Bund will Schweizer IS-Sympathisantin aus der Romandie ausbürgern
(Keystone-SDA) Der Bund macht weiter Ernst im Kampf gegen Sympathisanten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Das Staatssekretariat für Migration (SEM) will einer Frau aus der Romandie wegen entsprechender Aktivitäten den Pass entziehen.
Die 30-jährige schweizerisch-französische Doppelbürgerin hat das Bürgerrecht einer Gemeinde im Waadtländer Bezirk Morges, wie das SEM am Dienstag im Bundesblatt mitteilte. Der jetzige Aufenthaltsort der Frau ist den Behörden allerdings nicht bekannt.
Das Onlineportal des «Tages-Anzeigers» berichtete, die in Genf geborene Frau habe im Jahr 2016 ohne Wissen der beiden Väter zwei ältere Töchter nach Syrien ins IS-Gebiet entführt. Dort habe sie einen IS-Anhänger geheiratet, der 2018 bei einem Drohenangriff getötet worden sei. Die Witwe befinde sich derzeit mit ihren inzwischen insgesamt drei Kindern in einem Internierungslager in Nordsyrien. Die Angaben waren für die Nachrichtenagentur Keystone-SDA nicht verifizierbar.
Der Entscheid des Bundes für die Ausbürgerung ist noch nicht rechtskräftig. Die Frau kann ihn innert dreissig Tagen beim Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen anfechten.
Erster Fall im September
Es wäre erst das zweite Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass einer Person in der Schweiz das Bürgerrecht entzogen wird. Im vergangenen September hatte das SEM bereits einem türkisch-schweizerischen Doppelbürger den Pass aberkannt. Der Mann war zuvor 2017 vom Bundesstrafgericht zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden, weil er Propaganda für den IS betrieben und für die Terrorgruppe Kämpfer rekrutiert hatte.
Das SEM kann einer Doppelbürgerin oder einem Doppelbürger das Schweizer Bürgerrecht entziehen, wenn diese Person den Interessen oder dem Ruf der Schweiz erheblichen Schaden zugefügt hat und damit die Sicherheit des Landes gefährdet. Dies ist der Behörde zufolge zum Beispiel dann der Fall, wenn die Person ein schweres Verbrechen im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten oder gewalttätigem Extremismus begangen hat.
Die Ausbürgerung ist aber nur möglich, wenn die Betroffenen über eine weitere Staatsbürgerschaft verfügen. Ansonsten würde die Schweiz Staatenlose schaffen, was völkerrechtlich verboten ist.
Mehrere Verfahren am Laufen
Für «Personen im Zusammenhang mit dem Syrien-Konflikt» – sprich IS-Leute – seien bezüglich eines allfälligen Entzugs der Schweizer Staatsbürgerschaft beim SEM im Moment «weniger als fünf Verfahren am Laufen», sagte SEM-Sprecher Daniel Bach am Neujahrstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Für weitere 15 bis 20 Fälle würden Verfahren geprüft.
Anfang Juni hatte der Bundesrat in einer Antwort auf einen Vorstoss im Parlament noch festgehalten, dass aktuell der Bund über ein Dutzend Doppelbürger identifiziert habe, die im Verdacht stünden, sich im Ausland an Verbrechen im Rahmen von terroristischen Aktivitäten beteiligt zu haben.