Bauarbeiter wehren sich gegen überlange Arbeitszeiten
Mehrere hundert Baubeschäftigte haben am Freitag in Bern für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag und gegen überlange Arbeitszeiten demonstriert. Statt dem Fachkräftemangel mit besseren Bedingungen zu begegnen, machten die Baumeister das Gegenteil.
(Keystone-SDA) Die Protestierenden versammelten sich auf dem Berner Waisenhausplatz. Die meisten Baustellen in Bern und Umgebung standen am Freitag still, wie Unia-Vertreter an einem Point de Presse sagten. Betroffen waren demnach auch die Grossbaustellen für den Umbau des Bahnhofs Bern und das neue Polizeizentrum in Niederwangen.
Nach der Kundgebung auf dem Waisenhausplatz stand ein Umzug durch die Stadt auf dem Programm. In diesem Jahr läuft der Landesmantelvertrag der rund 80’000 Bauarbeitenden aus. Die fünfte Verhandlungsrunde ging diese Woche ergebnislos zu Ende.
«Ohne Bauarbeiter geht nichts, das zeigen wir heute», sagte Chris Kelley, Co-Leiter Sektor Bau der Gewerkschaft Unia. Dem Baugewerbe würde bis 2030 jeder vierte und bis 2040 jeder dritte qualifizierte Maurer oder Vorarbeiter fehlen, erklärte Sektorleiter Nico Lutz. Fünf Jahre nach der Lehre würden zehn Prozent die Branche verlassen.
Dennoch wolle der Schweizerische Baumeisterverband die Arbeitsbedingungen verschlechtern, sagte Lutz. Besonders auf den Nägeln brennen den Beschäftigten die langen Arbeitszeiten und die Anfahrtszeiten von der Firma auf die Baustellen.
Übermässig lange Arbeitstage
Die Baumeister wollten 400 Überstunden im Jahr und den Samstag als normalen Arbeitstag ohne Zuschlag festschreiben. Weiterhin verweigerten sie die andernorts normale Bezahlung der Znünipause. Die Anfahrtszeiten wollten die Arbeitgeber auf bis zu zweieinhalb Stunden am Tag festlegen, sagte Lutz. Eine halbe Stunde davon sei unbezahlt. Das führe zu übermässig langen Arbeitstagen.
Auch mit dem Argument der höchsten Löhne nach der Lehre sei es nicht weit her, fuhr Lutz fort. Die Anfangslöhne nämlich sollen nach dem Willen der Baumeister um ein Viertel sinken. Von diesen Positionen sei die Arbeitgeberseite in fünf Verhandlungsrunden nicht im Geringsten abgerückt.
Sollte der 2025 auslaufende Landesmantelvertrag – der Gesamtarbeitsvertrag im Bauhauptgewerbe – nicht erneuert werden, drohen die beiden Gewerkschaften Unia und Syna 2026 mit einem Branchenstreik.
Landesweite Aktionen
Mit Protesten und Arbeitsniederlegungen in allen Landesteilen machen die Gewerkschaften derzeit auf ihre Anliegen aufmerksam. Den ersten Protesttag gab es am 20. Oktober im Tessin. Nach Bern folgen nächste Woche die Romandie und die Nordwestschweiz, später Zürich.
Der Schweizerische Baumeisterverband berät in der kommenden Woche an der Delegiertenversammlung über das weitere Vorgehen. Die Baumeister wollen die Wochenarbeitszeit bei 40,5 Stunden belassen und flexible Arbeitszeiten, damit die Baustellen selbstständig beispielsweise verlorene Schlechtwetter-Arbeitszeit kompensieren können. Das bedeutet gemäss den Gewerkschaften Arbeit am Samstag.