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Hasler steht für Hoffnung auf Ruhe bei der Post

Bundesrat Leuenberger stellt den neuen Post VR-Präsidenten vor. Keystone

E-Mails statt Briefe, Konkurrenz statt Paket-Monopol: Die Post muss sich neu positionieren. Claude Béglé strebte als Verwaltungsratspräsident den Umbau in einen international agierenden Konzern an und scheiterte. Nun soll Peter Hasler als Brückenbauer wieder Ruhe ins Unternehmen bringen.

Der Kontrast zwischen den beiden praktisch gleichaltrigen Herren ist offensichtlich. Claude Béglé tritt auch am Tag nach seinem unfreiwilligen Rücktritt betont selbstbewusst und forsch vor die Medien und erklärt, er habe versucht, mit vollem Einsatz das Beste zu tun “für mein Land und für das Unternehmen.“

Béglé, der international erfahrene Manager ist ein Globalisierungs-Prophet, der die über Jahrzehnte gewachsene Unternehmenskultur und die Strukturen der Post aufbrechen wollte und am Widerstand der alteingesessenen Seilschaften scheiterte. “Es gab eine alte Garde gegen eine neue Garde. Die alte Garde kämpfte gegen frisches Blut und neue Ideen“, so Béglé.

Der ehemalige Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes Peter Hasler hingegen gilt selbst in Gewerkschaftskreisen als Anwalt der Sozialpartnerschaft. Als Arbeitgeberdirektor vertrat er zuweilen Positionen, die auch von den Gewerkschaften geteilt wurden.

Unternehmenskultur verträgt keine Polarisierung

Nach seiner Pensionierung im Jahr 2006 engagierte sich Hasler beim WWF und als Präsident der nicht-profitorientierten Reisekasse Reka. Hasler gilt als konsensorientiert gradlinig und bedacht. Die Post pflegt eine Unternehmenskultur, in der Sozialpartnerschaft und Gewerkschaften stark verankert sind.

Polarisierende Persönlichkeiten seien bei der Post nicht gefragt, sagt der Post-Experte und Professor für Infrastruktur-Management an der ETH Lausanne, Matthias Finger. Mit Hasler habe der Bundesrat “eine gute Wahl“ getroffen, denn dieser sei ein glaubwürdiger Verwaltungsratspräsident. Nun könne bei der Post wieder Ruhe einkehren.

Gewinn versus Service Public

Hasler müsse die Post wieder in ruhigere Gewässer führen, fordert der Präsident der Sozialdemokraten, Christian Levrat: «Wir erwarten, dass er für einen starken Service Public steht und nicht in die alte Post-Strategie zurückfällt und an den Dienstleistungen schraubt, um den Gewinn zu maximieren.“ Hasler stehe vor grossen Herausforderungen, so Levrat.

Béglé scheiterte am Widerstand in den Teppichetagen

Claude Béglé reagierte auf schrumpfenden Heimmarkt und Kerngeschäft, also auf den rückgängigen Brief- und Paketverkehr und die Liberalisierung in diesem Bereich, mit der Verstärkung neuer Geschäftsfelder im Bereich der Finanzdienstleistungen und strebte ein grösseres Auslandengagement an.

Damit und mit dem von ihm angestrebten Reformtempo stiess er auf Widerstand in den Teppichetagen des Konzerns. Nach lediglich acht Monaten verliess Post-CEO Michel Kunz am 14. Dezember 2009 das Unternehmen. Ihm folgten innerhalb von drei Wochen die langjährigen Verwaltungsräte Rudolf Hug und Wolfgang Werlé.

Kaum ein gutes Wort

Postminister Moritz Leuenberger setzte in der Folge eine hochkarätige Arbeitsgruppe ein, mit dem Ziel den Verwaltungsrat neu zu konstituieren. Laut dem Zürcher Tages-Anzeiger stellte die Arbeitsgruppe bei ihren Gesprächen mit verschiedenen Post-Kaderleuten fest, dass “kaum jemand“ sich eine “Zukunft mit Béglé“ vorstellen konnte. Kaum jemand verlor ein gutes Wort über ihn.“

Am 19. Januar teilte Béglé dem Bundesrat seinen sofortigen Rücktritt mit. Er habe genug von den “Angriffen auf meine Person und die damit verbundenen öffentlichen Diffamierungen“.

Andreas Keiser, swissinfo.ch

Die Schweizerische Post ist neben ihrem Heimmarkt mit ihren Dienstleistungen
weltweit in 20 Ländern aktiv. 8000 Mitarbeitende erbringen Dienstleistungen im Kerngeschäft, im postnahen Geschäft sowie im öffentlichen Verkehr.

Rund ein Fünftel des Umsatzes der Schweizerischen Post stammt heute aus dem Ausland – insgesamt 1,8 Mrd. Franken.

Die Post ist ein Bundesbetrieb. Der Bundesrat legt die strategischen Ziele der Post jeweils für eine Vierjahresperiode fest.

Mit der Post stellt der Bund die verfassungs- und gesetzmässige Verpflichtung zur landesweiten Grundversorgung mit Post- und Zahlungsverkehrs-Dienstleistungen sicher.

Im Ausland kann die Post Wachstumsmöglichkeiten in Nischenmärkten ausserhalb
der Grundversorgung wahrnehmen.

Das Postgesetz befindet sich zurzeit in Revison.

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