
Vorstösse zum Erhalt der Chirurgie am Spital Zweisimmen ohne Erfolg

Zwei Vorstösse zum Erhalt der chirurgischen Eingriffe am Spital Zweisimmen werden kaum Wirkung entfalten. Der bernische Grosse Rat hat am Dienstag den einen Vorstoss abgelehnt, den anderen als bereits erledigt abgeschrieben.
(Keystone-SDA) Die aus dem Berner Oberland stammenden Vorstösserinnen und Vorstösser aus Mitte-Rechts-Kreisen wollten den Kanton in die Pflicht nehmen, dass die chirurgische Abteilung am Spital Zweisimmen erhalten bleibt.
Wenn in Zweisimmen keine Operationen mehr durchgeführt werden, bedeutet dies «den Anfang vom Ende» der Institution, formulierte es Nils Fiechter (SVP). In der Region sei die Ankündigung ein Schock gewesen.
Hans Schär (FDP) monierte, dass Leistungen an Spitälern abgebaut würden, noch bevor der Kanton eine Gesamtstrategie mit vier Versorgungsregionen fertig ausgearbeitet habe. Er sprach von Salamitaktik.
Spitäler verantwortlich
Der Regierungsrat gab zu bedenken, dass er die Spitalstrukturen höchstens indirekt beeinflussen könne. In erster Linie seien die als Aktiengesellschaften in Kantonsbesitz organisierten Regionalen Spitalzentren für strategische Entscheide verantwortlich.
Es sei also an den Spitalverwaltungsräten zu entscheiden, welche Leistungen sie wo anbieten wollten. Die Wirtschaftlichkeit einer stationären Chirurgieabteilung am Spital Zweisimmen sei nicht mehr gegeben. Dazu kämen noch der Fachkräftemangel und die tiefen Fallzahlen, argumentierte der Regierungsrat.
Konkret werden die Operationen künftig in Thun durchgeführt, in Zweisimmen bestehen aber weiterhin chirurgische Betten, insbesondere um die Nachversorgung der Patienten in der Region sicherzustellen. Für die notwendige Triage wird der Notfall am Spitalstandort Zweisimmen mit dem neuen Betriebskonzept ausgebaut.
Ja, aber…
Viele Rednerinnen und Redner im Rat bekundeten Verständnis für die Empörung über die Schliessung in der Region. Dennoch: Es mache keinen Sinn, «Strukturen aufrecht zu erhalten, die niemand mehr finanzieren kann», gab Walter Sutter (SVP) zu bedenken.
Grundversorgung müsse in der Region möglich sein, spezialisierte Leistungen hingegen seien in Zentren besser aufgehoben, wo auch die Fallzahlen eine hohe Qualität in der Behandlung garantierten, sagte Sandra Roulet Romy (SP).
Fachkräftemangel
Früher habe es an einem Regionalspital einen Chirurgen gehabt für sämtliche Eingriffe «von Kopf bis Fuss», gab Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) zu bedenken. Heute seien die Chirurginnen und Chirurgen spezialisiert, es brauche mindestens vier, um eine Abteilung zu betreiben.
«Wer von ihnen möchte sich denn eine Knieprothese vom gerade diensthabenden Viszeralchirurgen einsetzen lassen?», frage Schnegg in die Runde. Ohne qualifiziertes Personal könnten keine qualitativ guten Leistungen erbracht werden.
«Chirurgen wollen operieren und nicht warten, bis dann vielleicht mal ein Fall eintrudelt», sagte Schnegg mit Blick auf den Fachkräftemangel. Bei hundert bis 200 Operationen pro Jahr finde man keinen Chirurgen. Daher sei es sinnvoll, dass die Chirurgie künftig in Thun angeboten werde.
Der Fünfer und das Weggli
Früher seien Spitäler Gemeindeangelegenheit gewesen, dann habe man sie dem Kanton übergeben. Dieser habe die Spitäler in Aktiengesellschaften umgewandelt und seither müssten sie rentieren, gab Simone Leuenberger zu bedenken. Nun würden Abteilungen geschlossen, ja ganze Spitäler, «genau so, wie die Bürgerlichen das gewollt haben», konstatierte Leuenberger.
Und jetzt wehrten sich genau diese Kreise gegen die Schliessungen wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit. «Den Fünfer und das Weggli gibt es eben nicht», sagte die EVP-Grossrätin.
Der Grosse Rat lehnte ausserdem einen dritten Vorstoss ab, der die Wiedereröffnung der Geburtenabteilung am Spital Frutigen zum Thema hatte.