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Alfred Defago: Europa und USA denken anders

Alfred Defago. Keystone

Alfred Defago ist der Meinung, dass Europa und die USA anders denken.

Alfred Defago, früherer Schweizer Botschafter in Washington, ist Professor für internationale Beziehungen an der University of Wisconsin in Madison, USA.

swissinfo: Gibt es gute Gründe für einen Krieg?

Alfred Defago: Der 17. März ist definitiv kein guter Tag, weder für einen Krieg noch für die UNO. Andererseits sollte man die USA und Grossbritannien nicht verdammen, denn das Ganze ist eine sehr komplizierte Geschichte.

Die derzeitige Lage zeigt ganz klar, dass wir zwei unterschiedliche Sichtweisen auf beiden Seiten des Atlantiks haben. Die Mehrheit der Europäer ist prinzipiell gegen Krieg und denkt, mit Krieg erreiche man keine politischen Ziele.

In den USA sehen die Menschen den Krieg aus historischen Gründen zwar als letztes Mittel, aber dennoch als eine Möglichkeit. Als Schweizer in den USA sehe ich hier eine fundamentale Kluft, historisch wie kulturell.

Die Resolution vom 8. November war klar: Sofortige und totale Entwaffnung. Alle drei Bedingungen wurden nicht erfüllt. Da kann wohl niemand widersprechen.

Hat die UNO ihre Glaubwürdigkeit verloren?

Dieser unilaterale Weg, den die USA zusammen mit Grossbritannien und anderen eingeschlagen haben, wird am Schluss zurück zur UNO führen.

Eine echte Katastrophe für das UNO-System? Ich denke nicht. Natürlich ist es ein Schlag, doch das UNO-System und der Sicherheitsrat haben normalerweise auch nicht so gut funktioniert.

Ich denke an den Aufstand 1953 in Ost-Berlin. Sogar im Kosovo 1999 hatte der Sicherheitsrat seine Verantwortung nicht wahrgenommen, und trotzdem ist das System selber nicht gekippt.

Andererseits sehe ich keinen Weg für die USA, alleine weiter zu gehen. Was einen zukünftigen Frieden im Irak betrifft, müssen sie zurück zur UNO kommen. Und die UNO wird zusammen mit den USA und Grossbritannien arbeiten.

swissinfo-Interview: Isobel Johnson

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