Heute in der Schweiz
Liebe Schweizerinnen und Schweizer im Ausland
Es war absehbar, dass heute Bewegung in den Zollstreit mit den USA kommt – nun ist es offiziell: Die Schweiz hat einen Zoll-Deal. Der Bundesrat bestätigte am Nachmittag auf X, dass die US-Zölle auf Schweizer Exporte auf 15% sinken. Damit gelten für Schweizer Produkte künftig dieselben Sätze wie für EU-Exporte in die USA.
Ein neuer GPK-Bericht rügt zudem strukturelle Lücken im System der Schweizer Honorarkonsulate. Und 20 Jahre nach der «Schande von Istanbul» erinnern Schweizer Medien an die dramatische Barrage-Woche vor der WM 2006.
Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre.
Nach Tagen voller Gerüchte und taktischer Signale ist es nun offiziell: Die Schweiz und die USA haben eine Absichtserklärung zu den US-Zusatzzöllen abgeschlossen. Die USA senken die länderspezifischen 39-%-Zölle auf maximal 15% – ein politisch entscheidender Schritt, den der Bundesrat am Nachmittag bestätigte.
Der Einigung gingen intensive Gespräche voraus, nicht nur auf Regierungsebene: Seit vergangener Woche eine Schweizer Wirtschaftsdelegation im Oval Office empfangen wurde, hatten die Verhandlungen spürbar an Tempo gewonnen. Am Donnerstag traf Parmelin in Washington erneut den US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer. Gegenüber SRF sprach er von einem «sehr guten Gespräch» – man habe «praktisch alles geklärt». Reuters berichtete parallel von «sehr positiven» Signalen, und Präsident Trump hatte öffentlich Unterstützung für eine Zollsenkung angekündigt.
An der Medienkonferenz vom späten Freitagnachmittag erläuterte Parmelin den Deal: Die Schweiz baut im Gegenzug Zölle auf US-Produkte ab – auf sämtliche Industrieprodukte, Fisch und Meeresfrüchte sowie auf nicht sensitive Agrargüter – und gewährt zollfreie Kontingente für Rind-, Bison- und Geflügelfleisch. Die Umsetzung wird zeitgleich mit Washington koordiniert.
Zudem planen Schweizer Unternehmen, bis 2028 200 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren, inklusive Projekten zur Stärkung der Berufsbildung. Trotz weiterhin höherer Zollsätze als vor April soll die Einigung die bilateralen Handelsbeziehungen stabilisieren und der Schweizer Wirtschaft spürbare Entlastung bringen.
Es gibt immer mehr Schweizer Honorarkonsulate weltweit. Ein neuer Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats zeigt jedoch: Hinter der «Schattendiplomatie» lauern strukturelle Lücken, unklare Strategien und Reputationsrisiken. Die GPK fordert deshalb Reformen.
Die Zahl der Schweizer Honorarkonsulate hat sich innerhalb von 30 Jahren verdoppelt. Heute bekleiden 224 Personen in 105 Ländern das Amt der Honorarkonsulin oder des Honorarkonsuls. Vor diesem Hintergrund beauftragten die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) im Januar 2024 die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit einer Evaluation. Laut Medienmitteilung der GPK-S hat diese ergeben, «dass die Schweizer HK im Ausland einen Mehrwert erbringen und dass das EDA sie insgesamt angemessen betreut».
Doch das System hat auch Lücken: Laut NZZ kritisiert der Prüfbericht, dass dem EDA «strategische Vorgaben» für den Einsatz von Honorarkonsulinnen und -konsuln fehlten. Honorarkonsulate würden teils weitergeführt, «in denen kaum Schweizer Interessen bestünden». Besonders heikel: Das EDA prüfe die Interessenbindungen von «Hobby-Diplomat:innen» bei einer Ernennung zu wenig systematisch – trotz Risiken in Branchen mit hoher Korruptionsanfälligkeit. Die GPK fordert deshalb, solche möglichen Konflikte künftig systematisch zu prüfen.
