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Natur-EPO in St. Moritz

Auch der Schweizer 800-Meter-Läufer André Bucher bereitete sich in St. Moritz für die EM in München vor. swissinfo.ch

Um das Blutbild zu verbessern, gehört Höhen-Training ins Programm vieler Spitzenathleten aus aller Welt. Wer kann, trainiert im Engadin.

Auf dem Hochplateau zwischen Silvaplana und St. Moritz quälen sich Spitzensportler aller Sparten. Sie sind aber nicht wegen der Sonne oder der Aussicht dort, sie kommen wegen der Höhe ins Engadin.

Bei weniger Luftdruck produziert der Körper automatisch mehr Blut und damit mehr rote Blutkörperchen und Hämoglobin. So wird mehr Sauerstoff transportiert und das steigert die Leistung. “Es ist die einzige zulässige Art, die Anzahl roter Blutkörperchen zu erhöhen”, kommentiert der Sportmediziner Daniel Blanc. “Es ist eine natürliche EPO-Spritze.”

Seit 30 Jahren Pilgerort

Von diesem natürlichen Aufbau-Training, das sonst nur mit dem verbotenen Hormon Erythropoetin (EPO) oder Eigen-Bluttransfusionen erreicht wird, profitieren Sportler seit bald 30 Jahren.

“Mitte der 60er Jahre entschieden die ersten Athleten, sich in St. Moritz auf die Olympischen Spiele in Mexiko vorzubereiten”, erinnert sich Martin Berthod, Sportsekretär in St. Moritz.

Sportler als Zielgruppe

Seither passt der Ort seine Sport- und Medizin-Infrastruktur den Bedürfnissen der Sportler an. Und die weltweite Sportler-Elite trifft sich in den Hotels, auf den Strassen und Wanderwegen, im Kraftraum oder auf der Aschenbahn des Höhen-Sport-Zentrums.

“Wir beherbergen jedes Jahr zwischen 1500 und 2000 Sportlerinnen und Sportler”, sagt Sportssekretär Berthod. “Die meisten sind zwischen Juni und September sowie zwischen November und Februar hier. Aber auch vor den grossen Events wie den Olympischen Spielen oder den Weltmeisterschaften kommen viele hierher.”

Bucher, Ammann, Müller…

Gegenwärtig bereiten sich die meisten Sportler auf die Europameisterschaften der Leichtathleten vor, die am 6. August in München beginnt.

So auch André Bucher. “Ich merke die Auswirkungen des Höhentrainings bis zehn Tage, nachdem ich wieder in normaler Höhe trainiere”, sagt der 800-Meter Weltmeister.

Auch Simon Ammann, Doppel-Goldmedaillen-Sieger der letzten Winter-Olympia-Spiele, oder der Ruderer Xeno Müller trainieren regelmässig auf dem “Dach Europas”. Die Schweizer Sportler profitieren dabei von finanziellen Vergünstigungen.

… Popov, Lewis, Tergat, Kipketer, Armstrong.

Ausländische Gäste zahlen den vollen Preis. Prominentester diesjähriger Gast war Lance Armstrong, der sich in St. Moritz auf die Tour de France vorbereitete – und sie gewann.

Der kenianische Läufer Paul Tergat trainiert regelmässig in St. Moritz. Weitere prominente Gäste waren der russische Schwimmer Alexander Popov, der Amerikaner Carl Lewis oder der Däne Wilson Kipketer.

Nicht übertreiben

Das Höhentraining kann nicht beliebig gesteigert werden. “Die Dauer und die Art müssen angepasst werden”, erklärt Sportarzt Blanc. “Wenn man zu hoch hinauf geht, werden so viele Blutkörperchen produziert, dass das Blut sich verdickt. Dann muss das Herz zu viel arbeiten.”

Die optimale Trainings-Höhe liegt laut Blanc zwischen 1400 und 2100 Metern – und darum werden sich die Sportler auf 1800 Höhenmeter in St. Moritz weiterhin die Klinke in die Hand geben.

swissinfo / Mathias Froidevaux

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