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Junger Grüner zieht sich für Botschaft auch mal aus

Girod (Nummer 4) und Parteikollegen bei einem Protest gegen die Politik von Leibesvisitationen durch die Zürcher Polizei. jungegrüne.ch

Bastien Girod, einer der jüngsten Schweizer Parlamentarier, hat nach einigen spektakulären und erfolgreichen Kampagnen einen recht hohen Bekanntheitsgrad.

Girod, Mitglied der Grünen, erklärt, neben Umweltfragen wolle er für eine gerechtere Gesellschaft und für Gewaltfreiheit kämpfen. Für seine erste Session, die am Montag begann, hat er aber keine Überraschungscoups geplant.

Bastien Girod hatte unter anderem als ein Drahtzieher des kontroversen Initiativ-Vorschlages, Autos mit besonders hohem Schadstoffausstoss zu verbieten, Schlagzeilen gemacht.

Und Fotos, auf denen er mit einer Gruppe Gleichgesinnter nackt gegen Leibesvisitationen der Zürcher Polizei protestierte, trugen weiter dazu bei, seinen Ruf als Jungpolitiker mit Flair für Extravaganz zu bekräftigen.

Zwei Dinge fallen an dem 26 Jahre alten Girod auf, der in Zürich lebt: Er sieht jünger und grösser aus als erwartet; und spricht mit verblüffender Überzeugung und Ungezwungenheit.

Girod fehlen selten die Worte. Er scheint ein Naturtalent zu sein, mit einem Hauch von jugendlicher Scheu; auf jeden Fall wirkt es so bei diesem Interview an einem grauen Novembermorgen in einer Zürcher Cafeteria.

Seine Antworten und die Art, wie er von seinem Cappuccino aufblickt, lassen die Frage aufkommen, wie weit er sich seines Talents bewusst ist. Sicher weiss Girod, welche Rolle die Medien heute in der Politik spielen.

“Ich habe Schritt für Schritt gelernt, wie wichtig das Zusammenspiel mit den Medien ist. Zuerst als Greenpeace-Aktivist und später auch bei den Jungen Grünen, wo wir rasch einmal lernten, mit welchen Aktionen man welche Medien-Resonanz auslöst”, sagt Girod.

Junge Generation

Girod will im Parlament seine, die junge, Generation vertreten und sich dafür einsetzen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse, vor allem in den Bereichen Klimawandel und Nuklearenergie, in politische Taten umgesetzt werden.

“Zwei der neu gewählten Parlamentarier sind noch jünger als ich. Sie vertreten aber konservative Parteien, die nicht eben vorausschauend sind. Die Verantwortung, für die Generation zu sprechen, die in 50 Jahren noch hier sein wird, liegt also bei mir.”

Er sei aber aufgeschlossen und pragmatisch genug, um einen Dialog über die Parteigrenzen hinaus zu suchen, um so mögliche Allianzen unter den jüngeren Mitgliedern des Parlaments schmieden zu können, sagt Girod.

“Ich habe persönlich keine Mühe, mich mit Leuten anderer politischer Ausrichtungen über unterschiedlichste Lösungsansätze zu unterhalten. Ich glaube grundsätzlich auch, dass die jüngere Generation im Bereich Umwelt eine höhere Sensibilität hat.”

Dennoch hegt Girod Zweifel, ob es einfach und möglich sein wird, mit Mitgliedern der rechts-konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) zusammenzuarbeiten, die er als “eine Kopie alter Haudegen in optisch zugänglicherer Form” bezeichnet.

Girod ist Umwelt-Wissenschafter und arbeitet zur Zeit an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) an einem Doktorat. Dass Umwelt-Themen auf seiner politischen Agenda an der Spitze stehen, ist denn auch nicht weiter überraschend.

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Nationalrat

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Der Nationalrat ist die Schweizer Parlamentskammer (Legislative) der Volksvertreter oder Abgeordneten (Grosse Kammer). Der Rat zählt 200 Parlamentarierinnen und Parlamentarier und vertritt das Schweizer Volk. Auf je 35’000 Einwohnerinnen und Einwohner eines Kantons kommt derzeit ein Mitglied im Nationalrat. Das einzelne Ratsmitglied wird “Nationalrat” oder “Nationalrätin” genannt. Nationalrat und Ständerat bilden zusammen die Vereinigte Bundesversammlung…

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Ungerechtigkeit und Gewalt

Neben Umweltfragen sorgt sich Girod um den wachsenden Graben zwischen Arm und Reich in der Schweiz und weltweit, sowie um die Gewalt, vor allem unter Jugendlichen in der Schweiz.

“Ich bin Pazifist, weiss aber sehr wohl, dass Gewalt ein Thema ist und wir nicht in einer friedlichen Welt leben. Man denke nur an die Bedrohung durch den Terrorismus.”

Dennoch erachtet Girod die Schweizer Armee in ihrer gegenwärtigen Form als überholt. Zudem könnten repressive Massnahmen allein nie der einzige Weg sein, um gegen Gewalt in der Gesellschaft zu kämpfen.

Aufgrund von Girods Antworten wird klar, dass er offensichtlich schon oftmals die Gelegenheit hatte, seine Ansicht zu verschiedenen Themen darzulegen.

Manchmal verfällt er zwar in einen Jargon, doch wenn er über Ambitionen für seine persönliche Karriere spricht, wirkt er dabei nicht überheblich.

“Im Moment ist vieles offen. Es hängt auch davon ab, was ich im Nationalrat bewirken kann, wie sich die politische Stimmung im Lande entwickelt und wie ich beruflich weiter komme. Wieso nicht ein Exekutivamt auf lokaler oder kantonaler Ebene? Das gibt einem auch die Möglichkeit, auf die Politik einzuwirken und Änderungen herbeizuführen.”

Girod hat auch schon eine Idee, was er tun würde, wenn die Arbeit im Parlament zu frustrierend wird. “Ich würde nicht zögern, mein Anliegen auf die Strasse zu tragen.”

swissinfo, Urs Geiser
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

Girod gehört zu den 20 Mitgliedern der Grünen im Nationalrat.
Im 200 Sitze umfassenden Nationalrat (Grosse Kammer) sind die Grünen damit die grösste Fraktion unter den nicht in der Regierung vertretenen Parteien.
Sie verfügen zudem über zwei der 46 Sitze im Ständerat (Kleine Kammer).

Bastien Girod ist der drittjüngste der neu gewählten Parlaments-Abgeordneten.

Vor fast sieben Jahren half der heute 26 Jahre alte Girod beim Aufbau der Jugend-Sektion der Grünen Partei. Von 2006 bis 2007 hatte er einen Sitz im Zürcher Stadtparlament.

Girod ist Umwelt-Naturwissenschafter und arbeitet zur Zeit an einem Doktorat an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETH).

Girod stammt aus der zweisprachigen Stadt Biel/Bienne im Kanton Bern. Einen Namen als Politiker machte er sich unter anderem mit dem Einsatz für ein Verbot von Vierrad-Fahrzeugen mit hohem Treibstoffverbrauch und einem Nackt-Protest gegen Leibesvisitationen der Zürcher Polizei.

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