Der Bericht erinnert daran, wie fragil das internationale Netzwerk ist: «Mehr als 500 Personen sollen international in Kriminalfälle, Skandale oder Ermittlungen verwickelt sein», schreibt die NZZ heute. Zwar attestiert der Bericht den Schweizer Honorarkonsulinnen und -konsuln wenige Probleme, doch bleibt das System anfällig. Die GPK verlangt klare Kriterien und ein aktiveres Risikomanagement. Mitte Februar dürfte der Bundesrat zu den Empfehlungen Stellung nehmen. Wir bleiben dran.
Auch wenn die Abstimmungen vom 28. September längst Geschichte sind, zeigt die neue Vox-Analyse nun klar: Vertrauen, Digitalisierungshaltung und soziale Lage prägten die Entscheide.
Die E-ID wurde mit 50.4 % Ja knapp angenommen. Gemäss Vox-Analyse (die wichtigste wissenschaftliche Auswertung schweizerischer Volksabstimmungen) spielten das Vertrauen in die Behörden und die Haltung zur Digitalisierung eine zentrale Rolle. Linke stimmten deutlich häufiger zu – Linksaussen unterstützte die Vorlage zu 72%, so SRF. Rechtsaussen nur zu 34 %. Unter 40-Jährige sowie Personen mit höherem Einkommen oder Bildung sagten eher Ja; ältere Stimmende und Frauen lehnten die Vorlage vermehrt ab.
Wer Digitalisierung als Vereinfachung verstand, unterstützte die E-ID zu 85%. Wer sie hingegen als gesellschaftliches Problem wahrnahm, nur zu 15%, so SRF. Zentral war zudem das Vertrauen in Institutionen: Befragte mit viel Vertrauen in den Bundesrat oder den Datenschutzbeauftragten sagten deutlich häufiger Ja.
Das deutliche Ja zur Abschaffung des Eigenmietwerts erklärt die Vox-Analyse mit dem Gerechtigkeitsargument: Viele fanden es nicht fair, Steuern auf Einkommen zu erheben, das man nicht erhalte. Je weiter rechts die Befragten, desto höher das Ja. Zwei von drei über 70-Jährigen stimmten zu, Mietende hingegen klar seltener.
20 Jahre ist seit der wohl heissesten Woche der Schweizer Fussballgeschichte vergangen – auch bekannt als «Schande von Istanbul». Die Schweizer Medien blicken auf den 16. November 2005 zurück.
Vor 20 Jahren spielte sich die Nati in Istanbul an die WM 2006 – eine Woche, die laut RTS bis heute als wohl wildeste der Schweizer Fussballgeschichte gilt. Nach dem 2:0 im Hinspiel in Bern wurden die Schweizer Fussballmannschaft und auch angereiste Fans – wie ein Kollege mir heute als Augenzeuge berichtete – in Istanbul schon bei der Landung eingeschüchtert: «5-0, Willkommen in der Hölle!», hiess es auf einem Schild am Flughafen, Passkontrollen dauerten ewig, der Teambus wurde mit Tomaten und Steinen beworfen.
Im Rückspiel herrschte laut RTS ein Lärmorkan, die Schweizer Hymne war kaum zu hören. Frei traf nach 50 Sekunden per Penalty, danach begann das Leiden, wie RTS heute auf das Spiel zurückblickt: die Türkei presste, provozierte, führte 3:1 – ein weiterer Treffer hätte die Schweizer WM-Träume zerstört. Strellers 3:2 kurz vor Schluss brachte Erleichterung, doch Tuncays 4:2 machte die letzten Minuten zum Krimi. Die Nati rettete sich ins Ziel – und rannte danach direkt in neue Gefahr.
Im Stadiontunnel wurden Schweizer Spieler attackiert, Stéphane Grichting schwer verletzt. Er leidet heute noch an den Folgen dieser Verletzung, wie er in den Zeitungen von CH Media diese Woche erzählte. Die FIFA verhängte später milde Strafen gegen die Türkei – und überraschend Sperren gegen Schweizer Spieler. Trotz der Qualifikation bleibt der Abend als Trauma haften. 2025 will die Nati alles daransetzen, ein erneutes Barrage-Drama zu vermeiden: Gegen Schweden in Genf kann sie morgen das WM-Ticket sichern.
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