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CH/Steuerstreit: EU-Kommission wird Steuerabkommen genau prüfen

Brüssel (awp/sda) – Die Steuerabkommen von Deutschland und Grossbritannien mit der Schweiz interessieren auch in Brüssel. Auf Aufforderung der EU-Kommission präsentierten die beiden Länder die Abkommen am Mittwoch in einer Expertengruppe.
Das Thema wurde im Rahmen der Arbeitsgruppe zu Grundsatzfragen der Steuerpolitik diskutiert. Das Interesse der Kommission kommt nicht von ungefähr: Schon früher hatte EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta erklärt, dass sich die Abkommen innerhalb der EU-Regeln bewegen müssten.
Kürzlich sagte er in einem Hintergrundgespräch in Brüssel, dass die Kommission während der Verhandlungen zu den zwei Steuerabkommen in regem Kontakt mit Deutschland und Grossbritannien gestanden habe. Die Kommission werde prüfen, dass weder die EU-Richtlinie zur Zinsbesteuerung noch das Zinsbesteuerungsabkommen mit der Schweiz durch die neuen Abkommen verletzt würden.
Aus Kommissionskreisen hiess es am Mittwoch, dass die beiden Länder zwar die Abkommen vorgestellt hätten, allerdings nicht so detailliert, wie es sich die Kommission gewünscht hatte. Deshalb sei es der Kommission noch nicht möglich zu sagen, was sie darüber denke.
Ergebe die eingehende Prüfung der Abkommenstexte Probleme, werde die Kommission über das weitere Vorgehen und möglich rechtliche Schritte entscheiden. Der Steuerkommissar habe seiner Hoffnung Ausdruck gegeben, dass die Mitgliedstaaten nun endlich grünes Licht geben, damit mit der Schweiz über eine Anpassung des Zinsbesteuerungsabkommens verhandelt werden könne.
EU-intern könnten die Abkommen vor allem die Verhandlungen rund um die Revision der Zinsbesteuerungsrichtlinie beeinflussen. Im Zentrum stehen da Österreich und Luxemburg.
Nach der bisherigen EU-Richtlinie zur Zinsbesteuerung müssen die beiden EU-Länder zum automatischen Informationsaustausch wechseln, sobald die EU mit der Schweiz und vier weiteren Drittstaaten Abkommen über den Informationsaustausch auf Anfrage (nach OECD-Standards) vereinbart hat. Zudem müsste festgestellt werden, ob sich auch die USA im Sinne der OECD-Standards verhalten.
In beiden Ländern bestand bisher die Hoffnung, dass sie innerhalb der EU – ähnlich wie die Schweiz in den Steuerabkommen mit Deutschland und Grossbritannien – statt des automatischen Informationsaustauschs eine neue Art der Abgeltungssteuer aushandeln könnten.
Dieser Hoffnung erteilte der EU-Steuerkommissar aber letzthin erneut einen Dämpfer. Er bekräftigte, dass für diese beiden Länder die Quellensteuer anstelle des automatischen Informationsaustauschs nur für eine Übergangsfrist gelte. Anders sehe es für Drittstaaten aus: Diese müssten «gleichwertige», aber nicht «identische» Massnahmen treffen.
Deshalb könnten Österreich und Luxemburg eher weiter unter Druck geraten. Und ihre Forderung nach «gleich langen Spiessen», auch für Drittländer wie die Schweiz, könnte sich gegen sie wenden. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte zum Mechanismus im Steuerabkommen mit der Schweiz bereits früher erklärt, dieser entspreche «praktisch dem automatischen Informationsaustausch».
dl

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