
Heute in der Schweiz
Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland
Happy Valentine! Während in westlichen Hemisphären rote Rosen an Frauen und in Japan Schokolade an Männer überbracht werden, kommt in der Schweiz das Strafverfahren zu den Corona-Leaks mit einem Entscheid des Bundesgerichts zu Ende.
Zudem schauen wir im heutigen Briefing dreissig Jahre in die Vergangenheit, als das Lettenareal in Zürich geräumt wurde. Zeug:innen der offenen Drogenszene erinnern sich, und in Schweizer Städten sieht man sich erneut mit einer wachsenden offenen Drogenszene konfrontiert.
Weiter erklärt Petra Tschudin, Direktoriumsmitglied der Schweizerischen Nationalbank (SNB) die Bedeutung von Negativzinsen für die «kleine, offene Volkswirtschaft» Schweiz, und wir begeben uns nach Lauterbrunnen, wo beinahe jede vierte Wohnung auf Airbnb zu finden ist – mit positiven sowie negativen Auswirkungen für die Gemeinde.
Viel Vergnügen bei der Lektüre!

Heute vor dreissig Jahren wurde die offene Drogenszene beim Lettenareal in Zürich geräumt. Doch offene Drogenszenen nehmen in Schweizer Städten wieder zu.
In den 90er Jahren erlangte der Zürcher «Needle Park» weltweit traurige Berühmtheit. Hunderte von Menschen spritzten sich damals auf dem Platzspitz Heroin. Nach dessen Räumung formierte sich die Szene auf dem Lettenareal neu. Dort wird alles noch viel schlimmer, gewalttätiger und tödlicher.
Die Schweizer Medien blicken heute auf dieses düstere Kapitel zurück. «Seit dem ersten Tag am Platzspitz war ich an der Nadel», sagt etwa Stefan, heute 57 Jahre alt, gegenüber dem Blick. Mit 18 war er das erste Mal auf dem Platzspitz, zieht später auf das Lettenareal weiter. Die Bilder der Süchtigen rüttelten damals auf – und waren Auslöser für eine moderne Drogenpolitik: die weltweit erste staatlich kontrollierte Heroinabgabe an Süchtige.
Doch heute nehmen die offenen Drogenszenen in Schweizer Städten wieder zu, etwa in Chur oder in Genf. Gegenüber dem Tages-Anzeiger sagt Frank Zobel, Forschungsleiter und stellvertretender Direktor von Sucht Schweiz, die Schweizer Drogenpolitik sei zum ersten Mal seit den 90er-Jahren wieder mit einem «System-Schock» konfrontiert. Dominieren würde das Kokain-Derivat Crack. Aber auch synthetische Opioide wie Fentanyl, das in den USA zu unzähligen Todesfällen führt, haben vereinzelt den Weg in die Schweiz gefunden.
- Der Artikel zur aktuellen Zunahme der offenen Drogenszene im Tages-AnzeigerExterner Link.
- Vier ehemalige Heroinsüchtige erinnern sich im BlickExterner Link.

