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Michael Frey soll den FC Zürich bereichern

(Keystone-SDA) Michael Frey, 22-jährig, 1,89 m gross und kräftig, ambitioniert, unerschrocken. Er soll den FC Zürich in jeder Beziehung bereichern.

Sein Körperbau verspricht Wucht, seine Passion garantiert Unterhaltung, seine Qualität im gegnerischen Strafraum ist unbestritten, im Oktober 2014 berief ihn Vladimir Petkovic sogar in den Kreis der Nationalmannschaft: Michael Frey.

Sein abrupter Wechsel zum FCZ Mitte Juni taxierten selbst lokale YB-Beobachter als ziemlich überraschend. “Ein Aufreger weniger”, titelte die “Berner Zeitung” zweideutig. Er habe kaum einen Anhänger kalt gelassen, der erfrischende, aber eigenwillige Emporkömmling aus dem eigenen Nachwuchs, der schon als 20-Jähriger den Sprung zum damaligen Ligue-1-Spitzenklub Lille gewagt hatte und 2016 via Luzern wieder in die Hauptstadt zurückkehrte.

Frey und YB, im Prinzip eine “Amour fou”, eine verrückte Liebe, ohne schönes Ende. Nach über 100 Liga-Partien der Bruch. “Sie haben mir zu verstehen gegeben, dass ich etwas Neues suchen solle.” Der kantige Stürmer sitzt an einem eckigen Holztisch in der Zürcher Saalsporthalle und will eigentlich lieber über seinen neuen Lebensmittelpunkt sprechen: “Der Rest ist Geschichte.”

Wieso Zürich, die Stadt ohne Fussball-Arena, wieso der unberechenbare Aufsteiger? “Ich nehme ausserhalb meines vertrauten Umfelds wieder Anlauf, das bringt mich weiter.” Frey kennt die Downs, haften blieben bei ihm aber vor allem die Ups seines neuen Arbeitgebers. “Dieser Verein hat einen Namen, der etwas auslöst, viele bekannte Fussballer und Trainer sind hier gross geworden.”

Fortes Wünsche

Er wäre womöglich längst selber in eine für den FCZ unerschwingliche Kategorie aufgestiegen, wenn er sich im Januar vor zwei Jahren nicht schwer am Knöchel verletzt hätte. “Ohne die Probleme würde ich vielleicht noch immer im Ausland spielen”, mutmasst der 22-Jährige. Die Zweifel sind verflogen, vom Frust ist nichts mehr übrig. Den Abschnitt in Frankreich wertet er nicht als Scheitern, sondern als Lebenserfahrung, “von der ich heute noch profitiere”.

Der Schweizer Ex-Nachwuchs-Nationalspieler bereut den früh forcierten Ausland-Transfer keineswegs – im Gegenteil: “Mein Weg war unbequem, aber eigentlich nicht schlecht. Ich fühle mich heute mental gefestigter.” Umzüge und die damit verbundene soziale Neueingliederung machen ihm kaum mehr zu schaffen: “Persönliche Veränderungen beschäftigen mich deutlich weniger. Ich benötige weniger Energie, das Umfeld kennen zu lernen.”

Allzu viel Anlaufzeit ist beim Super-League-Aufsteiger ohnehin nicht vorgesehen. Er soll der Equipe sofort helfen. So jedenfalls hat Klubchef Ancillo Canepa das Profil der Neuzugänge festgelegt. “Darum bin ich da”, entgegnet Frey. Offen, ehrlich, unverstellt. Er tue alles für den Erfolg, in jeder Einheit, in jedem Trainingsspielchen, schwärmt Uli Forte von Frey, dem er schon während seiner Zeit in Bern viel Verantwortung übertragen hat: “Er ist ein absolutes Vorbild, was Einsatz und Leidenschaft angeht.”

Forte wünscht sich, dass Frey die Mitspieler mitzieht: “Er soll vorausgehen. Wenn ihm das gelingt, kann er sehr wertvoll sein für uns.” Von den Schwankungen und nicht nur positiven Gefühlseruptionen Freys fürchtet sich der Zürcher Coach nicht: “Nur mit aalglatten Spielern gewinnt man nichts. Wir werden einen guten Weg finden mit ihm.”

Die Malerei

Die Komplimente hört der Münsinger gerne, zumal sie von einem Experten stammen, den er seit Jahren schätzt: “Uli Forte hat mich immer mitgerissen als Junger. Ihn respektierte er schon als ungezähmtes Talent, die uneingeschränkte Loyalität hält an: “Er ist der Chef. Ich mache genau das, was er will.” Forte dürfe ihn auch mal richtig zusammenstauchen: “Er kennt mich – ich bin keiner, den es bei der ersten Kritik gerade umluftet.”

Und wenn Frey doch einmal aus dem Schema Forte ausbrechen will, dann greift er zum Bleistift und malt sich seine ganz eigene Welt aus – am Küchentisch, im kreativen Chaos, dort, wo er ein “Gnusch” habe, wie er selber zugibt. Seine Skizzen erweitern das Spektrum. “Je nach Gefühl muss ich malen, um mich wohlzufühlen.” Der Stürmer ist auch ehemaliger Kunstschüler, der eine Vernissage plant. “Irgendwann einmal, die Malerei muss warten, der Fussball vereinnahmt mich total.”

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