
Serge Brignoni tot

Der Berner Maler und Bildhauer Serge Brignoni ist am Sonntag in Zollikofen bei Bern im Alter von 99 Jahren an Altersschwäche gestorben.
Dies bestätigte Brignonis Galerist Arnaldo Carzaniga am Montag. Brignoni war bis ins hohe Alter künstlerisch tätig.
Nach Bern und Berlin …
Brignoni verbrachte die grösste Zeit seines Lebens in der Schweiz, war aber auch in vielen Städten Europas zuhause.
Zu Brignonis wichtigsten künstlerischen Stationen gehörten Berlin, Paris und Bern. In Paris, wo er von 1923 bis 1940 lebte, fand er Zugang zum Kreis der Surrealisten. Brignoni war Mitglied der Basler «Gruppe 33».
Geboren wurde er im Jahr 1903 in San Simone bei Chiasso. 1907 zog seine Familie nach Bern. Dort besuchte Serge Brignoni 1919 die Gewerbeschule und die Aktklasse der Malschule V. Surbek.
… lockt Paris
Darauf folgte 1922/23 die Hochschule für bildende Künste in Berlin. 1923 zog es Serge Brignoni schliesslich an die Kunstschule von André Lhote in Paris. In der französischen Hauptstadt entdeckte der Schweizer die metaphysische Malerei von Giorgio de Chirico sowie die Formenwelt der Südsee-Plastik.
Während seiner Pariser Zeit fand Brignoni Zugang zum Kreis der Surrealisten. Er entwickelte seinen eigenen Stil mit vieldeutigen pflanzlichen und anthropo-morphen Formen, die er in einen reich strukturierten, farbigen Raum band.
Während seiner Jahre in der französischen Hauptstadt lernte Serge Brignoni unter anderem Breton, Brancusi, Lipchitz aber auch seine Landsleute Meret Oppenheim und Alberto Giacometti kennen und nahm auch an internationalen Surrealismus-Ausstellungen teil.
Rückkehr in die Schweiz
1940 kehrte er in die Schweiz zurück, wo er sich in Bern niederliess. Ein Teil seiner Arbeiten blieb in Paris und wurde zerstört. Zwischen 1954 und 1956 arbeitete Brignoni als Lehrer für angewandte Malerei an der Kunstgewerbe-Schule in Zürich.
«Affinités secrètes», der Titel eines Werks von 1926, kann als Leitmotiv von Brignonis Kunst gesehen werden: Er spürte darin den geheimen Verbindungen zwischen Menschen, Pflanzen, Räumen sowie Farben nach.
In Bern arbeitete Brignoni ab 1940 in ruhiger Abgeschiedenheit unermüdlich an seinem malerischen und plastischen Werk weiter. Er entwickelte in seinen Bildern eine intensive Farbigkeit und öffnete die Räume durch das Einführen von Horizont-Linien und hellen, transparenten Zonen auf eine landschaftliche Wirkung hin.
Die vielschichtigen Bilder Brignonis, in denen er ein abstraktes Grundgerüst durch bewegte Formen allmählich belebte, brauchen Zeit zur Betrachtung. Jedes seiner Werke ist ein ganzer Kosmos, in dem ein breites Spektrum unterschiedlichster Farben, Formen und Bewegungen miteinander in Beziehung gebracht werden.
«Progression végétale»
Brignoni ist unter anderem auch durch eine Schenkung seiner grossen ethnographischen Sammlung an die Stadt Lugano bekannt, die die Eröffnung eines Museums für extra-europäische Kulturen in der Villa Heleneum in Castagnola, Tessin, ermöglichte. Seit seiner Jugendzeit interessierte sich der Künstler für akfrikanische und polynesische Kunst.
1986 schenkte der Bundesrat dem UNO-Zentrum in Nairobi das in Kupfer getriebene Bas-Relief «Progression végétale» von Brignoni. Seine letzte grosse Ausstellung hatte Brignoni 1997 im Kunstmuseum Bern, die sein gesamtes rund 75 Jahre umfassendes künstlerisches Schaffen dokumentierte.
Bereits geplant sind Ausstellungen im Oktober 2002 in Bern sowie 2003 in Basel und in Bellinzona. 1935 heiratete Brignoni die chilenische Malerin Graziela Aranis, die 1996 starb. Der Künstler hatte keine Kinder.
swissinfo

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