Urteil zu den Corona-Leaks: Das Bundesgericht hat entschieden, die Bundesanwaltschaft darf den E-Mail-Verkehr zwischen Innendepartement und Ringier während der Pandemie nicht für die Strafuntersuchung verwenden.
Es war Zufall, als ein Ermittler des Bundes auf verdächtige E-Mails zwischen Ringier-Chef Marc Walder und dem damaligen Kommunikationschef des Innendepartements Peter Lauener stiess. Der Verdacht stand im Raum, Lauener habe Walder gezielt über die Schweizer Corona-Politik informiert, damit Bundesrat Bersets Departement über die Medien Druck auf den Gesamtbundesrat ausüben konnte. Die Bundesanwaltschaft ermittelte wegen Amtsgeheimnisverletzung.
Mit dem heutigen Entscheid, dass die Korrespondenz zwischen Bundesrat und Verlagschef nicht entsiegelt werden darf, gewichtet das Bundesgericht in diesem Fall den journalistischen Quellenschutz höher als das Bedürfnis, den Sachverhalt aufzuklären.
Für das Gericht steht fest: Der Quellenschutz ist bei einem Mord oder Lebensgefahr nicht gewährleistet. Bei einer Amtsgeheimnisverletzung aber wie im vorliegenden Fall muss ein Journalist oder eine Journalistin die Quelle nicht preisgeben. Informant:innen müssten sich auf die Anonymität verlassen können, sonst könnten zukünftige Informant:innen vor einer Zusammenarbeit mit den Medien abgeschreckt werden.
Für Urs Saxer, Professor für Medienrecht, hat das Urteil den Quellenschutz gestärkt, der dazu diene, dass «wichtige Informationen an die Öffentlichkeit gelangen».
Wie geht es nun weiter? Die Bundesanwaltschaft teilte mit, sie werde das Urteil analysieren und darauf basierend über die weiteren Schritte entscheiden. Es ist allerdings fraglich, ob sie ohne die E-Mails genügend Beweise für ihre These hat.
- SRFExterner Link und der Tages-AnzeigerExterner Link haben berichtet.
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Ein gefürchtetes Wort ist zurück. Petra Tschudin, Direktoriumsmitglied der Schweizerischen Nationalbank (SNB), betont die Bedeutung von Negativzinsen für die «kleine, offene Volkswirtschaft» Schweiz.
In einem Interview mit der NZZ sagt Tschudin, mit dem Instrument Negativzinsen könne man auch in einem Tiefzinsumfeld die Zinsdifferenz wenn nötig so steuern, dass der Schweizer Franken «gegenüber anderen Währungen weniger attraktiv wird und damit nicht übermässig aufwertet».
Auf die Frage, ob die SNB mit ihrem Fokus auf den Wechselkurz Exportförderungspolitik betreibe, sagte Tschudin: «Wir führen eine Geldpolitik im Gesamtinteresse des Landes.» Es gehe nicht darum, einen Wirtschaftssektor speziell zu unterstützen. Der Wechselkurs habe in der Schweiz vielmehr grossen Einfluss auf die Preisstabilität. Es sei das Ziel der SNB, diese Preisstabilität zu gewährleisten und die Teuerung zwischen null und zwei Prozent zu halten. «Wenn die Inflation regelmässig unter null fällt, müsste man regelmässig die Löhne kürzen.»
Ende Januar hatte SNB-Präsident Martin Schlegel in einem Interview mit SRF Negativzinsen nicht ausgeschlossen, betonte aber, «man würde sie nur wieder einführen, wenn es wirklich notwendig wäre».
- Das Interview mit SNB-Währungshüterin Petra Tschudin in der NZZExterner Link. (Paywall)

Fast jede vierte Wohnung in Lauterbrunnen im Berner Oberland ist auf Airbnb zu finden. Damit nimmt die beliebte Tourismusdestination eine Spitzenposition ein.
Dieser hohe Airbnb-Anteil ist gewollt. Die Gemeinde mit einen Zweitwohnungsanteil von 60% hat vor rund zehn Jahren Besitzende von jenen Zweitwohnungen motiviert, diese zu vermieten. «Nun haben wir weniger kalte Betten», sagt der Gemeindepräsident Karl Näpflin.
Doch es gibt auch die Kehrseite: Hamsterkäufe von Auswärtigen. «Sie überboten die Einheimischen und setzten diese teilweise auf die Strasse.» Zwar seien dies Einzelfälle, doch dabei soll es laut dem Gemeindepräsidenten auch bleiben. Verschiedene Massnahmen wurden ausgearbeitet, wie beispielsweise neue, günstige Erstwohnungen für Einheimische.
Auch im Tessin finden sich viele Wohnungen auf Airbnb, besonders in Prato Leventina. 2024 waren 7% auf der Plattform für Kurzzeitvermietungen verfügbar. Hier sieht man ebenfalls den Vorteil, dass so den sogenannten «kalten Betten» entgegengewirkt werde, wie der Bürgermeister Davide Gendotti gegenüber RSI sagt.
Der Artikel bei SRFExterner Link (auf Deutsch) und RSIExterner Link (auf Italienisch).

Die Schweiz im Bild
Beim Bau der zweiten Röhre des Gotthardstrassentunnels geht es zur Sache: In Airolo und Göschenen nahmen heute zwei grosse Tunnelbohrmaschinen den Vortrieb auf. «Ein Meilenstein für die wichtigste Nord-Süd-Verbindung der Schweiz», sagte Bundesrat Albert Rösti an der Andrehfeier in Airolo. 150 Meter lang sind die Maschinen jeweils, der Bohrkopf hat einen Durchmesser von zwölf Metern.
Bis 2027 soll die 17 Kilometer lange Tunnelröhre ausgebrochen sein. Fertig gebaut wird sie voraussichtlich 2030 und dann vorerst für drei Jahre im Gegenverkehr in Betrieb sein. In dieser Zeit soll die erste Röhre, die 1980 eröffnet wurde, saniert werden.

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