stein, blieb Beltrametti liegen. Dieser Stein dürfte nach Ansicht des Schweizer Teamarztes Dr. Thierry Maître die Wirbelsäulenfraktur ausgelöst haben.
«Ich glaube, ich schaffe das nicht.»
Beltrametti war sich über die Schwere seiner Verletzungen sofort bewusst. «Dieter, gelähmt bin ich ohnehin. Das weiss ich», sagte er zu seinem Cheftrainer Dieter Bartsch, der 150 m bergauf zu Hilfe geeilt war. «Aber ich habe noch andere Probleme. Ich glaube, ich schaffe das nicht.»
Sehr schnell erfolgte an der Unfallstelle die medizinische Erstversorgung durch Teamarzt Maître aus Lausanne, einen erfahrenen Rega-Arzt, der ihn mit Infusionen versah und den Kreislauf stabilisierte. Fast während der ganzen Zeit war Beltrametti bei Bewusstsein.
Die Suche nach dem passenden Helikopter
Mehrmals erkundigte sich Beltrametti nach dem Helikopter. Weil der Unfallort aber schwer zugänglich zugänglich war, musste der Bündner zuerst an eine andere Stelle am Pistenrand verlegt werden. Vom Rettungsdienst musste ein kleinerer Helikopter angefordert werden, weil der erste (grössere) am Unfallort nicht landen konnte und mit keiner Seilwinde ausgerüstet war.
Fast anderthalb Stunden dauerte es, bis Beltrametti – nach einer Zwischenstation mit einem weiteren Helikopter-Wechsel neben dem Zielraum – den Flug ins 170 km entfernte Grenoble in Angriff nehmen konnte.
Überführung in die Schweiz vermutlich am Montag
Im Spital von Grenoble benötigt Silvano Beltrametti weiterhin intensive Pflege. Die Familie Beltrametti hat zusammen mit dem Arzt vor Ort entschieden, dass Silvano am Montag nach letzten Untersuchungen mit der Rega von Grenoble ins Paraplegiker-Zentrum nach Nottwil transportiert wird.
Dies unter der Bedingung, dass Beltramettis Zustand stabil bleibt. Auf ärztlichen Rat und ausdrücklichen Wunsch der Familie wird es in nächster Zeit nicht möglich sein, Beltrametti zu besuchen.
Ein Vierteljahrhundert nach Collombin
Über der Piste O.K. von Val d’Isère scheint ein Fluch zu liegen. Vor genau 25 Jahren ging dort nämlich die Karriere von Roland Collombin zu Ende. Zwei Winter hintereinander landete der legendäre Romand im Paraplegiker-Zentrum – und kam beide Male geheilt wieder heraus.
Zweimal hob Collombin etwa 500 m weiter oberhalb der Unfallstelle von Silvano Beltrametti ab und flog beide Male im Flachen auf den Rücken. Kaum einer stürzte sonst dort oben. In Erinnerung an diese Stürze wurde jene Passage «Bosse à Collombin» genannt.
Heute ist diese Stelle praktisch inexistent, die Collombin-Welle Geschichte. Auch dort, wo Beltrametti aus der Piste katapultiert wurde, hatte es bisher kaum Stürze gegeben.
swissinfo und Richard Hegglin (sda)

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